Mitte Juni standen vier Männer zur selben Zeit im Rampenlicht, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten: Philipp Amthor, Jann-Henning Dircks, Arnold Schwarzenegger und Boris Becker.
Was Amthor und Dircks verband, war die kleinlaute Reaktion auf ihr Fehlverhalten.
Dircks wurde eine Luftaufnahme zum Verhängnis. Sie zeigte eine Trecker-Demonstration von 500 Bauern in Gunsbüttel bei Oldenswort im schleswig-holsteinischen Kreis Nordfriesland. Die Landmaschinen bildeten in der einbrechenden Dunkelheit mit ihren Scheinwerfern ein großes »SH« für Schleswig-Holstein. Und sie waren zu einer überdimensionalen Darstellung eines Schwertes und eines Pfluges gruppiert, dem Wappen der rechtsextremen Landvolkbewegung in den 1920er Jahren ähnelnd. Hans Falladas zeitgeschichtlicher Roman »Bauern, Bonzen und Bomben«, ein »Miniaturmodell der kranken Weimarer Republik, die sich ihren Henkern selbst auslieferte« (Rowohlt Verlag), kam sofort in den Sinn. Es hagelte Kritik. Und Dircks, Mitinitiator der Demo, sagte den Husumer Nachrichten mehr oder weniger selbstkritisch: »Dass jetzt so ein Shitstorm über uns hereinbricht, damit habe ich nicht gerechnet. … Selbstverständlich distanzieren wir uns von nationalsozialistischem Gedankengut.« Von dem Landvolk-Wappen distanzierte er sich allerdings nicht.
Ein Shitstorm brach auch über Amthor herein, als der Spiegel von seiner Tätigkeit für ein US-amerikanisches Unternehmen und von diversen Vergünstigungen berichtete, die er dadurch empfangen haben soll. Amthor, seit 2017 direkt gewählter Bundestagsabgeordneter der CDU des Wahlkreises Mecklenburgische Seenplatte I – Vorpommern-Greifswald II, veröffentlichte dazu eine Presseerklärung mit der Überschrift: »Es war ein Fehler«. »Ein« Fehler, nicht »mein« Fehler. Und somit ist über diesen sogenannten Wunderknaben der CDU alles Bezeichnende gesagt. Inzwischen hat Amthor seine Kandidatur für den CDU-Landesvorsitz in Mecklenburg-Vorpommern zurückgezogen. »Ech well dech Mores kennen lärnen«, sagt man in deutschen Landen. Die Redensart gibt es schon seit dem 15. Jahrhundert. Die Therapie wirkt noch heute.
Aber es gab es ja noch Arnold aus der Steiermark und Boris aus Leimen.
Arnold Schwarzenegger, ehemaliger Bodybuilder, Action-Hero mit viel Krawumm und von 2003 bis 2011 als Republikaner der 38. Gouverneur Kaliforniens, lief auf zur oscarreifen Rolle seines Lebens. Ausgerechnet auf Trumps bevorzugtem Kurznachrichtendienst Twitter redete er sich in Zorn. Minutenlang nahm er sich die Demonstranten zur Brust, die mit Nazi-Flaggen durch US-amerikanische Städte marschieren, das heißt mit Symbolen, die für das »Abschlachten von Millionen von Menschen stehen«. Der einzige Weg, »um die lauten und bösen Stimmen des Hasses zurückzuschlagen«, sei, ihnen entgegenzutreten »mit kräftiger Stimme, mit der Stimme der Vernunft«. »Das schließt Sie ein, Präsident Trump. Als Präsident dieses großen Landes haben Sie die moralische Verpflichtung für die unzweideutige Botschaft, dass Sie nicht für Hass und Rassismus stehen. Lassen Sie sich helfen, diese Rede zu schreiben.«
Und Arnold macht Vorschläge: Als Präsident und Republikaner müsse Trump die weiße Vorherrschaft zurückweisen. In dem Land, das gegen die Armee Hitlers gekämpft habe, sei kein Platz für Naziflaggen. »War das schwer?«, fragt er und hält dabei eine kleine Trump-Figur hoch. »Sehen Sie, das war nicht schwer,« sagt der Terminator von einst und lässt dabei die Präsidenten-Figur beifällig mit dem Kopf nicken.
Direkt wendet sich Schwarzenegger mit einer klaren Aussage an die »neuen Nazis«, an die »weißen Nationalisten« und »Neo-Konföderierten«: »Your heroes are losers.« »Ihr unterstützt eine verlorene Sache. Ich kenne die originalen Nazis. Ich bin 1947 in Österreich geboren.« Und er berichtet, während im Hintergrund Aufnahmen von Leichenbergen mit KZ-Opfern und nationalsozialistische Umzüge gezeigt werden, von Kriegsheimkehrern, von Tätern: »Und ich sage, diese Geister, die Ihr ideologisiert, haben ihr restliches Leben in Schande verbracht. Und jetzt sind sie in der Hölle.« (Anm. K. N.: Jeweils eigene Übersetzung aus dem amerikanischen Englisch.)
Noch schnell zu Boris Becker, der diesmal Schlagzeilen machte als Teilnehmer einer Black-Lives-Matter-Demo in London, gegen Rassismus. Dafür erntete er vielerlei Kritik auf Twitter. Aber der Tennis-Profi schlug zurück, ebenfalls auf Twitter, ging in die Offensive, war plötzlich wieder wie einst in Wimbledon »Bumm-Bumm-Boris«: »Ich bin erschüttert, schockiert, erschrocken über die vielen Beleidigungen n u r aus Deutschland für meine Unterstützung der #BlackLivesMatter-Demo gestern in London! Warum, weshalb, wieso??? Sind wir ein Land von Rassisten geworden …?« (zitiert nach stern online).
Arnold und Boris, das habt ihr gut gemacht. Respekt.