»Seht ihn hier reden von der Zeitenwende. / ’s ist Sozialismus, was er euch verspricht. / Doch hinter ihm, seht Werke eurer Hände: / Große Kanonen, stumm auf euch gericht’.« Dieser Vierzeiler von Bert Brecht steht in seiner »Kriegsfibel«, und zwar unter einem Foto vom 10. Dezember 1940 mit Reichskanzler Adolf Hitler als Redner in einem Krupp-Werk. Er spricht zu den Arbeitern. Keine Geheimrede.
An eine Geheimrede muss erinnert werden, die Hitler am 10. November 1938 vor Chefredakteuren der Inlandspresse gehalten hat: »Die Umstände haben mich gezwungen, jahrzehntelang fast nur vom Frieden zu reden. Nur unter der fortgesetzten Betonung des deutschen Friedenswillens und der Friedensabsichten war es mir möglich, dem deutschen Volk Stück für Stück die Freiheit zu erringen und ihm die Rüstung zu geben, die immer wieder für den nächsten Schritt notwendig war.« Gemeint waren die Eroberungen ohne kriegerische Gewalt, die Wiedergewinnung des Saarlandes, Österreich, der Anschluss der sudetendeutschen Gebiete und dann der Rest-ČSR. Noch heute lieben es die Rechten, den »Friedenswillen« zu betonen.
Schon im Februar 1933 gab es zwei wichtige Geheimreden Hitlers, am 3. und 20. des Monats. Den Generälen wurde Krieg versprochen, den Wirtschaftsbossen auch – durch Hochrüstung, durch Wehrpflicht, Zwangsdienste. Die Generäle brachten ein Konzept mit: In sechs Jahren hochgerüstet und kriegsbereit zu sein. Die Konzernherren brachten das Geld mit, das profitabel angelegt war. Und nach fünfeinhalb Jahren dann die Geheimrede vor den Chefredakteuren. Der Krieg begann neun Monate darauf.
Das war die Zeitenwende. Dazu hatten auch wir eine Rede »unseres« Kanzlers. Sie wurde kurz nach dem russischen Kriegsbeginn vom 24. Februar 2022 im Bundestag gehalten. Es wurde kein Sozialismus versprochen, sondern eine »wertebasierte Weltordnung«. Die Werte welcher Klasse? Die Rüstungskonzerne jedenfalls waren begeistert. Einer ihrer Lobbyisten ist der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil mit Wahlkreis in der Region, in der Rheinmetall Waffen produziert. Er verlangte: »Nach knapp 80 Jahren der Zurückhaltung habe Deutschland heute eine neue Rolle«, die darin bestehe, eine auch militärische »Führungsmacht« zu sein. Mit Russland sei kein Frieden möglich.
Die ärmere Mehrheit der Bevölkerung ist nicht begeistert von dieser Zeitenwende. Sie hat zu zahlen für den Krieg, für Inflation. Die Kanonen sind wieder »auf euch gericht‘«.
Gegen die Politik der Ampel befinden sich die Partei Die Linke und die AfD in Opposition. Doch nur die AfD wird zumeist als »Friedenspartei« wahrgenommen. Völlig zu Unrecht. Die AfD-Bundestagsfraktion hat jetzt laut junge Freiheit klargestellt: »Wir stehen fest an der Seite unserer Bundeswehr und setzen uns dafür ein, sie zu stärken.« Man habe sich nicht einseitig auf die Seite Russlands geschlagen, sondern vertrete »deutsche Interessen«. Die gewaltigen Zahlungen für die Rüstung werden von der AfD unterstützt, die Wiedereinführung der Wehrpflicht wird geplant. Der Militarismus schreitet mit dieser AfD voran.
