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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Gegen Sicherheit und Frieden

Die Unter­stüt­zung Isra­els durch die west­li­che Poli­tik offen­bart die Dop­pel­zün­gig­keit der Akteu­re, die für die Regi­on und für die Welt brand­ge­fähr­lich ist.

Mit dem welt­be­rühm­ten Frie­dens­no­bel­preis­trä­ger und Apart­heit-Opfer Nel­son Man­de­la gilt: »Unse­re Frei­heit ist unvoll­stän­dig ohne die Frei­heit der Palä­sti­nen­se­rin­nen und Palä­sti­nen­ser.« Wir sehen wie Bischof Des­mond Tutu Par­al­le­len zwi­schen der Apart­heid in der dama­li­gen ras­si­sti­schen Dik­ta­tur Süd­afri­kas und dem heu­ti­gen von Rechts­extre­men regier­ten Isra­el. Amne­sty Inter­na­tio­nal nennt die Unter­drückung der palä­sti­nen­si­schen Bevöl­ke­rung Isra­els Apart­heit. Der Spie­gel-Autor Sascha Lobo ver­brei­te­te dar­auf­hin: »Wer jetzt noch Amne­sty unter­stützt, unter­stützt Anti­se­mi­tis­mus.« Gre­ta Thun­berg kri­ti­siert, auf besetz­tem Land gebe es kei­ne Kli­ma­ge­rech­tig­keit. Fri­days for Future Deutsch­land distan­ziert sich von die­ser Posi­ti­on. Begrün­dung: Man mache kei­ne Kom­pro­mis­se beim Ein­satz gegen Anti­se­mi­tis­mus. Ich sage: Wer der­ar­ti­ge Posi­tio­nen der Kri­tik an der Regie­rung Isra­els mit Anti­se­mi­tis­mus in Ver­bin­dung bringt, ver­harm­lost rechts­extre­me Ideologie.

Süd­afri­ka und Chi­le, bei­des Staa­ten, die Erfah­rung mit Faschi­sten und Ras­si­sten in der Regie­rung haben, erklä­ren mit Mexi­ko vor dem Inter­na­tio­na­len Gerichts­hof: Ein bru­ta­ler Angriff wie der der Hamas vom 7. Okto­ber recht­fer­tigt nicht, was Isra­el tut. Sie kla­gen an, eine eth­ni­sche Grup­pe ganz oder teil­wei­se zu zer­stö­ren, wie das gera­de in Gaza geschieht, sei Völkermord.

Isra­els Ver­tei­di­gungs­mi­ni­ster ver­tei­digt sei­ne Poli­tik, Völ­ker­mord sei allein die Absicht der Hamas, man wer­de alles auslöschen.

In Gaza sind zehn­tau­sen­de Men­schen zu Tode gekom­men, Hun­dert­tau­sen­de irren ohne Woh­nung hun­gernd und frie­rend durch Käl­te und Regen, nur noch ein Drit­tel der Kran­ken­häu­ser ist intakt, es fehlt an Strom, Was­ser, Nah­rung und Medi­ka­men­ten. Neben Wohn­häu­sern sind Schu­len, Geschäf­te und vie­le wei­te­re Gebäu­de zer­stört. Kai­ser­schnit­te fin­den ohne Betäu­bung statt, Mut­ter und Säug­ling müs­sen drei Stun­den nach der Geburt aus der Kli­nik. Bom­ben und Muni­ti­on für die Zer­stö­rung erhält Isra­el aus den USA und auch aus Deutsch­land. Begrün­dung der west­li­chen Staa­ten: Isra­el habe ein Recht auf Selbstverteidigung.

Laut Haa­ger Land­kriegs­ord­nung haben Kriegs­par­tei­en aller­dings kein unbe­schränk­tes Recht der Wahl der Mit­tel. Das betrifft Kriegs­füh­rung gegen wehr­lo­se Menschen.

Nir Avas­hai Cohen, Major der Reser­ve der israe­li­schen Armee erklärt nach sei­nem Ein­satz in Gaza, dort wer­de nicht Isra­el ver­tei­digt, son­dern Netan­ja­hus Poli­tik. Er hat ein Buch geschrie­ben – Titel: Love Isra­el, Sup­port Pal­e­sti­ne. Sei­ne ein­zig sinn­vol­le Schluss­fol­ge­rung ist, dass die ein­zi­ge Basis für Isra­els Sicher­heit Frie­den ist.

Frie­den wird aber nur dann ein­keh­ren, wenn alle Sei­ten, die Akteu­re in Isra­el und Palä­sti­na das Völ­ker­reicht und damit auch die UNO-Beschlüs­se sowie die huma­ni­tä­ren Men­schen­rech­te achten.

Die Erklä­run­gen Netan­ja­hus und des israe­li­schen Prä­si­den­ten Her­zog gegen die Zwei-Staa­ten-Lösung bre­chen mit dem inter­na­tio­na­len Recht und damit mit der Idee des Frie­dens. Her­zog wird noch genau­er: Über­le­gun­gen zu mög­li­chen Frie­dens­lö­sun­gen ste­hen nicht an erster Stelle.

Netan­ja­hu ent­fernt sich noch wei­ter von jeder Frie­dens­lö­sung des Kon­flikts, wenn er die vol­le Kon­trol­le über das Gebiet west­lich des Jor­dan ein­for­dert. Das ist die umge­kehr­te For­mu­lie­rung »From the River to the sea«, die das Innen­mi­ni­ste­ri­um Deutsch­lands als anti­is­rae­li­sche Paro­le ver­bo­ten hat.

Jede ver­ant­wor­tungs­vol­le Poli­tik, die einen wei­te­ren Flä­chen­brand in der Regi­on mit Atom­kraft­wer­ken und gewal­ti­gen Kriegs­waf­fen ver­hin­dern will, muss auf Waf­fen­still­stand ori­en­tie­ren, auf sofor­ti­ge Ver­hand­lun­gen – und das auf der Basis des Völ­ker­rechts. Das umfasst das Ende der Blocka­de, die Frei­las­sung aller ihrer Frei­heit beraub­ten Men­schen, auch der Hamas-Gei­seln, ein Ende der Dif­fa­mie­rung von Kri­tik an der Netan­ja­hu-Poli­tik als anti­se­mi­tisch, Stopp der Waf­fen­lie­fe­run­gen in Kriegs­ge­bie­te, denn Krie­ge enden nicht im Frieden.

Die­se not­wen­di­ge Schluss­fol­ge­rung umfasst auch die Kri­tik an dop­pel­ten Stan­dards in der Poli­tik, die die Krim-Anne­xi­on als Völ­ker­rechts­bruch gei­ßelt und Isra­els Anne­xi­on der Golan-Höhen indi­rekt mit Waf­fen­lie­fe­run­gen und Glo­bal­po­li­tik unter­stützt. Die dop­pel­ten Stan­dards füh­ren auch zu Waf­fen­de­als mit Staa­ten wie Sau­di-Ara­bi­en, deren Macht­ha­ber Völ­ker­recht und Men­schen­rech­te bre­chen. Gustav Hei­ne­manns (Ex-Bun­de­prä­si­dent) Wor­te gel­ten: Der Frie­den ist der Ernst­fall, in dem wir uns zu bewäh­ren haben.