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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Konzentrationsprozess

Vor Jah­ren woll­ten die Caix­a­Bank (Bar­ce­lo­na) und die Ban­kia (Madrid) von einer Fusi­on nichts wis­sen. In der ersten Sep­tem­ber­wo­che bestä­tig­ten nun die zwei Geld­in­sti­tu­te Mel­dun­gen spa­ni­scher Zei­tun­gen, dass es viel­leicht doch zum Zusam­men­schluss kommt. Einer Ver­schmel­zung müss­te aller­dings die Zen­tral­re­gie­rung in Madrid zustim­men, die über den Ban­ken­ret­tungs­fonds mit 62 Pro­zent an dem Geld­haus Ban­kia betei­ligt ist. Durch die Ver­ei­ni­gung wür­de mit einer Bilanz­sum­me von 664 Mil­li­ar­den Euro die größ­te Bank von Spa­ni­en ent­ste­hen. Nur die Ban­co San­tan­der und die Ban­co Bil­bao Viz­ca­ya Argen­ta­ria (BBVA) sind durch ihre Aus­lands­ak­ti­vi­tä­ten größer.

Am Kapi­tal­markt hät­te die neue Bank einen Markt­wert von 16 Mil­li­ar­den Euro, sie ver­füg­te über 51.000 Beschäf­tig­te und 6727 Filia­len. Die Fusi­on bedeu­tet auch, dass bei Stand­or­ten und Mit­ar­bei­tern ein­ge­spart wird. Die Inve­sto­ren reagier­ten an der Bör­se begei­stert, die Ban­kia-Aktie leg­te um 30 Pro­zent zu, bei der Caixa betrug der Kurs­sprung 15 Pro­zent. Nach der Fusi­on wird es zu Kün­di­gun­gen kom­men, und das bei einem Arbeits­markt, der kei­ne neu­en Arbeits­plät­ze bie­tet. Wie jetzt bekannt wur­de, hat die Regie­rung die Fusi­on seit län­ge­rer Zeit betrieben.

Mit dem Plat­zen der Immo­bi­li­en­bla­se zur Jah­res­wen­de 2007/​08 geriet der spa­ni­sche Ban­ken­sek­tor in eine Schief­la­ge. Bera­ter des dama­li­gen Mini­ster­prä­si­den­ten José Luis Zapa­tero (PSOE) hat­ten nicht begrif­fen, dass davon der gesam­te Ban­ken­sek­tor in Spa­ni­en betrof­fen war. Ein mil­li­ar­den­schwe­res Kon­junk­tur­pro­gramm, das Ret­tung brin­gen soll­te, ver­puff­te wirkungslos.

Hin­ter­grund ist auch die EU-Akti­on, die Spar­kas­sen zu Ban­ken beför­der­te. Die kom­mu­na­le Trä­ger­schaft ende­te, die Bank­in­sti­tu­te wur­den Akti­en­ge­sell­schaf­ten. Das war ein Anschlag auf »klei­ne Spa­rer«. Vor allem änder­ten sich die Bedin­gun­gen für Kre­di­te. Auch gaben die Spar­kas­sen Vor­zugs­ak­ti­en her­aus, die kei­ne Vor­zü­ge hat­ten. Kun­den wur­den beschwatzt zu kau­fen, kein Risi­ko. Das Geschäft brumm­te. Ein eupho­ri­scher Mit­ar­bei­ter schrieb dem dama­li­gen Chef von Caja Madrid, Miguel Ble­sa: »Heu­te 1,2 Mil­li­ar­den Euro, histo­ri­sche Rekord­fi­nan­zie­rung an einem ein­zi­gen Tag.«

Die Ban­kia wur­de 2010 gegrün­det durch die Ver­staat­li­chung und Fusi­on der älte­sten spa­ni­schen Spar­kas­se Caja Madrid mit sechs wei­te­ren Spar­kas­sen, denen die Immo­bi­li­en­kri­se zum Ver­häng­nis gewor­den war. Nur zwei Jah­re spä­ter muss­te der Staat mit 22,4 Mil­li­ar­den Euro die neue Ban­kia vor dem Zusam­men­bruch retten.

Die Lei­tung der Ban­kia über­nahm am 3. Dezem­ber 2010 der ehe­ma­li­ge Wirt­schafts­mi­ni­ster in der kon­ser­va­ti­ven Regie­rung von José María Aznar (Part­ido Popu­lar), Rodri­go de Rato, gemein­sam mit Miguel Ble­sa. Davor war Rato von Mai 2004 bis Febru­ar 2007 Mit­glied des Exe­ku­tiv­di­rek­to­ri­ums des Inter­na­tio­na­len Wäh­rungs­fonds in Washing­ton D.C. 2009 wur­de er Mit­glied im Vor­stand der Caja Madrid wie Miguel Blesa.

Rodri­go de Rato und Miguel Ble­sa muss­ten bereits am 7. Mai 2012 zurück­tre­ten. Der Grund: ein System »schwar­zer Kre­dit­kar­ten«, die an 20 Füh­rungs­kräf­te und 63 Ver­wal­tungs­rats­mit­glie­der aus­ge­ge­ben wor­den waren. Die so Begün­stig­ten konn­ten auf Kosten der Bank ihren pri­va­ten Kon­sum bestrei­ten. Zudem waren 2011 Ban­kia-Bilan­zen gefälscht wor­den, Hun­dert­tau­sen­de Klein­an­le­ger ver­lo­ren ihr Erspar­tes. Im April 2015 wur­de Rato ver­haf­tet. Am 23. Febru­ar 2017 wur­de er wegen wider­recht­li­cher Aneig­nung von Gel­dern im Zusam­men­hang mit der »tar­jeta opa­ca« (undurch­sich­ti­ge Kar­te) zu vier­ein­halb Jah­ren Haft ver­ur­teilt. Trotz sei­nes Wider­spruchs muss­te er die vom Ober­sten Gericht bestä­tig­te Stra­fe am 25. Okto­ber 2018 antreten.

Miguel Ble­sa wur­de wegen Kar­ten­be­trug zu sechs Jah­ren Gefäng­nis ver­ur­teilt. Die Aus­ga­ben waren ein­fach als »Com­pu­ter­feh­ler« ver­bucht wor­den. Ble­sa erschoss sich 2017, als sich alle Hoff­nun­gen auf Haft­ver­scho­nung zerschlugen.

Regie­rungs­chef Pedro Sán­chez (PSOE) sieht in der Fusi­on posi­ti­ve Aspek­te. Anders Ire­ne Mon­te­ro (Uni­dos Pode­mos), Mini­ste­rin für Gleich­stel­lung. Sie ist besorgt über den Zusam­men­schluss der Ban­ken, denn vor allem wer­den Frau­en­ar­beits­plät­ze verlorengehen.

Die letz­te Ban­ken­fu­si­on in Spa­ni­en gab es im Juni 2017. Die Ban­co San­tan­der über­nahm ihre Kon­kur­ren­tin, die Ban­co Populár, für den sym­bo­li­schen Kauf­preis von einem Euro und ver­hin­der­te damit deren Bankrott.

Die Ban­kia ist, eben­so wie die Caix­Bank, durch die Coro­na-Pan­de­mie in schwe­res Fahr­was­ser gekom­men. Es kann sein, dass wei­te­re spa­ni­sche Ban­ken fol­gen. Offen ist, ob die Zen­tral­re­gie­rung ihren Anteil an der Ban­kia ver­kauft oder ihre Betei­li­gung behält, um wei­ter Ein­fluss neh­men zu können.