Der eindeutig auf Nazilinie liegende Freund der AfD Jürgen Elsässer äußert sich zu den »deutschen Interessen« – er nennt sie »Selbstbefreiung der Deutschen« – in seiner Zeitschrift Compact ganz offen: »Mit jedem Kilometer, den die russischen Truppen nach Westen vorrücken, wird Uncle Sam schwächer – und damit seine Besatzungsherrschaft über die BRD. Verlieren die Amis Kiew, müssen sie auch aus Berlin und Ramstein abziehen.«
Trotz der eindeutigen kriegerischen Haltung der Ultrarechten wie AfD und Teilen der Partei »dieBasis« – einer Partei mit antijüdisch-antiamerikanischen Positionen, die im Impfen laut Spiegel die »größte Gefahr für die Menschheit« sieht – sehen manche Linke in den rechten Parteiformationen eine Friedensbewegung mit einer großen Anhängerschaft, die man gewinnen müsse. So mancher sagt: Wer AfD wählt, ist nicht allein dadurch schon ein Nazi, sondern vielleicht sogar auch ein Friedensfreund.
In Umfragen liegt die AfD bei 17 Prozent (in Ostdeutschland bei 26). Doch ginge es den Wählern der AfD um den Frieden, sollten sie doch eher die Partei Die Linke wählen, wenn die auch wenig friedenskämpferisch agiert. Das Hauptmotiv der AfD-Wähler scheint die fremdenfeindliche Ausrichtung der Ultrarechten zu sein. Die Kämpfer gegen Flüchtlingsunterkünfte werden zahlreicher und ihre Aktionen heftiger. Und das sind gewiss keine Friedensaktionen.
Die Wähler der Nazis 1933 wollten sicherlich auch weniger einen Nazismus und keinen Krieg. Ihnen gefiel der antikapitalistische Antisemitismus, das Versprechen für Arbeitsplätze, und die Friedensreden des »Führers« kamen gut an. Sie wollten wie die AfD-Wähler heute keinen Krieg. Jene, die heute die AfD wählen, wollen auch keinen Krieg, sind zwar Unterstützer von Fremdenfeindlichkeit, gar von Rassismus, aber nicht im jedem Fall Nazis. Sie kennen das Militärprogramm der AfD nicht. Sie finden die Behauptungen der AfD über den Krieg aktuell gut und die Aussagen gegen die Migranten ohnehin.
Und so wählen sie Wegbereiter der Nazis und haben in Höcke einen Naziführer, der die »Lebensglut, die sich unter vierzig Jahren kommunistischer Bevormundung erhalten hat und der auch der scharfe Wind des nachfolgenden kapitalistischen Umbaus nichts anhaben konnte, wieder als ein lebendiges Feuer hervorschlagen lassen« will.
Der Schleier der Friedfertigkeit der AfD wirkt in Teilen der Öffentlichkeit. Wir müssen ihn wegreißen.
Es ist fahrlässig zu sagen: Die Wähler der AfD sind eher harmlos. Es ist gefährlich zu sagen, die Friedensbewegung müsse sich den Rechten öffnen, dann werde sie wachsen. Wachsen werden die Militaristen und Rassisten. Es war ein Fehler der Friedensbewegung, sich zu stark auf den Punkt der Bekämpfung des Militarismus zu konzentrieren und dabei weitere Erfordernisse, wie das Wirken gegen die Fremdenfeindlichkeit und den Rassismus, zu vernachlässigen und beispielsweise die Solidarität mit den im Mittelmeer vom Ertrinken bedrohten Menschen kaum noch zu thematisieren. Es war ein Fehler der Antifaschisten, die Friedensbewegung zu vernachlässigen. »Aufstehen gegen Rassismus« ist eine gute Bewegung, die viel bewirkt hat. Aufstehen gegen den Krieg muss hinzukommen – und Aufstehen fürs Klima ohnehin. Querfronten hin zu AfD und »dieBasis« wie sie in Unsere Zeit und sogar auf Friedensratschlägen befürwortet wurden, müssen tabu bleiben.
»Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg« muss die gemeinsame Losung sein und bleiben.
Die VVN-BdA startet eine Kampagne: Höcke ist ein Nazi. Und dieser Höcke strebt an die Spitze der AfD. Von einem Misserfolg in diesem Streben ist nicht auszugehen. Viele Menschen in Ostdeutschland stärken die Höcke-AfD. Man muss ihnen endlich klar machen, was das bedeutet.
Die antifaschistischen Persönlichkeiten in West und besonders in Ost sollten sich aufraffen unmissverständlich zu sagen: Leute, lasst die Finger von der AfD. Nur dann unternehmt ihr etwas für den Frieden und fürs Soziale, wenn ihr diese Partei stoppt.