Literaturgeschichte ist nicht selten ein trockener Stoff. Nicht so bei Anatol Regniers »Jeder schreibt für sich allein. Schriftsteller im Nationalsozialismus«. Er hat aus Schriftstellernachlässen – vor allem in Briefen wurde er fündig – der Art und Weise des Funktionierens von Schriftstellerexistenzen im faschistischen Deutschland nachgespürt. Diejenigen, die in Deutschland geblieben sind, unter anderem Hans Fallada, Erich Kästner, Ina Seidel, Börries von Münchhausen, Oskar Loerke, Ernst Wiechert, Gottfried Benn, hatten eine ganz unterschiedliche Nähe zum Staat, und dennoch waren sie alle der Frage ausgesetzt: Was kann, soll man in dieser Zeit schreiben, wie soll man leben? Ina Seidel schrieb Lobeshymnen auf Hitler, Ernst Wiechert versteckte seine Lagerdarstellungen, Fallada lavierte … Die Briefstellen, die Regnier zitiert, sind aufschlussreich und lebendig. Er konfrontiert »seine« Autoren mit Reaktionen emigrierter Schriftsteller und verfolgt ihren Lebensweg auch nach 1945. Spannend!
Anatol Regnier: »Jeder schreibt für sich allein. Schriftsteller im Nationalsozialismus«, C.H. Beck, 366 Seiten, 26 €