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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Einsparung? Zuerst die Einsparer!

Nun, es wird wahr: Dra­sti­sche Ein­spa­run­gen für die Ber­li­ner Kul­tur sind beschlos­sen. Jetzt stellt sich die Fra­ge, die sich die Staats-Kul­tur-Macher und ihr Volk nicht stel­len: Krieg und Kano­nen oder Kul­tur? Ein Pro­test, so man denn so mutig wäre, könn­te sein, ab jetzt nur noch Anti-Kriegs­stücke zu insze­nie­ren. Und vor jeder Auf­füh­rung wird das Gedicht von Wal­ter Hasen­cle­ver: »Die Mör­der sit­zen in der Oper!« vor­ge­le­sen. Auch Rück­trit­te, wer es sich lei­sten kann oder will, wären mög­lich. Auf alles wer­den wir ver­geb­lich warten.

Da passt es doch gut, dass auch die Kosten für die Stutt­gar­ter Oper aus dem Ruder lau­fen. Das war jedem Stutt­gar­ter, der nicht ganz blöd ist, also nicht vie­len, und ab und zu am Stutt­gar­ter Haupt­bahn­hof vor­bei­kommt, völ­lig klar. Statt einer nun viel­leicht zwei Mil­li­ar­den, aber das ist noch unklar, weil im Inte­rims­bau auf schwie­ri­gem Gelän­de das Kel­ler­ge­schoß ver­ges­sen wur­de. Es ist eben das Niveau die­ser Poli­ti­ker, sagen wir mal Poli­ti­ke­rin­nen, wir sind bei »Kul­tur«, das sich auf ihre Mit­ar­bei­ter aus­wirkt. Oder war das Absicht? Am Anfang wird klein­ge­rech­net, ist das Pro­jekt ange­scho­ben, wird ver­dient und zum Schluss: abgerechnet.

Auch hier hät­te ich einen Vor­schlag: Wir reno­vie­ren das Haus im not­wen­di­gen Umfang (Schrumpf­kur!), der­weil wer­den die nütz­li­chen Mit­ar­bei­ter an Jugend­häu­ser, Schu­len, Bal­lett­schu­len, Musik­schu­len und ande­re Thea­ter gra­tis ver­teilt, auch sozia­le Arbeit (Erst­auf­nah­me­ein­rich­tun­gen) ist denk­bar. Das wäre eine wirk­li­che Berei­che­rung für das Stutt­gar­ter Kul­tur­le­ben und ein zeit­wei­li­ger Ersatz! Die eher nutz­lo­sen Mit­ar­bei­ter, z. B. Inten­dan­ten und Geschäfts­füh­rer etc., lei­hen wir der­weil an die Ukrai­ne aus, dort ler­nen sie, ihr Vater­land zu lie­ben. 

PS: In der Opern­welt 12/​24 wer­den wie­der mal die Füße der Staats­rä­son geküsst. Viel­leicht hofft man dadurch, doch noch als system­re­le­vant durch­zu­kom­men und einen Platz im Bun­ker zu ergat­tern: Von einem »ver­stärk­ten Auf­kom­men« eines »nie­der­träch­ti­gen und geschichts­ver­ges­se­nen Anti­se­mi­tis­mus« ist im Edi­to­ri­al die Rede. Also gibt es auch einen nicht nie­der­träch­ti­gen, im Inter­net fin­de ich als Gegen­teil »ange­nehm, anstän­dig«, ich bre­che hier lie­ber ab. Und geschichts­ver­ges­sen? Wel­che Geschich­te wird hier ver­ges­sen, die der Palä­sti­nen­ser Ende 40er Jah­re bis heu­te? Zum Unglück tra­gen unse­re füh­ren­den Poli­ti­ker zwar nicht das Grund­ge­setz, aber dafür die pas­sen­de Geschich­te immer mit sich herum.

Den­ken Sie sich das Edi­to­ri­al aber nicht zu trau­rig, am Jah­res­en­de darf man wie­der an den viel­leicht wit­zig­sten Sket­sch aller Zei­ten erin­nern: »The same pro­ce­du­re as every year, James.«