Eine wunderbare Idee: Das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt will anlässlich der Beendigung des Krieges vor 75 Jahren ein Konzert geben. Am Ort einer der blutigsten Schlachten vor den Toren Berlins, auf den Seelower Höhen, soll die 7. Sinfonie, die »Leningrader«, von Dmitri Schostakowitsch erinnern und mahnen. Im Vorverkauf der Eintrittskarten deutete sich bereits großes Interesse an dem Ereignis an. Offenbar waren auch Begehrlichkeiten besonders schützenswerter Personen geweckt worden. Anfang März vermeldete die Lokalpresse, das Staatsorchester habe die Auflage erhalten, den Namen eines jeden Konzertbesuchers an das Bundeskriminalamt zu melden, weil für das Konzert ausschließlich personalisierte, nicht übertragbare Eintrittskarten ausgegeben würden. Zum Konzert dürften nur vorher vom BKA überprüfte Personen. Zum Zweck der Überprüfung seien Name, Geburtsdatum und -ort sowie Anschrift an das Staatsorchester zu übermitteln. Die Auflagen beträfen auch jene, die bereits im Vorverkauf Tickets erworben hätten. Alle Karten würden am Veranstaltungstag gegen Vorlage des Personalausweises oder Passes in personalisierte Karten umgetauscht. Wie bitte? Das BKA überprüft Konzertbesucher und beauflagt mit der Beschaffung der Daten das Staatsorchester?
Gemäß der geltenden Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) darf ich als Bürger auf einem öffentlichen Spielplatz kein lachendes Kindergesicht ohne Einwilligung der Eltern fotografieren. Fast jede Tätigkeit unterliegt dem strengen Datenschutz. Für ein Konzert wird staatlich verlangt, Grunddaten der Person an ein Staatsorchester zu übermitteln, das, wer weiß woher, plötzlich lauter datenschutzkompetente Mitarbeiter hat und beschäftigen kann. Wie erheblich muss die Furcht von besonders zu schützenden Personen vor Konzertbesuchern sein, wenn solche Datenmengen gesammelt werden müssen. Von Interesse wäre, wie Bundes- und Landesdatenschutzbeauftragte diesen Vorgang beurteilen.
Bedauerlich ist, dass die gute Idee zu einer Farce verkommen ist. Im schwer belasteten »Unrechtsstaat« DDR wäre so etwas wahrscheinlich eine »Protokollveranstaltung« für eingeladene Gäste geworden, und möglicherweise hätte es ein normales Konzert für Interessierte gegeben. Im Rechtsstaat entscheidet das Bundeskriminalamt über den Konzertbesuch. Die Corona-Pandemie wird’s richten. Das Konzert soll am 15. Mai stattfinden.