Den jährlichen Tagungen der Kurt-Tucholsky-Gesellschaft hat der in Tucholskys Geburts- und zeitweiliger Wohnstadt Berlin eingetragene Verein eine weitere Konferenz hinzugefügt. Das Arbeitsthema »Schriftstellerinnen und Schriftsteller und politisches Engagement« bewältigte und provozierte in Vorträgen, Workshops und Diskussionen aktuelle und streitbare Fragestellungen und fand mit der Verleihung des Kurt-Tucholsky-Preises für literarische Publizistik an die Kolumnistin Margarete Stokowski im Theater im Palais einen angemessenen Abschluss und emotionalen Höhepunkt.
Hervorhebenswert erscheint mir auch die Tatsache, dass die Humboldt-Universität, an der der Namensgeber der Konferenz seinerzeit studiert hatte, bereits zum dritten Male das Tagungsdomizil bot, diesmal sogar in Gestalt des ehrwürdigen Senatssaales im Hauptgebäude Unter den Linden. Der Vorstand ließ allerdings keinen Zweifel daran, dass das aus finanziellen Gründen wohl kaum nochmals so repräsentativ wiederholbar sein wird …
Der einführende Vortrag des Vorsitzenden Ian King (London) zum Thema »Engagierte Literatur oder Kunst um der Kunst willen« wie auch die Wertungen von Jan Čapek (Pardubice) über den tschechischen Schriftsteller, Politiker und Philosophen Václav Havel und die Ausführungen von Stuart Parkes (Malta) über Böll und Grass als engagierte Schriftsteller sowie der Vortrag der Germanistin und Politikwissenschaftlerin Heidi Beutin (Hamburg) über die Literatenrepublik von 1919 in Bayern rechtfertigten den hohen wissenschaftlichen Anspruch an die Konferenz. Sie verwiesen zugleich auf die Aktualität von Positionen Tucholskys und regten dazu an, das Konferenzthema auch nach der Tagung nicht ad acta zu legen. Mit circa 80 Teilnehmern war die Konferenz gut besucht. Zur musikalisch-literarischen Umrahmung trug das Tucholsky-Programm der Erich-Fried-Gesamtschule Herne in hervorragender Weise bei.