Kindheit in einer sächsischen Kleinstadt der 80er Jahre. Ruth ist die Tochter eines Pfarrers, Viktors Vater ist NVA-Offizier. Es werden Episoden aus dem Familienleben erinnert, und scheinbar ist dieser Alltag nicht sonderlich spektakulär: Die Eltern sind beschäftigt, streiten sich, wie es die Nachbarn auch tun. Und doch: Hier geht es um mehr als normale Familientristesse und Vorwendeatmosphäre – den Kindern wird von Familienangehörigen sexuelle Gewalt angetan, und alle schweigen. Dieses Schweigen und Verdrängen ist genauso Thema des Romans wie die Gewalt, die weder allein an Zeit noch Ort gebunden ist, wie es ein weiterer Handlungsstrang in Frankreich bezeugt.
Ulrike Almut Sandig (geboren 1979 in Großenhain), bisher als Lyrikerin bekannt, arbeitet viel mit Andeutungen, versteht es aber auch, genau und sachlich zu sein. Das Ganze kann man als Versuch verstehen, die Erfahrungen ihrer Generation festzuhalten oder aber Gewalterfahrung literarisch zu thematisieren. Gleichzeitig gibt es einen ökologischen Hintergrund: Die Helden leben im Braunkohleabbaugebiet. Ein bisschen viel auf einmal.
Ulrike Almut Sandig: »Monster wie wir«, Schöffling & Co, 232 Seiten, 22 €