Jim Rogers, der »Indiana Jones« der Finanzwelt, früher New York, jetzt Singapur, also ein »Zocker«, macht sich Gedanken ums Geld und um die Zukunft. Um das Soziale weniger. Er empfiehlt, Geld in Myanmar anzulegen, Schweizer Franken zu kaufen und Traktorfahren zu lernen. Denn die Zukunft gehöre den Landwirten. Hört, hört! Da haben anscheinend selbst bei einem Guru der Finanzoligarchie irgendwo einige Glocken geklingelt. Natürlich lässt ihn das nicht am System zweifeln, beileibe nicht. Ihm geht es ja gut damit. Er muss allerdings auch ein wenig aufpassen, dass es, das Geld, sein Geld, nicht weniger wird. Oder weniger einbringt, genauer gesagt. Das könnte in den USA oder in Griechenland passieren. Gedanken über die Folgen der Gentechnik von Monsanto und Genossen hat sich der Finanzhai noch nicht gemacht. Denn Traktorfahren allein reicht sicher nicht, wenn es sich um das Überleben auf dem Lande handelt. Wenn es um die Wurst geht, wollen natürlich viele auf’s Land – und sie werden feststellen, dass es dort schon (lange) Menschen gibt, denen das Land gehört. Einige Grundstücke wird sicher auch Indiana Jones sein Eigen nennen, denn er hat Geld genug, sich welche zu kaufen. Das haben die meisten nicht – und wer denkt schon daran, jetzt Land zu erwerben? Und wer kann es?
Wie man es auch dreht und wendet, überall sind schon so genannte Eigentümer vorhanden, die einen im Notfall wohl kaum auf ihr Land lassen werden und es, im Gegenteil, mit Zähnen und Klauen verteidigen werden, möglicherweise auch mit Handfeuerwaffen. Es könnte sich bezahlt machen, dass man auf dem Dorf normalerweise und bereits seit Jahren im Schützenverein beheimatet ist und einen Püster besitzt. Und man ist seinem Eigentum verpflichtet, auch wenn das im Grundgesetz etwas irreführend formuliert ist. Die dortige Aufforderung, eher eine zaghafte Bitte, hat die Eigentümer (von Land oder Produktionsmitteln) immer schon zum Lachen gereizt.
Zurzeit ist das mit dem Geld etwas seltsam. Die europäische Zentralbank verleiht Geld zu nahezu null Prozent Zinsen, was sich die Banken holen (wir kommen da nicht direkt dran), welches sie dann um einiges teurer bereit sind, an uns zu verleihen. Mit den Anleihen der verarmten europäischen Staaten läuft es ähnlich: Mit dem billigen Geld der EZB kaufen sich die Banken und Konzerne der noch nicht verarmten europäischen Staaten die Anleihen der anderen und kassieren die dicken Zinsen, die diese zahlen müssen. Eine feine Sache. Unter anderen wurde vor allem die ehemalige deutsche Kanzlerin für diese Masche sehr gelobt. Die Umfragewerte ergeben, dass die Mehrheit der Deutschen, die an diesem lukrativen Spielchen nicht teilnimmt, es eher mit ihren Steuergeldern finanziert, diese Thesen gut findet. Das lässt sich mit Logik nicht erklären. Dass so viele arme Leute Parteien wählen, die ungeniert die Reichen begünstigen, bleibt daher für linksorientierte Menschen ein Rätsel. Die meisten Bürger und Bürgerinnen haben ihre Groschen auf Sparkonten, wo es wegen der niedrigen Zinsen und der Inflationsrate nach und nach weniger wird. Mit Sicherheit. Vielleicht ist es die vermeintliche Sicherheit, die da in Sicherheit wiegt. Aber können die Leute so schlecht rechnen?
