Die Verheerungen im Gazastreifen geben gelegentlich Anlass zu Misstrauen: Ist Israels Vorgehen dort nicht in Wahrheit ein zumindest mit Tendenzen zum Genozid behaftetes, das sich damit bemäntelt, ihm gehe es »lediglich« um Terrorismusbekämpfung? Muss Israel denn so extrem, so exzessiv handeln? Da muss es doch einfach denkbar Allerschlimmstes vorhaben. Oder?
Was, wenn nicht? Das israelische Militär verweist sehr deutlich darauf, dass der Erfolg seines Auftrags, Terrorismus zu vernichten, ohne das Trockenlegen des »Sumpfes« der Hamas, den die Bevölkerung darstellt, einfach nicht zu erzielen sei. Dieser Notwendigkeit allein entspringe sein Agieren, auch wenn es des Kriegshandwerks Unkundigen als »überzogen« vorkommen möge. Die Logik, auch schon von der Nato und Deutschland in Jugoslawien angewandt, ist zwar scheußlich, aber der Sache und dem Wesen von Krieg gemäß; in wieder einmal einem »war on terror« mag sie sogar, so legen seine Befürworter nah, noch ziemlich »akzeptabel« sein; wer wäre schließlich nicht gegen Terror?
Seit seiner Gründung setzt Israel sein Selbstverständnis um, als Nation sei es noch nicht komplett. Seinem Anspruch auf erweiterten »Lebensraum« derer, die ihm als echte Juden exklusiv sein Volk ausmachen, kommt es seither mit infrastruktureller und gewaltsamer Unterstützung von auch für es selbst gelegentlich zu radikal agierenden , vertreibenden und tödlichen Siedlerpionieren nach; für eine Landnahme, deren Berechtigung es diesen nicht grundsätzlich abspricht, gräbt es im Zuge der Ausgestaltung von Einflussgebieten den im Weg befindlichen Palästinensern wortwörtlich das Wasser ab, macht ihnen die Subsistenz so schwer wie es geht.
Wegen der erwähnten Logik von Terrorismusbekämpfung fällt das Expansionsmittel unablässiger Drangsalierung nun noch vehementer aus. Nun kümmert sich Israel, ohne eine Absicht, das Nicht-Volk auszurotten, vielmehr »human«, darum, wie Gazabewohner aus der Schusslinie geräumt werden könnten; mittels Übernahmeanträgen an andere Staaten, die sich zur Erfüllung nicht so recht verstehen möchten.
Der nun noch brutalere Angriff auf Gazawis begleitet die für staatliche Selbstbehauptung als unabdingbar definierte Hamasvernichtung. Sein Vollzug ist ein Kollateralnutzen, den das staatliche Arrondierungsprogramm mitnimmt. Diese feine Unterscheidung – Fazit: »wenigstens« kein Genozid – ist jedoch eine aus Zuschauerlogen heraus getroffene. Wenn die Israel Defense Forces (IDF) so weitermachen, ist für die ihnen Ausgesetzen gleichgültig, weshalb sie sterben müssen. Tot ist tot.