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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Eine Esther-Bejarano-Schule

Esther Beja­ra­no, Über­le­ben­de des Ver­nich­tungs­la­gers Ausch­witz, ist im Jah­re 2021 im Alter von 96 Jah­ren in ihrer Wahl­hei­mat Ham­burg ver­stor­ben. Ihr Tod rief tie­fe Trau­er weit über die Stadt­gren­zen hin­aus her­vor. Da sie aber durch ihre anti­fa­schi­sti­schen Akti­vi­tä­ten – auch mit den Mit­teln der Musik – eine wich­ti­ge poli­ti­sche Stim­me gewe­sen war, reg­te ihr Tod auch vie­le Akti­vi­tä­ten an, mit dem Ziel, ihr Lebens­werk leben­dig zu hal­ten. Bald wur­den auch Schu­len nach ihr benannt. In Ham­burg geschah dies am 1. Okto­ber. Die Stadt­teil­schu­le Ham­burg-Bah­ren­feld erhielt ihren Namen. Am 6. Okto­ber fand dort in der dicht gefüll­ten Aula eine Fei­er aus die­sem Anlass statt.

Bei der Benen­nung einer Schu­le nach einer Per­son stel­len sich stets zwei Fra­gen: Ist die namens­ge­ben­de Per­son der Schu­le wür­dig? Und: Ist die Schu­le der Namens­ge­be­rin wür­dig? Die erste Fra­ge beant­wor­tet sich selbst, führt man sich vor Augen, wel­che Lei­stung für das Geden­ken an den Holo­caust, gera­de durch ihre Ver­an­stal­tun­gen in Schu­len, Esther Beja­ra­no erbracht hat. Die zwei­te scheint schwie­ri­ger zu beant­wor­ten; doch die Ant­wort stell­te sich im Lau­fe der Ver­an­stal­tung immer deut­li­cher her­aus: Die­se Schu­le ist Esther Beja­ra­nos würdig!

Die Schul­lei­te­rin Caro­la Ficht­ner erwähn­te, dass die Schu­le im Lau­fe vie­ler Jahr­zehn­te schon ver­schie­de­ne Namen getra­gen habe, und setz­te dann einen Schluss­punkt: »Die­ser Name wird blei­ben!« Ihre Begrün­dung: »Sie berührt uns!« Dies zei­ge sich dar­an, dass die Schu­le im All­tag den Dia­log pfle­ge, der an einer mul­ti­kul­tu­rell gepräg­ten Schu­le wie der Stadt­teil­schu­le Bah­ren­feld essen­ti­ell ist. Anti­ras­sis­mus sei dort eine selbst­ver­ständ­li­che Hal­tung. Dafür, dass die Beschäf­ti­gung mit dem Holo­caust und der Kampf gegen Anti­se­mi­tis­mus den Schü­le­rin­nen und Schü­lern aller Klas­sen­stu­fen ein Anlie­gen sei, brach­te die Schul­lei­te­rin eini­ge Äuße­run­gen aus der vor­an­ge­gan­ge­nen Pro­jekt­wo­che als Beleg vor.

All dies lie­ße sich als Publi­ci­ty für die eige­ne Schu­le abtun. Aber – welch ein Zufall! – die Schu­le wur­de im Rah­men die­ser Fei­er zum drit­ten Mal von EPIZ (Ent­wick­lungs­päd­ago­gi­sches Infor­ma­ti­ons­zen­trum) mit dem Titel »Fai­re Schu­le« aus­ge­zeich­net. Eine aus Ber­lin zu die­sem Zweck ange­rei­ste Mit­ar­bei­te­rin schil­der­te sehr leben­dig, wie sie beim Besuch von Schu­len sofort mer­ken kön­ne, wel­che Atmo­sphä­re an der betref­fen­den Schu­le herrscht: Freund­lich von Schü­lern am Ein­gang begrüßt, im Leh­rer­zim­mer sit­zend, sofort von Lehr­kräf­ten ange­spro­chen, habe sie sich in der Stadt­teil­schu­le Bah­ren­feld sofort wohl gefühlt. Eine bes­se­re Bestä­ti­gung konn­te die Selbst­aus­sa­ge der Schul­lei­te­rin nicht erhal­ten. Esthers gene­rel­le Freund­lich­keit – da, wo eine ent­schie­de­ne Gegen­wehr nicht nötig war! – fin­det sich also auch hier.

Aber ihre Ent­schie­den­heit auch: Die Schu­le hat­te poli­ti­sche Aus­ru­fe­zei­chen gesetzt, indem sie, u. a., Karl Heinz Dell­wo und Rolf Becker – nun wahr­lich kei­ne unbe­schrie­be­nen poli­ti­schen Blät­ter – ein­ge­la­den hat­te, und bei­de nah­men ihrer­seits kein Blatt vor den Mund.

Als Rolf Becker gegen Ende sei­ner Rede Esther Beja­ra­nos bekann­te Hal­tung zur Fra­ge der Palä­sti­nen­ser dar­stell­te, ver­ließ ein älte­rer Mann – wort­los – den Saal. Becker erin­ner­te auch dar­an, dass Esther Beja­ra­no am 25.11.2019 einen Brief an den dama­li­gen Finanz­mi­ni­ster Olaf Scholz geschrie­ben hat­te, um die Aberken­nung der Gemein­nüt­zig­keit von der VVN/​BdA abzu­wen­den, und er zitier­te dar­aus: »Das Haus brennt, und Sie sper­ren die Feu­er­wehr aus!« Er ende­te – mit der Begrün­dung, die­se For­de­rung sei auch im Sin­ne Esther Beja­ra­nos gewe­sen – mit den Wor­ten: »Frei­heit für Juli­an Assange!«