Unter der Überschrift »Roma-Mahnmal in Gefahr: Gedenken bleibt auf der Strecke« berichtete die taz am 22. Mai über einen Plan der Deutschen Bahn AG, der deutlich illustriert, wie stark Gleichgültigkeit und Ignoranz noch heute das Verhältnis der Mehrheitsgesellschaft zur Minderheit der Sinti und Roma prägen. Es geht um die neue S-Bahnstrecke, die in ein paar Jahren den Berliner Hauptbahnhof in Nord-Süd-Richtung an das S-Bahnnetz anschließen soll. Und um die Frage, wie dabei der Reichstag unterirdisch umfahren wird. Lange war die Sache unklar. »Die Lösung, die schließlich vom Bundestag, dem Land Berlin und der Deutschen Bahn AG vereinbart wurde«, so die taz, »sieht vor, dass sich der Tunnel nach der Spree-Unterquerung in zwei Arme spaltet, die westlich und östlich am Parlamentsgebäude vorbeiführen. Südlich davon laufen sie wieder zusammen. Ab hier wird das Tunnelbauwerk in offener Bauweise fortgeführt – und hier steht seit 2012 das Mahnmal für die [während der NS-Zeit ermordeten 500.000] Sinti und Roma.«
Der Plan ist, der taz zufolge, seit Ende Januar auf dem Tisch. Anfang März habe ein Gespräch stattgefunden, zu dem die für die Betreuung des Mahnmals zuständige Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma Vertreter der Bahn AG und der zuständigen politischen Gremien eingeladen hatten. Auch die für Grünflächen zuständige Bezirksstadträtin Sabine Weißler (Grüne) sei dabei gewesen. Ihr Eindruck: »Ich habe die Vertreter der DB bei diesem Gespräch gar nicht als stur erlebt, sondern nur als völlig verblüfft.« Die hätten »einfach nicht erwartet, dass es problematisch sein könnte, wenn das Mahnmal tangiert wird«.
Wie die taz weiter erfuhr, sei die DB offenbar nach dem Gespräch von ihrem ursprünglichen Plan abgerückt, bei dem ein vollständiger Abbau des von dem israelischen Künstler Dani Karavan gestalteten Mahnmals erforderlich gewesen wäre. »Stattdessen würde die Baugrube nun scharf am Rand des kreisrunden Wasserbeckens in der Mitte des Denkmals vorbeiführen, Teile davon wären dann nicht mehr begehbar.« Außer der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas auch den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma über diese Planänderung zu informieren, hat die Bahn laut taz nicht für nötig befunden.
Für den Zentralrat ebenso wie für die Denkmal-Stiftung ist auch der neue Plan »nicht akzeptabel«. Auch eine Teilschließung des Mahnmales komme nicht in Frage. Sinti und Roma haben nicht so lange für ihren Gedenkort gekämpft, um ihn jetzt widerstandslos zerstören zu lassen.