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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Herr Puntila am Berliner Ensemble

Inter­es­san­ter­wei­se hat­te das ND (online) schon eini­ges Inter­es­san­te über die Auf­füh­rung ver­ra­ten, was viel­leicht unüb­lich ist, aber unse­rem Inter­es­se kei­nen Abbruch getan hat – auch wenn mir die Beset­zungs­que­re­len etwas suspekt sind und etwas quer zum Talent eini­ger Schau­spie­le­rin­nen lie­gen. Aber das ist »Poli­tik«.

Sagen bzw. schrei­ben wir es gleich rund­her­aus: Durch­aus und nicht nur wg. Brecht sehr empfehlenswert!

Man ist von Stutt­gart und ande­ren Orten die etwas despek­tier­li­che Behand­lung von Brechts Opern und Thea­ter­stücken »gewöhnt«, v.a. in Stutt­gart ist es vor jeder Pre­mie­re ein Zit­tern und Ban­gen, dann lei­der auch auf der Bühne.

Hier ist der Kla­mauk- und Gro­tesk-Fak­tor deut­lich zurück­ge­fah­ren, wenn auch noch nicht weit genug. Aber das macht die Qua­li­tät die­ser Auf­füh­rung aus, sie gibt Hoff­nung, dass Brecht nicht nur nicht tot ist, son­dern uns auch im Thea­ter noch was zum Sagen und für den Nach­hau­se­weg und viel­leicht noch ein biss­chen mehr, etwas zum Nach­den­ken mit­gibt: »Kei­ne Stim­me ertönt, außer der Stim­me der Herrschenden«.

Schau­spie­le­risch par­ti­ell v. a. Sascha Nathan sehr beein­druckend, vol­ler Kör­per­ein­satz, auch Pau­li­ne Knof ist hervorzuheben.

Unse­re Hoff­nung: »So, wie es ist, bleibt es nicht.«

Es gibt bei Brecht manch­mal nicht ein Ende des Stückes, son­dern zwei. Wel­ches mag den Zuschaue­rIn­nen bes­ser gefal­len: Das in der Tra­di­ti­on* der fran­zö­si­schen und rus­si­schen Revo­lu­ti­on oder das in der Tra­di­ti­on der Hegel­schen Herr-Knecht-Dia­lek­tik? Was machen die Her­ren ohne ihre Knechte?!

Ganz groß­ar­tig, was in dem Stück über die Natur­be­zie­hung der Men­schen (Klas­sen) und zum Vater­land gesagt wur­de – was die weni­gen Buhs pro­vo­ziert haben mag?

Wie gesagt: ein gutes Stück, und man soll­te es sehen, auch um die­se Art des Thea­ters zu unter­stüt­zen mit der Hoff­nung, es geht noch besser.

Wenn das BE nun in Staats- bzw. Lan­des­hand über­führt wird, ist das zwar gut für sei­nen Bestand, aber von der schwarz­rot­grü­nen Kul­tur­po­li­tik ist außer quer­quo­tier­ter Lan­ge­wei­le wenig zu erwar­ten, aber: »Das Siche­re ist nicht sicher. (…) Wer wagt zu sagen: Niemals?«

* Hier stand zuerst »guten« Tra­di­ti­on. Wir haben es auf Rück­sicht auf die Gefüh­le mei­ner Lese­rin­nen gestrichen.