In der noch immer, jetzt mehr denn je, aktuellen Dystopie »1984« von George Orwell, wird bedrückend realistisch erzählt, wie Humanität, Solidarität und sozialer Zusammenhalt zerstört werden. Orwell beschreibt, was reaktionär diktatorische Gesellschaftssysteme möglichst verschleiern, aber dafür praktizieren: »Es wird keine Treue mehr geben, außer der Treue zur Partei, es wird keine Liebe geben, außer der Liebe zum Großen Bruder, es wird kein Lachen geben, außer dem Triumphgelächter über einen besiegten Feind. Es wird keine Kunst geben, keine Literatur. keine Wissenschaft. Wenn wir allmächtig sind, werden wir die Wissenschaft nicht mehr brauchen. Es wird keinen Unterschied geben zwischen Schönheit und Hässlichkeit. Es wird keine Lebenslust geben. Alle Freuden des Wettstreits werden ausgetilgt sein. Aber immer wird es den Rausch der Macht geben, die immer mehr wächst und immer raffinierter wird. Dauernd in jedem Augenblick, wird es den aufregenden Kitzel des Sieges geben, das Gefühl auf einem wehrlosen Feind herum zu trampeln. Wenn Sie sich ein Bild von der Zukunft ausmalen wollen, stellen Sie sich einen Stiefel vor, der in ein Menschenantlitz tritt, immer und immer wieder.«
Wird das in der Zwischenzeit nicht auch in dieser, »unserer« Gesellschaftsordnung praktiziert?
Das Grundgesetz garantiert allen Bürgerinnen und Bürgern Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz. Recht auf Leben. Das Recht, keiner unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung (Folter) unterworfen zu werden. Das Recht auf persönliche Freiheit. Und entsprechend das Verbot der Sklaverei und Leibeigenschaft, der Zwangs- und Pflichtarbeit.
Ist es nicht erstaunlich, dass alle Expertinnen und Experten kein Wort darüber verlieren, dass es immer mehr Frauen und Männer gibt, die nicht mehr Teil dieser »nichtmeinen/unseren« Gesellschaft sind? Die Heuchelei, sich um Arme zu kümmern, ältere Menschen besonders zu schützen, nimmt immer größere Ausmaße an, und all jene, die geloben, Schaden vom deutschen Volk abzuwenden, sind schon lange zu Meineidbäuerinnen und Meineidbauern verkommen, wie sie Ludwig Anzengruber schon 1871 in seinem berühmten Volksstück beschrieben hat – modern formuliert: »links blinken, nach rechts abbiegen«.
Schon bevor das Covid-Virus zuschlug, gab es mehr als deutliche »Maßnahmen« von staatlicher Seite, dass Bürgerin/Bürger im Besitz von Smartphone, Tablet und/oder Heimcomputer samt Internetanschluss sein müssen. Internetbanking ist ohne Smartphone kaum mehr möglich, die neue »Freiheit« des Biertrinkens im Biergarten ist seit der Pandemie ohne eine digitale Ausstattung nicht erlaubt. Corona »Freitests«, digitaler grüner Impfpass, ZugangsApp-Scanmöglichkeiten beim Kauf von Textilien, Möbeln und anderen Geräten zur Steigerung der Gewinnmaximierung und der Börsenkurse sind ohne Smartphone nicht möglich, und eine Auslandsreise ohne diese Geräte kann man vergessen. Der Slogan »Freiheit statt Sozialismus« hat schon lange seine Wirkung verloren und wird durch die Zwangsparole, die keinen ernsthaft zu stören scheint, »Freiheit mit Smartphone-Digitaldiktatur« ersetzt.
Der Zwang zu hohen Investitionen in Hard- und Software für jedes Familienmitglied, vom Kind bis zum Greis, von Hartz-IV-Empfängern, Arbeitslosen über Alleinerziehende bis zu Mindestrentnerinnen und Mindestrentner stört weder Politik noch die zahlreichen Talkrunden, bei denen Moderatorinnen und Moderatoren nur mit Mühe die richtige Aussprache des Wortes »Inzidenz« draufhaben. Das große Schweigen findet statt, wenn es um die vielfach dringend notwendige Schulung weiter Bevölkerungskreise für die Bedienung der Geräte und Systeme geht, das Thema Wartungskosten wird nicht einmal ansatzweise diskutiert. Vom Staat wird die notwendige Weiterbildung für von der Pflichtschule bereits abgegangene Personen gar nicht angeboten.
Immer mehr Bürgerinnen und Bürger leiden unter einer Art digitalem Analphabetismus. Nicht jeder hat Hilfsmöglichkeiten von Enkeln und Nachbarskindern oder, bei nötigem finanziellem Hintergrund, Hilfe von IT-Shops. Das Wissen über die Handhabung der digitalen Technologie, nicht nur beim sogenannten Grünen Pass, fehlt in vielen Fällen, obwohl eine analoge Alternative zumeist billiger und umweltfreundlicher wäre.
Mit leeren Versprechungen und Versprechern werden große Geschäfte gemacht, egal ob es um Schutzmasken, Impftermine oder Schnelltests geht, ohne dass der Staat sofort die damit einhergehenden IT-Kosten für Hard- und Software, für Wartung und Schulung sowie die Netzzugangskosten rückwirkend steuerlich abzugsfähig macht und schon kurzfristig für die staatlich verordnete digitale Zukunft die Mindestausstattung samt Netzanschluss, Schulung und Wartung allen Bürgerinnen und Bürger kostenlos zur Verfügung stellt. Deutschland hat genug »Digitalisierungspolitiker«, wie den Herrn »DigitalLederhosenSöder«, der unermüdlich den digitalen Versprechungsschmäh von einem Misthaufen auf den anderen schaufelt. Derweilen warten die schon seit langem bekannten Probleme in einer Endloswarteschleife auf Lösungsansätze. Skandalös ist da die Forderung von der Europäischen Zentralbank (EZB), das Bargeld abzuschaffen. Telebanking ist wohl ein Teil der EZB-Strategie, und Voraussetzung sind auch in diesem Projekt die digitale Grundausstattung und digitales Knowhow.
Wenn ein Staat oder gleich die gesamte Europäischen Union diese Technologie zur Voraussetzung der Ausübung der Bürgerfreiheit, ja, sogar der Bewegungsfreiheit macht, bleibt ihnen der Vorwurf nicht erspart, den Weg in eine digitale Diktatur zu beschreiten.
Der Milliardär und Gründer des gleichnamigen Autokonzerns, Henry Ford, stellte fest: »Eigentlich ist es gut, dass die Menschen unser Banken- und Währungssystem nicht verstehen. Würden sie es nämlich, so hätten wir eine Revolution vor morgen früh.«
Die digitale Diktatur ist ein überaus wirksames Mittel zur Verschleierung des Grundwiderspruchs zwischen Kapital und Arbeit, sie sorgt dafür, dass es keine Veränderungen gibt. Wehret den Anfängen? Ich fürchte, dazu ist es zu spät! In vielen Lebensbereichen sind wir – wie die Romanfiguren bei George Orwell – längst abhängig von Techniken und Entscheidungsmechanismen (Algorithmen), die die Meisten nicht mehr durchschauen können.