Erinnern Sie sich noch an Cambridge Analytica? Das ist die US Analyse- und Beratungsfirma mit britischem Hintergrund, die stolz darauf ist, Dutzende Wahlen in aller Welt »auf Bestellung« manipuliert zu haben. Die Firma also, die auf Betreiben des Wahlkampfteams von Präsident Trump und seiner engsten und reaktionärsten Berater John Bolton und Steve Bannon bis zu 87 Millionen personenbezogene Informationen vom Datenkraken Facebook kaufte, um die US-Wähler entsprechend beeinflussen zu können und damit 2016 Präsident Donald Trump ins Weiße Haus zu hieven (s. Ossietzky 11/2018 »Freie Wahlen zu verkaufen«). Der Datenverkauf geschah weder mit Wissen der betroffenen Personen, geschweige denn mit deren Genehmigung.
Diesen Wahlbetrug will jetzt Generalstaatsanwalt Karl A. Racine, der Justizminister der US-Hauptstadt Washington D.C., beenden und hat kurz vor Weihnachten Anklage gegen Facebook wegen des bisher folgenlosen Cambridge-Analytica-Skandals erhoben. Er stellte fest, dass in D.C., dem kleinen District of Columbia, mehr als 340.000 Wähler von dem Datenmissbrauch betroffen gewesen seien.
Das bedeute, so heißt es in einer Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft, »dass fast die Hälfte der Daten aller Bewohner des Distrikts während der Wahlen für politische Zwecke manipuliert wurde«. Die Daten von Facebook hätten es ermöglicht, die Wähler auf der Grundlage ihres eigenen Persönlichkeitsprofils zu beeinflussen. Facebook habe die ihm anvertrauten Daten nicht geschützt, betont der Generalstaatsanwalt.
Wenn es in Washington D.C. fast die Hälfte aller Wählerdaten war, die manipuliert wurde, wieso sollte es im großen Rest der USA nicht genauso oder vielleicht noch schlimmer gewesen sein? Da taucht selbstverständlich die Frage auf: Will nur der Justizminister der US-Hauptstadt Facebook die Hammelbeine langziehen! Wo bleiben die anderen 49 US-Bundesstaaten? Oder besser noch: Warum hat das US-Justizministerium nicht bereits die Ermittlungen vergangenes Jahr aufgenommen und schon lange Anklage erhoben. Die Fakten liegen auf dem Tisch. Denn es handelt sich hier um ein Bundesvergehen. Und müssten nicht die Wahlen angesichts dieses massiven Eingriffs durch Cambridge Analytica und ihre Hintermänner für ungültig erklärt werden?
Könnte es sein, dass die US-Bundesbehörden wie Justiz und FBI in den vergangenen zwei Jahren damit total überlastet waren und immer noch sind, Präsident Trump Verbindungen zu Putin und eine angebliche Beeinflussung der US-Wahl durch Russland nachzuweisen? Und das bisher völlig ohne ein greifbares Ergebnis!
Könnte das auch der Grund dafür sein, dass über die eigentlich sensationelle Anklage des Generalstaatsanwalts der Bundeshauptstadt Washington in dem Wahlskandal gegen Facebook wenig bis nichts in den meisten deutschen Medien zu finden war? Werden wir deshalb ständig mit einer angeblichen Wahlbeeinflussung durch Russland traktiert, weil man von der bewiesenen Wahlmanipulation durch bis zu 87 Millionen Datensätze im eigenen Land ablenken will? Viele Fragen – und immer noch keine Antworten.