»Heran an das Leben! Dichter! Dichter!« Diesen Apell hat der Autor Alfred Döblin im letzten Jahrhundert formuliert. Der Autor Oskar Ansull (Jahrgang 1950) hat ihn angenommen und beherzt, wie es sein neues Buch »Denkzettel auf deiner Herzwand. Gedichte & Kindheit« belegt. Es ist als Fest(!)ein(!)band (Hardcover) zum Ende seiner »Werkreihe« mit »Streifzügen« und »Papierstreifen« erschienen – wie immer: auch buchgestalterisch sehr gelungen. UND: Eigentlich kommen hier zwei Bücher in einem Buch zur Leserschaft: Zuerst »DIE GEDICHTE« (S. 9-142) als »Ein Echolot in eigene und andere Kindheit. Erzählen vom Gesagten und Unsäglichen, vom Spielen und poetisch Zauberischen …« Dann: »IM NACHGANG« (S. 141-151): Diesen Gang beginnt Ansull mit einem Zitat der UNICEF: »Jedes Kind hat das Recht, frei von Gewalt aufzuwachsen«, und er beendet ihn so mit s/einem Gedanken vom »Februar 2024« zu »Kindheit – als Schonfrist«: »›Schonung‹, wie sie mehrheitlich Kinder heute etwa in weiten Teilen Europas erleben, ist für Millionen von Kindern in der Welt ein Fremdwort. Es ist daher noch immer und immer wieder von ›Schonung‹ nicht nur zu sprechen, nicht nur um sie zu bitten, sondern auch dafür tagtäglich etwas beizutragen.« Poeten können, so der Autor, auch ihrerseits dazu ihre Stärke bereitstellen: »ein Poet, der sich an sich als heranwachsendes Kind erinnert, der mischt Dichtung und Wahrheit, die sich über die Gemeindegrenzen hinweg erheben – in die Welt hinausweisen« – siehe die Sammlung seiner Gedichte im »ersten Buch« dieses Werkes von Ansull, die um die Begriffe »Denkzettel«, »Unausgesprochen«, »Schlagartig«, »Spielplätze« gruppiert sind. Der Autor blickt zurück in – nicht nur seine – eine Ich-Kindheit, blickt hinein in seine früheren Veröffentlichungen (mit deren Cover-Abbildungen) – schafft so ein Prisma, auch indem er anderen Autoren skizzierend, kommentierend das Wort gibt (eine Methode Ansulls, die schon die früheren »Streifzüge«, »Papierstreifen« auszeichneten). Es gelingt Oskar Ansull, mit Alfred Döblin gesprochen, ein dichtes »Heran an das Leben« – auch zwiefach zu Papier gebracht: von einem Ich und einem Er – also von einem »Dichter«. Heran an die Lektüre!
Oskar Ansull, Denkzettel auf deiner Herzwand. Gedichte & Kindheit, Wehrhahn Verlag 2024, 167 S. (Hardcover), 20 €.