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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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In friedlicher Verkleidung

In der Fol­ge der Demo­kra­tie-Demon­stra­tio­nen nach den Cor­rec­tiv-Recher­chen zum Pots­da­mer Geheim­tref­fen von CDU- und AfD-Poli­ti­kern mit Unter­neh­mern sowie mit Neo­na­zis blieb trotz der anhal­ten­den Stär­ke der AfD-Zustim­mung in Wäh­ler­be­fra­gun­gen eine öffent­li­che Debat­te über Ursa­chen und For­men des Neo­fa­schis­mus bis­her aus.

Immer­hin erlang­ten Äuße­run­gen von AfD-Füh­rungs­kräf­ten wie Björn Höcke für »eine Poli­tik der ›wohl­tem­pe­rier­ten Grau­sam­keit‹« mit dem Ziel, »›kul­tur­frem­de‹ Men­schen (Afri­ka­ner und Asia­ten) zu depor­tie­ren« eine gewis­se Bekanntheit.

Im Zusam­men­hang mit den Oster­mär­schen ver­such­ten nun füh­ren­de Kräf­te in der Poli­tik und in den Medi­en, die Frie­dens­be­we­gung in die Nähe rechts­extre­mer Kräf­te – dar­un­ter die AfD – zu stellen.

Zwar ähneln For­de­rung aus der Frie­dens­be­we­gung nach Diplo­ma­tie, statt Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukrai­ne, For­mu­lie­run­gen aus der AfD-Pro­pa­gan­da. Der Unter­schied der AfD-Posi­ti­on zu denen der Frie­dens­kräf­te tritt jedoch zuta­ge, wenn man sich der gan­zen Wahr­heit zuwendet.

Die AfD warnt im Zusam­men­hang mit ihrer Ableh­nung von Waf­fen­lie­fe­run­gen vor der »Aus­plün­de­rung der Bun­des­wehr« – so AfD-»Verteidigungspolitiker« Lucas­sen. Allein schon die­se Begrün­dung zeigt, dass die Zie­le der AfD im Gegen­satz zu Frie­dens­an­lie­gen ste­hen. Der AfD geht es um eine star­ke deut­sche Armee.

Aus die­sem Inter­es­se her­aus for­mu­liert die AfD, dass der 100 Mil­li­ar­den Son­der­fonds nicht hin­reicht. Der AfD-Arbeits­kreis Ver­tei­di­gung im Bun­des­tag for­dert »eine deut­li­che Erhö­hung des Wehr­etats und die Voll­aus­stat­tung unse­rer Streit­kräf­te«. Begrün­dung: Es gehe dar­um, »die Bun­des­wehr wie­der stark zu machen«. Und das habe im Sin­ne soge­nann­ter deut­scher Inter­es­sen und Zie­le (»unser Land zuerst!«) zu erfolgen.

Dem­ge­gen­über for­dern die Über­le­bens­in­ter­es­sen der Mensch­heit eine Poli­tik der glo­ba­len Koope­ra­ti­on im UNO-Maß­stab im Sin­ne einer Frie­dens­ord­nung, die die Sicher­heits­in­ter­es­sen »eines jeden« (Prä­am­bel des Ver­tra­ges zur Ver­ei­ni­gung der bei­den deut­schen Staa­ten), also aller Staa­ten Euro­pas sowie dar­über hin­aus respek­tiert. Zwar fin­den sich ähn­li­che Bekennt­nis­se auf der AfD-Web­site (»Die AfD bekennt sich zu den Wer­ten der Char­ta der Ver­ein­ten Natio­nen und des Völ­ker­rechts.«), sie sind aber kaum ver­ein­bar mit den dort vor­han­de­nen ultra­na­tio­na­li­sti­schen und mili­tä­ri­schen For­mu­lie­run­gen. Sie erwei­sen sich damit im Gesamt­bild als Etikettenschwindel.

Die rot-grü­ne Pro­pa­gan­da für eine soge­nann­te »Kriegs­tüch­tig­keit« Deutsch­lands, flan­kiert durch eine Ein­stim­mung auf einen Land­krieg durch Vize­kanz­ler Habeck, ver­stärkt den Mili­ta­ris­mus in der Öffent­lich­keit zum Vor­teil für Rechts­extre­me. Im Wind­schat­ten die­ser Stim­mungs­ma­che for­dert die AfD die Wie­der­ein­füh­rung der Wehr­pflicht für eine Bun­des­wehr, die sie als ein Instru­ment für eine stra­te­gi­sche Auto­no­mie Deutsch­lands aus­bau­en will.

Sie stellt die Bun­des­wehr zugleich in eine Tra­di­ti­ons­li­nie mit der Reichs­wehr im Ersten und der Wehr­macht im Zwei­ten Welt­krieg: »Die Bun­des­wehr soll wie­der einen star­ken Korps­geist, ihre Tra­di­tio­nen und deut­sche Wer­te pfle­gen. Die Tugen­den des Sol­da­ten sind Ehre, Treue, Kame­rad­schaft und Tap­fer­keit. Die Bun­des­wehr muss die besten Tra­di­tio­nen der deut­schen Mili­tär­ge­schich­te leben. Sie hel­fen, sol­da­ti­sche Hal­tung und Tugen­den – auch in der Öffent­lich­keit zu manifestieren.«

Dies alles ist weder mit einer soli­den finan­zier­ten Infra­struk­tur, einem funk­tio­nie­ren­den Gesund­heits- und Bil­dungs­sy­stem sowie einem sozia­len Sozi­al­staat ver­ein­bar. Kam­pa­gnen wie »Abrü­sten statt Auf­rü­sten« sind daher die not­wen­di­ge Ant­wort auf den gefähr­li­chen Kurs des Militarismus.

Des­halb wider­spricht der für Ende Juni geplan­te Par­tei­tag der AfD in der Mes­se Essen den Inter­es­sen der Men­schen an der Bewah­rung und Ent­wick­lung ihrer Lebens­grund­la­gen. Das Esse­ner Frie­dens­fo­rum for­dert, der AfD die Mes­se Essen für ihren Ver­such, sich mit ihrem Par­tei­tag als nor­ma­le Par­tei zu prä­sen­tie­ren, zu ver­wei­gern. Es unter­stützt die Bemü­hun­gen der Stadt Essen, die Durch­füh­rung die­ses Par­tei­ta­ges zu verhindern.