Vielleicht geht es um das Soziale? Oder die soziale Sicherheit? Die da vom herrschenden System scheinbar geboten wird. Genauer gesagt: geboten wurde. Immer schon eingeschränkt geboten wurde, aber immerhin. Mancher fragt: Können das die Reichen, die Rechten und die Kirchen nicht vielleicht doch besser als die Sozis oder gar die Linken? Bei den Grünen weiß man im Moment so gar nicht, woran man ist: etwas Konservatives, etwas Neoliberalismus, einige linke Ausrutscher und manchmal sogar Erinnerungen an die Ökologie – und mit wem die koalieren können, sieht man ja leider. Und Krieg machen können die auch. Manche Leute schließen sogar noch Riesterrenten ab, obwohl jetzt schon feststeht, dass man ihnen das geschenkte staatliche Geld und ihr eigenes demnächst, wenn’s gebraucht wird, wieder wegnimmt. Und beim Arzt und Apotheker: zuzahlen. In etlichen größeren Städten steigen die Mieten so stark, dass sie für zunehmend viele Menschen unbezahlbar werden. Nee, sozial kann das doch wohl nicht sein. Manchmal murren die Leute sogar oder demonstrieren mit dem DGB in Berlin, machtvoll, wie es in den Gewerkschaftsblättern hieß. Aber es kam nichts nach, und die »Gegenseite« tat die Sache mit einem Achselzucken ab. Papiertiger, mögen die entscheidenden Herren und Damen in den Chefetagen gedacht haben. Dann gibt es noch attac, eine Bewegung, in der sich Linke und Rechte treffen, auch die demonstrieren; außerdem gibt es noch die occupy-Bewegung, die von der Polizei abgeräumt wird. Dem Volk ist das egal, das Land bleibt ruhig. Die sozialen Unterschiede, nicht nur bedingt durch Vermögensunterschiede, verstärken sich. Das Land bleibt ruhig, auch wenn mit dem Verfassungsschutz verbandelte Neonazis zehn Menschen erschießen. Landtagsabgeordneten, die gegen Neonazis auf die Straße gehen, will man die Immunität absprechen. Und ein Systemwechsel? Da schütteln sich die meisten, auch diejenigen, die etwas davon hätten. Dabei hat Karl Marx doch in vielen Dingen recht!
Soweit bleibt für die Herrschenden das Soziale in Ordnung. Vor allen Dingen bleibt die Ordnung in Ordnung, in der die Herrschenden eher eine kleine Gruppe sind, eine Art Oligarchie, bestehend aus Vertretern der Konzerne, gewisser Verbände, einigen Politikern und der Bertelsmann-Stiftung. Was oder wen wir da wählen, ist völlig egal, solange die »großen Vier« (von denen eine Partei sehr klein ist) weiterhin die meisten Stimmen abräumen und sie nebst der Macht unter sich aufteilen. Kriege führen kann man dann auch, ohne dass sich die Mehrheit des Volkes daran stört. Die Kriege kosten zwar viel Geld (wie viel wissen wir nicht so genau), sind aber bisher eher weit weg. Erst wenn Raketen auf unserem Boden einschlagen (möglicherweise welche, die in unserem Bündnissystem produziert wurden), wird es einigen mulmig werden. Doch dann greifen die Sicherheitsexperten ein und werden uns, auch vor uns selbst, schützen. Außerdem plant die Nato bereits den führbaren Atomkrieg.
So können wir ganz beruhigt sein. Allerdings machen uns die Flüchtlingsströme, verursacht durch Kriege und unser Wirtschaftssystem, doch nachdenklich. Die dadurch bei manchen Menschen entstandenen Ängste werden von rechtsextremen politischen Strömungen ausgenutzt. Das ist gefährlich für unsere Demokratie.
Bleibt noch die Frage nach der Zukunft. Die ist schwer zu beantworten, wenn man nicht zum Wahrsager mutieren will. Man kann Folgerungen ziehen, man kann Erfahrungen auswerten, man kann Erkenntnisse weiterdenken. Dann wird klar, dass auch der beste Streik gegen eine überflüssige Autofabrik (weltweit werden jährlich ca. 30 Millionen Autos zu viel gebaut) in hiesigen Breiten oder im Nachbarland uns und den Arbeitern nichts bringen wird. Er wird das System schützen und stützen (egal, ob die Arbeiter den Kampf gewinnen oder verlieren), da man sich an die Spielregeln hält, da man nicht José Saramago, den portugiesischen Literaturnobelpreisträger gelesen hat, der schon vor 30 Jahren schrieb, dass man nur etwas verändern könne, wenn man die Regeln bräche.
Wir sollten uns allerdings langsam etwas Neues ausdenken. Wir brauchen nicht unbedingt mehr Schornsteine oder Reaktoren oder noch mehr Autos. Es geht auch mit anderen Ideen, mit klugen alternativen Konzepten und Strategien, die sogar bereits existieren und partiell praktiziert werden. Ein Begriff dafür ist »buen vivir«, das gute einfache Leben. Doch das setzt »Degrowth« voraus, ein sich Loslösen von ständigem Wachstum, das auf der begrenzten Erde logischerweise nicht möglich ist. Das derzeit gültige Wirtschaftssystem zerstört die Welt, unsere Lebensgrundlagen, und ist nach dem entsprechenden Artikel unseres Grundgesetzes nur eine der Möglichkeiten. Etwas Neues hat irgendwie mit Zukunft zu tun, sonst haben wir keine.
Ob Jim Rogers, der »Indiana Jones« der Finanzwelt, auch darüber mal nachdenkt?