Soldaten werden getötet, Lehrer unterrichten, Richter sprechen Recht – überall auf der Welt versteht man diese Sprache, weil sie knapp und vernünftig ist. Niemand käme auf die Idee darüber zu diskutieren, niemand fühlt sich diskriminiert.
Doch wir Deutschen machen eine gesellschaftliche Debatte daraus: Soldatinnen und Soldaten verlieren ihr Leben, Lehrerinnen und Lehrer sind betroffen, Richterinnen und Richter haben entschieden – als ob es in Zeiten von Corona, Ukrainekrieg und wachsender Inflation nichts Wichtigeres gäbe!
Keiner will in Abrede stellen, dass auch Frauen in diesen Berufen tätig sind und da, wo ihre Verdienste eine Rolle spielen, sollten sie herausgestellt werden.
Hier aber sind Amtsbezeichnungen gemeint! Die Polizistin verhaftet nicht in der Rolle der Frau, sondern in der Funktion des Polizisten, und wenn dabei etwas schiefgeht, wird der Amtsträger zur Rechenschaft gezogen, unabhängig vom Geschlecht. Erst, wenn es aufgrund geschlechtsspezifischer Merkmale, bspw. einer zarteren körperlichen Konstitution, zu Komplikationen kommt, der Dieb entwischen konnte, wird das im Dienstbericht erwähnt: »Der Dieb entkam, weil Wachtmeisterin Müller ihn nicht fixieren konnte.«
Dasselbe trifft auf viele Berufe zu.
Doch plötzlich sollen ganze Literaturen umgeschrieben werden, weil »Frau« sich benachteiligt, unterrepräsentiert fühlt. (Wann fängt man eigentlich an von »Ärztinnen« zu schreiben, da es bis vor 100 Jahren praktisch keine gab, Bücher aber schon vorher gedruckt wurden?)
Nicht genug mit den Berufsbezeichnungen. In alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens erstreckt sich das wie besessen anmutende Bestreben der Emanzipationsbewegung, den maskulinen Wortbildungssuffix »-er« (grammatisches Geschlecht »der«) um das feminine »-in« zu erweitern.
Aus »Machern« werden »Macherinnen«, aus »Erzeugern« »Erzeugerinnen«, aus »Verursachern« »Verursacherinnen«.
Dabei geht es bei der Beschreibung dieser Personengruppen um etwas Anderes: Ein »Macher« ist eine Person, die etwas in die Wege leitet oder »produziert«, genau wie der »Erzeuger«. Ein »Verursacher« impliziert als einzige Vorstellung die einer Person, die für eine Handlung oder Tat verantwortlich ist, steht dabei doch das negative Resultat im Mittelpunkt. Werde ich vom Genuss Salmonellen befallener Eier krank, wird die Firma zur Rechenschaft gezogen, unwichtig, ob sie von einem Mann oder einer Frau geführt wird.
Bei einem »Verkehrsteilnehmer« oder »Radfahrer« denkt man in erster Linie an Menschen, die sich mit einem Verkehrsmittel auf der Straße oder dem Radweg bewegen, nicht an »Frau« oder »Mann«. Und »der« Kunde ist ein durch Bezahlung am Waren- oder Dienstleistungsbezug teilnehmender Konsument. Männer und Frauen bezahlen das Gleiche, außer beim Friseur.
Völlig hysterisch wird es, wenn aus dem »Schneemann« eine »Schneefrau« gemacht werden soll, aus dem »Seufzer« eine »Seufzerin«, aus dem »Lacher« die »Lacherin«. Die Bedeutung der Wörter ist eine ganz andere, wendet man das Veränderungsbedürfnis der Sprachveränderer (oder Sprachverändererinnen?) konsequent an.
Wissen denn die Sprachrevoluzzerinnen nicht, dass die meisten deutschen Substantive aus den Infinitiven der Verben abgeleitet wurden, dass es Jahrhunderte währende Sprachentwicklungen waren, bis sich die heutigen Sprachformen gebildet haben? »Der Stecker«, der in die Steckdose muss, kommt von »stecken«, und »der Kratzer«, den man sich beim Spielen oder Arbeiten zugefügt hat, von »kratzen«. DEM ist es völlig schnuppe, ob er einer Frau oder einem Mann zugefügt wird.
»Man kann aus dem ‹Schneemann› doch neutral einen Schneemensch machen«, schlug eine besonders Schlaue bei einem Gespräch über dieses Thema vor und lächelte gewinnend.
Wenn nur »der Schneemensch« nicht schon mit der Bedeutung von Yeti belegt wäre, meine Liebe!
Unabhängig davon ruft die permanente Erwähnung beider Geschlechter in Informationssendungen oder Druckerzeugnissen nach kurzer Zeit bei Lesern oder Hörern »Gähnen« hervor, da der Satz künstlich in die Länge gestreckt wird und die Spracheffizienz darunter leidet.
Es ist ein Kreuz, was die Jahrhunderte des Patriarchats aus oder mit den Frauen gemacht haben. Großes Unrecht ist geschehen, viel Unterdrückung. Jetzt, da sich das im zivilisierten Teil dieser Welt endlich ändert, Frauen in führende Positionen kommen, wird übertrieben. Es kommt zu Überreaktionen, denen wiederum begegnet werden muss, damit das Boot »Kultur« nicht zur anderen Seite umschlägt.