COP 29 Quo vadis? Was nützen all die bestgemeinten Klimagipfel, wenn der größte Klimakiller, die Verschmutzung der Atmosphäre durch das Militär, weiterhin aus der Diskussion ausgeschlossen bleibt, wie es die USA im Kyoto-Protokoll 1997 erfolgreich durchgesetzt hatten. Vereinzelt veröffentliche Daten des Pentagon oder anderer Nato-Staaten zur »Begrünung des Militärs« dienten eher der Verschleierung als einer Erhellung, wie zum Beispiel die Neue Zürcher Zeitung im Juli 2022 bemerkte, denn die klimatischen Auswirkungen von Kampfhandlungen, konkret gesprochen, die völkerrechtswidrigen »Terror«-Kriege der USA gegen den Irak, Syrien oder Afghanistan blieben tabu, von den Folgen der 2-prozentigen Aufrüstung der Nato ganz zu schweigen.
Militär – Klimakiller No.1! Mit die ersten, die Licht in die verschwiegene Dunkelheit brachten, waren der Brite Stuart Parkinson, Direktor der »Scientists für Global Responsibility« und Gutachter für den UN-Ausschuss IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) sowie Prof. Neta Crawford von der Universität Oxford. Keine einzelne Organisation, sagt die letztgenannte, stößt so viele Treibhausgase pro Jahr aus wie das US-Militär – mehr als Länder wie Peru oder die Schweiz. Denn ein B-52-Jet verbraucht pro Stunde so viel Treibstoff wie ein durchschnittlicher Autofahrer in sieben Jahren. Wohlgemerkt: pro Stunde. Und allein die US-Luftwaffe besitzt etwa 80 B-52-Bomber.
Und eine der ersten Studien, die direkte und indirekte militärische Emissionen als Folge des imperialistischen Kriegs »gegen den Terror« aufdeckte, wurde von Benjamin Neimark, Oliver Belcher, Kirsti Ashworth und Reuben Larbi durchgeführt und im Jahr 2022 in dem renommierten Fachmagazin Nature veröffentlicht. Die Autoren untersuchten u. a. die Logistikkosten und den massiven Einsatz von Betonwänden durch die US-Streitkräfte in Bagdad in den ersten fünf Jahren von Bushs »Operation Iraqi Freedom« (2003 bis 2008), um den CO2-Fußabdruck des Krieges zu messen: »Aus ökologischer Sicht gibt es keine »grüne« Militärtechnologie.« Die Hunderte von Meilen umfassende »Militarisierung« (weaponizing) von Beton habe einen außerordentlichen Kohlenstoff-Fußabdruck; diese »blast walls« wurden auch in Kandahar und Kabul (Afghanistan 2008-2012) errichtet. Obwohl diese beiden Kriege nicht die »Freiheit« brachten, sind ihre Auswirkungen auf das Klima von Dauer: So gehört Afghanistan gemäß der UN-Behörde OCHA (Office for the Coordination of Humanitarian Affairs) zu den 10 am höchsten von Extremwetter betroffenen Ländern, einige Landesteile erwärmen sich auf das Doppelte des globalen Durchschnitts, zitierte Prof. Marjorie Cohn von der Thomas Jefferson Universität in San Diego den internationalen Klimareporter Somini Sengupta aus der New York Times (10.09.2024).
Klimakiller Israel. Eine neue Studie brachte nun erschreckende Ergebnisse: Der immense Kohlenstoff-Ausstoß von zwei Monaten Krieg im Gaza bedroht nicht nur die Menschen in der Region, sondern verbleibt in der Atmosphäre und wirkt sich auf das globale Klima aus. Die Autoren stellten ihre Arbeit ins Netz, es hat sich wohl kein Verlag gefunden, sie zu veröffentlichen. Benjamin Neimark von der Universität London, und Reuben Larbi von der Universität Lancaster, aufbauend auf ihrer Nature-Studie, untersuchten zusammen mit Patrick Bigger und Frederick Otu-Larbi den »immensen Effekt der Emissionen des US-unterstützten israelischen Genozids auf die Klimakrise«. Ihre Studie, nur eine »multitemporale Momentaufnahme«, bezog sich nur auf die ersten beiden Monate des Kriegs: »Die den Planeten erwärmenden Emissionen überstiegen den jährlichen Kohlendioxid-Fußabdruck von mehr als 20 der am stärksten vom Klima bedrohten Länder der Welt.« Konkret: 99 Prozent der berechneten 281.000 metrische Tonnen Karbondioxyd resultieren in etwa je zur Hälfte aus der Bombardierung Gazas durch die israelische Luftwaffe (121.000 tCO2e) und zur anderen Hälfte aus den umfangreichen Frachtflügen der US-Armee mit Militärgütern (133.650 tCO2e). Bombenabwürfe waren mit 6.689 Tonnen und die israelische Artillerie mit 13.600 Tonnen beteiligt, während die Hamas-Raketen 713 Tonnen CO2 in die Luft bliesen. Für die militärische Infrastruktur, den Tunnelbau der Hamas und den 3 Meter hohen israelischen »Iron Wall«, wurden zusammen 450.000 Tonnen CO2-Emissionen berechnet, während für den Wiederaufbau von 100.000 zerstörter palästinensischer Gebäude in Gaza etwa 30 Mio. t Schadstoff-Emissionen geschätzt werden, soviel wie Neuseeland in einem Jahr in die Atmosphäre emittiert.
Diese – wie die Autoren selbst sagen – noch zu ergänzenden und zu erweiternden Untersuchungen beziehen sich wie erwähnt nur auf die ersten beiden Monate. Welch ein Horror, wenn man bedenkt, dass dieser Krieg weiter andauert. David Boyd, UN-Berichterstatter für Menschenrechte und Umwelt bekräftigte: »Diese Forschung hilft uns, das immense Ausmaß der militärischen Emissionen zu verstehen – von der Kriegsvorbereitung über die Kriegsführung bis hin zum Wiederaufbau nach dem Krieg. Bewaffnete Konflikte treiben die Menschheit noch näher an den Abgrund der Klimakatastrophe und sind eine idiotische Art, unser schrumpfendes Kohlenstoffbudget auszugeben.«
Folgerungen? Der Ad-hoc-Charakter dieser Berechnungen verdeutlicht, wie dringend die UN-Klimarahmenkonvention zu ergänzen ist – durch eine obligatorische militärische Emissionsberichterstattung sowohl für Kriegs- als auch für Friedenszeiten. Doch auch im November in Baku standen die Militäremissionen nicht auf der Agenda.
Und dieser wissenschaftliche »snapshot« verdeutlicht auch, wie vordringlich ein Waffenstillstand im Nahen Osten und in der Ukraine ist, nicht nur um der vor Ort überlebenden Menschen willen, sondern auch hier und überall, denn – man kann es nicht oft genug wiederholen – die dort in Luft gesprengten Schadstoffe wirken sich global aus. Was dem Klima am meisten hilft, ist Frieden – und Abrüstung auf dem Weg dahin. Auch hier in Deutschland. Die sozialen Bewegungen fürs Klima und für Frieden zusammen können dafür sorgen, dass mit jedem Schritt der Abrüstung weniger Schadstoffe in die Atmosphäre geblasen würden.