Vor Jahren wollten die CaixaBank (Barcelona) und die Bankia (Madrid) von einer Fusion nichts wissen. In der ersten Septemberwoche bestätigten nun die zwei Geldinstitute Meldungen spanischer Zeitungen, dass es vielleicht doch zum Zusammenschluss kommt. Einer Verschmelzung müsste allerdings die Zentralregierung in Madrid zustimmen, die über den Bankenrettungsfonds mit 62 Prozent an dem Geldhaus Bankia beteiligt ist. Durch die Vereinigung würde mit einer Bilanzsumme von 664 Milliarden Euro die größte Bank von Spanien entstehen. Nur die Banco Santander und die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) sind durch ihre Auslandsaktivitäten größer.
Am Kapitalmarkt hätte die neue Bank einen Marktwert von 16 Milliarden Euro, sie verfügte über 51.000 Beschäftigte und 6727 Filialen. Die Fusion bedeutet auch, dass bei Standorten und Mitarbeitern eingespart wird. Die Investoren reagierten an der Börse begeistert, die Bankia-Aktie legte um 30 Prozent zu, bei der Caixa betrug der Kurssprung 15 Prozent. Nach der Fusion wird es zu Kündigungen kommen, und das bei einem Arbeitsmarkt, der keine neuen Arbeitsplätze bietet. Wie jetzt bekannt wurde, hat die Regierung die Fusion seit längerer Zeit betrieben.
Mit dem Platzen der Immobilienblase zur Jahreswende 2007/08 geriet der spanische Bankensektor in eine Schieflage. Berater des damaligen Ministerpräsidenten José Luis Zapatero (PSOE) hatten nicht begriffen, dass davon der gesamte Bankensektor in Spanien betroffen war. Ein milliardenschweres Konjunkturprogramm, das Rettung bringen sollte, verpuffte wirkungslos.
Hintergrund ist auch die EU-Aktion, die Sparkassen zu Banken beförderte. Die kommunale Trägerschaft endete, die Bankinstitute wurden Aktiengesellschaften. Das war ein Anschlag auf »kleine Sparer«. Vor allem änderten sich die Bedingungen für Kredite. Auch gaben die Sparkassen Vorzugsaktien heraus, die keine Vorzüge hatten. Kunden wurden beschwatzt zu kaufen, kein Risiko. Das Geschäft brummte. Ein euphorischer Mitarbeiter schrieb dem damaligen Chef von Caja Madrid, Miguel Blesa: »Heute 1,2 Milliarden Euro, historische Rekordfinanzierung an einem einzigen Tag.«
Die Bankia wurde 2010 gegründet durch die Verstaatlichung und Fusion der ältesten spanischen Sparkasse Caja Madrid mit sechs weiteren Sparkassen, denen die Immobilienkrise zum Verhängnis geworden war. Nur zwei Jahre später musste der Staat mit 22,4 Milliarden Euro die neue Bankia vor dem Zusammenbruch retten.
Die Leitung der Bankia übernahm am 3. Dezember 2010 der ehemalige Wirtschaftsminister in der konservativen Regierung von José María Aznar (Partido Popular), Rodrigo de Rato, gemeinsam mit Miguel Blesa. Davor war Rato von Mai 2004 bis Februar 2007 Mitglied des Exekutivdirektoriums des Internationalen Währungsfonds in Washington D.C. 2009 wurde er Mitglied im Vorstand der Caja Madrid wie Miguel Blesa.
Rodrigo de Rato und Miguel Blesa mussten bereits am 7. Mai 2012 zurücktreten. Der Grund: ein System »schwarzer Kreditkarten«, die an 20 Führungskräfte und 63 Verwaltungsratsmitglieder ausgegeben worden waren. Die so Begünstigten konnten auf Kosten der Bank ihren privaten Konsum bestreiten. Zudem waren 2011 Bankia-Bilanzen gefälscht worden, Hunderttausende Kleinanleger verloren ihr Erspartes. Im April 2015 wurde Rato verhaftet. Am 23. Februar 2017 wurde er wegen widerrechtlicher Aneignung von Geldern im Zusammenhang mit der »tarjeta opaca« (undurchsichtige Karte) zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. Trotz seines Widerspruchs musste er die vom Obersten Gericht bestätigte Strafe am 25. Oktober 2018 antreten.
Miguel Blesa wurde wegen Kartenbetrug zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Die Ausgaben waren einfach als »Computerfehler« verbucht worden. Blesa erschoss sich 2017, als sich alle Hoffnungen auf Haftverschonung zerschlugen.
Regierungschef Pedro Sánchez (PSOE) sieht in der Fusion positive Aspekte. Anders Irene Montero (Unidos Podemos), Ministerin für Gleichstellung. Sie ist besorgt über den Zusammenschluss der Banken, denn vor allem werden Frauenarbeitsplätze verlorengehen.
Die letzte Bankenfusion in Spanien gab es im Juni 2017. Die Banco Santander übernahm ihre Konkurrentin, die Banco Populár, für den symbolischen Kaufpreis von einem Euro und verhinderte damit deren Bankrott.
Die Bankia ist, ebenso wie die CaixBank, durch die Corona-Pandemie in schweres Fahrwasser gekommen. Es kann sein, dass weitere spanische Banken folgen. Offen ist, ob die Zentralregierung ihren Anteil an der Bankia verkauft oder ihre Beteiligung behält, um weiter Einfluss nehmen zu können.