Am 27. Mai kündigte der in London erscheinende Economist unter der Überschrift »Zahlen für das neue Wettrüsten« ein »Ende der Friedensdividende« an. Das im Lager der Herrschenden diesseits und jenseits des Atlantiks einflussreiche Blatt wirbt schon länger dafür, sich auf einen langanhaltenden ökonomischen und militärischen Krieg des Westens gegen Russland und China einzustellen. Eine neue »war tax« sei unvermeidlich und schon innerhalb eines Jahres würden die Militäraufwendungen weltweit um rund 10 bis 30 Prozent steigen. Verantwortlich dafür seien nicht die westlichen Staaten, die diese Steigerung besonders vorantrieben, sondern »Russlands Invasion in die Ukraine und Chinas Säbelrasseln gegenüber Taiwan«. Lassen wir diese politische Bewertung eines Säbelrasselns eines Landes gegen einen Teil von sich selbst mal beiseite und konzentrieren wir uns auf das Stichwort »war tax« – Kriegssteuer.
Es besteht nämlich ein innerer Zusammenhang zwischen dieser Umsteuerung auf ein neues Wettrüsten und den in diesem Jahr ganz ungewöhnlichen Haushaltsverhandlungen in Deutschland. Normalerweise läge im Juni schon ein Haushaltsentwurf des Bundeskabinetts auf dem Tisch. Das tut er nicht. Normalerweise sitzt der Finanzminister in den Mai-Wochen mit den Ministern bei Kaffee und Gebäck zusammen, um die Fachressort-Wünsche mit den Haushaltseckdaten in Einklang zu bringen. Auch das ist dieses Jahr anders:
In dieses im parlamentarischen Raum so bezeichnete »Beichtstuhlverfahren« mischt sich nun erstmals seit Jahrzehnten der Kanzler persönlich ein.
Der Grund hängt damit zusammen, was der Economist geschrieben hat. Der jetzt gültige Bundeshaushalt wurde 2022 so vorbereitet, dass angesichts des ausgerufenen Krieges gegen Russland 100 Milliarden außerhalb des Haushaltes bereitgestellt wurden, um der Bundeswehr einen Schub zu geben. Der offizielle Haushalt blieb in der Kontinuität der Jahre vorher. Auf Dauer funktioniert das nicht und übersteigt die finanziellen Ressourcen auch eines Landes wie das (noch) reiche Deutschland.
Bis zum Redaktionsschluss lag der Haushaltsentwurf noch nicht vor. Wir wagen aber die Prognose: Es wird an seinem Zahlenwerk ablesbar der erste nun auch »ordentliche« Kriegshaushalt Deutschlands sein. Denn eines zeichnete sich bereits in den wenigen Verlautbarungen ab, die nach draußen drangen: Herr Pistorius musste nicht in den Beichtstuhl – sein Haushalt wird als einziger von keinen Einsparmaßnahmen betroffen sein. Der Rest wird bluten – für den Ruin Russlands und die weitere unbeschränkte Aufrüstung der Ukraine gegen Russland.