Ende März hat Federico Rampelli, Abgeordneter von Fratelli d’Italia (der Partei, der die amtierende Regierungschefin Giorgia Meloni angehört) und Vizepräsident der Camera dei Deputati (einer der zwei italienischen Parlamentsflügel) einen bemerkenswerten Gesetzentwurf eingereicht. Es handelt sich um ein Gesetz, das die Verwendung ausländischer Worte in staatlichen Behörden und Betrieben Italiens künftig unter Strafe stellen und mit Bußgeldern von 5.000 bis 100.000 Euro ahnden soll. Damit soll die »Überflutung« mit ausländischen (insbesondere englischen) Begriffen im sprachlichen Umgang und der Zuwachs von Anglizismen in der italienischen Sprache eingedämmt und der »Hilflosigkeit« von vielen Italienern, die in ihrem eigenen Land ohne Kompetenz im Englischen und in weiteren Fremdsprachen nicht weiterkommen, entgegengewirkt werden. Auch Kurse an Schulen und Universitäten, die in anderen Sprachen als dem Italienischen abgehalten werden, sollen künftig nicht mehr angeboten werden; einzige Ausnahme sind Kurse mit vielen ausländischen Studenten.
Na, endlich!, möchte man als italienische Patriotin, als die sich Giorgia Meloni gern bezeichnet, ausrufen. Weg mit den Managern, den Workshops, den Lockdowns, der Work-Life-Balance, dem Burnout und dem Stress! Und haben nicht auch der Englischunterricht an den Schulen, der (vorerst) weiterbetrieben werden soll, und erst recht das Internet einen gefährlichen, die nationale Identität zersetzenden Einfluss? Wollen wir das etwa weiter zulassen?
Natürlich, wo gehobelt wird, fallen Späne, gibt es auch Verluste. »Weekend« ist doch viel schöner als »fine settimana«. Und wie übersetzt man »workshop«? »Negotio di lavoro«? Außerdem fürchten Abgeordnete der Fünf-Sterne-Bewegung um das gerade unter Melonis Führung gegründete »Ministero del Made in Italy« (Ministerium für das Made in Italy). Was soll nun mit der englischen Bezeichnung werden?
Zwar wird über den Vorschlag von »Fratelli d’Italia« (der Partei, nicht der Regierung) von Links bis Rechts herzhaft gelacht, aber einen Scherz wollten die »Brüder« sicher nicht machen, sie haben den »Schutz der Heimat« im Blick und finden dafür viel Zuspruch, sogar von einigen, die nach der Pandemie auch weiterhin im Homeoffice arbeiten wollen. Da werden nun italienische Bezeichnungen gesucht.
Wie ernst der Gesetzesentwurf in einem Gründungsland der Europäischen Union (Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft 1957) wirklich gemeint ist, bleibt mindestens fraglich. Die Initiative ist auch ein schönes Ablenkungsmanöver. Seit Monaten stehen viele wichtige und gravierende Probleme auf der Agenda, die auf Lösungen warten. Aber Krieg, Inflation, die wieder steigende Zahl an Mittelmeer-Flüchtlingen und der »Piano di ripresa e resilienza«, der Plan für die Fördergelder der EU, sind kompliziert. Sympathien sind hier kaum zu gewinnen. Da verschafft ein Workshop (Scusa!) über den Schutz der Heimat und den Erhalt der italienischen Identität natürlich ein bisschen Luft.
Und wollen wir nicht alle, dass es endlich wieder so wird, wie es nie war?