Man will es einfach nicht glauben, aber wenn ich in der Stadt bin, gehört ein Besuch der Büchertelefonzelle auf dem halleschen Marktplatz zu meinem Pflichtprogramm. Obwohl die große Buchhandlung nur ein paar Schritte entfernt ist, in der es ungleich mehr Lesestoff gibt, übt die ungewöhnliche Location doch einen Reiz aus. Sie bietet zwar nur für eine Person Platz, und manchmal heißt es auch, sich in eine Warteschlange einzureihen, denn sie ist Anlaufstelle für viele Leseratten. Deshalb gab es schon den Vorschlag, daneben eine Bank aufzustellen. Da könnte man sich in ein ausgesuchtes Buch erst einmal hineinvertiefen, während ein anderer Interessent derweilen die angebotenen Bestände durchstöbert.
Inzwischen gibt es in Deutschland weit über 3.000 solcher öffentlichen Bücherschränke, meist ausrangierte Telefonzellen. Halle besitzt seit Jahren sogar eine originale Londoner in knalligem Rot. Das 800 Kilogramm schwere Bücherdomizil wird seitdem von den Hallensern auch rege angenommen.
Die Ausleihe ist gratis. Jeder ist herzlich eingeladen, kann in alten Schmökern blättern und sich kostenlos bedienen. Natürlich ist Büchernachschub aus dem heimischen Regal willkommen, sonst funktioniert die Idee ja nicht. Doch die Bücher sollten schon noch halbwegs in Ordnung sein, denn so eine öffentliche Mini-Bibliothek ist keine Papierentsorgungsstelle. Manche Zeitgenossen sind allerdings keine Leseratten, sondern neigen eher zu Vandalismus, und so müssen die ehrenamtlichen Mitglieder des Vereins »Freunde der Stadtbibliothek Halle e. V.« immer wieder kleine und größere Schäden, bis zum mutwilligen Scheibenbruch, ausbessern.