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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Die Spanische Legion

Alle Jah­re am 12. Okto­ber fei­ert Spa­ni­en den Colum­bus-Tag. An die­sem Tag erin­nert das mon­ar­chi­sti­sche Spa­ni­en dar­an, das am 12. Okto­ber 1492 Chri­stoph Kolum­bus die »Neue Welt« ent­deck­te. Der Ent­decker war im Auf­trag des Königs­paars Fer­di­nand II. von Ara­gón und Isa­bel­la I. von Kasti­li­en auf­ge­bro­chen. Wäh­rend das Königs­paar auf rei­che Beu­te hoff­te, muss­ten die Juden auf könig­li­chen Befehl die Ibe­ri­sche Halb­in­sel, Spa­ni­en und Por­tu­gal, ver­las­sen. Seit Kolum­bus‘ Welt­ent­deckung begeht Spa­ni­en die­sen Tag, auch wenn das kolo­nia­le Welt­reich bis auf die Enkla­ven Ceu­ta und Mel­il­la in Marok­ko geschrumpft ist. Tat­kräf­tig an die­sem Geden­ken betei­ligt sind die USA: Zuerst wur­de Kuba befreit, damit sich dort die Mafio­si aus den Staa­ten ansie­deln konn­ten. Danach wur­den die Phil­ip­pi­nen befreit. Die ehe­ma­li­ge Zen­tra­le der phil­ip­pi­ni­schen Tabak­fa­bri­ken ist heu­te das Hotel »H 1898« an der Ram­blas in Barcelona.

Die »Spa­ni­sche Legi­on« (span. Legión Espa­ño­la), die ehe­ma­li­ge Frem­den­le­gi­on, wur­de am 28. Janu­ar 1920 durch ein könig­li­ches Dekret als Eli­te­ein­heit zur beson­de­ren Ver­wen­dung gegrün­det, so gegen die rebel­li­schen Rif-Kaby­len in Marok­ko, das damals spa­ni­sches Pro­tek­to­rat war. Auf­ge­baut wur­de die Legi­on vom Offi­zier José Mil­lán-Astray y Ter­re­ros aus A Coru­ña. Nach kur­zem Stu­di­um an der Aca­de­mia de Infan­te­ría de Tole­do (Infan­te­rie­schu­le), wur­den wegen der Kolo­ni­al­krie­ge Offi­zie­re benö­tigt. Als Leut­nant wur­de er nach sei­nem Stu­di­um an der Gene­ral­stabs­schu­le 1896 zur Bekämp­fung des Auf­stan­des auf die Phil­ip­pi­nen ver­setzt. Im Sin­ne der Betrei­ber der Tabak­fel­der und des Gene­ral­stabs bekämpf­te Astray den Auf­stand der Arbei­ter und wur­de für sei­ne mili­tä­ri­sche Tat­kraft mit dem »Cruz de María Cri­sti­na« und dem »Cruz Pri­mera Cla­se al Méri­to« deko­riert. Nun ein Natio­nal­held in Spa­ni­en, mach­te er sich Gedan­ken für die Erneue­rung des Mili­tärs. Die Umset­zung der Ideen erfolg­te 1919. Astray konn­te den Kriegs­mi­ni­ster, Gene­ral Tovar, von sei­nen Plä­nen über­zeu­gen. Nach sei­ner Beför­de­rung zum Oberst­leut­nant grün­de­te er drei Wochen spä­ter die spa­ni­sche Frem­den­le­gi­on, das »Ter­cio de Extran­je­ros«. Zu sei­nem Stell­ver­tre­ter ernann­te er Fran­cis­co Franco.

Mil­lán Astray führ­te nicht nur die Legi­on, er begrün­de­te auch die Zere­mo­nien, erfand die Sym­bo­le wie die Riten der Legi­on und den Korps­geist der Trup­pe. Aus den ersten Mona­ten des spa­ni­schen Bür­ger­kriegs ist eine Epi­so­de über­lie­fert, die sei­nen Hass auf die Intel­lek­tu­el­len belegt. Am 12. Okto­ber 1936 hat­te Mil­lán Astray mit dem Schrift­stel­ler und Rek­tor der Uni­ver­si­tät von Sala­man­ca, Miguel de Unamu­no, ein Streit­ge­spräch. Trotz anfäng­li­cher Über­ein­stim­mun­gen eska­lier­te die Dis­kus­si­on beim The­ma Faschis­mus. Dar­auf schrie der Mili­tär Astray: »Muer­ta la inte­li­gen­cia!« Über­setzt: »Tod den Intel­lek­tu­el­len!« Von der Uni­ver­si­tät muss­te sich der Rek­tor dar­auf­hin zurück­zie­hen, er ver­starb kur­ze Zeit danach. Astray hin­ge­gen wur­de 1940 Mini­ster für Pres­se und Pro­pa­gan­da. Sein Abgang kam jedoch schon 1941, er ver­lieb­te sich in Rita Gas­set, zeug­te mit ihr eine Toch­ter, ver­ließ sei­ne Ehe­frau. Um dem Skan­dal zu ent­ge­hen, flüch­te­ten sie nach Lissabon.

Nach ihrem Ein­satz gegen die Spa­ni­sche Repu­blik von 1936 bis 1939 war die Legi­on in den 50er und 60er Jah­ren vor allem bei der Nie­der­schla­gung der Auf­stän­de in Nord­afri­ka tätig. Nach dem Tod des Dik­ta­tors Fran­cis­co Fran­co am 20. Novem­ber 1975, vor allem aber wegen der Auf­ga­be des Pro­tek­to­rats in Marok­ko, wur­de die Legi­on nach Spa­ni­en zurück­ver­legt. 1987 gab es für die Regie­rung der »Part­ido Socia­li­sta Obreo Espa­ñol« und ihren Mini­ster­prä­si­den­ten Feli­pe Gon­zá­lez die Chan­ce, die »Ter­cio de Extran­je­ros« auf­zu­lö­sen. Beschlos­sen wur­de vom Gon­zá­les jedoch ledig­lich, dass kei­ne Aus­län­der mehr in der Legi­on »die­nen« dür­fen. Im Jahr 2000, Mini­ster­prä­si­dent war nun José María Aznar von der »Part­ido Popu­lar«, wur­de der Beschluss von 1987 jedoch wie­der auf­ge­weicht; seit­dem kön­nen Aus­län­der, deren Mut­ter­spra­che Spa­nisch ist, wie­der in die Legi­on und in die Armee auf­ge­nom­men werden.

In Erschei­nung tritt die Legi­on an jedem 12. Okto­ber, dann para­diert die Trup­pe gemein­sam mit ande­ren Waf­fen­gat­tun­gen in Madrid über den Pas­seo del Pra­do. Stets dabei ist das Mas­kott­chen, ein Zie­gen­bock mit gold­ge­färb­ten Hörnern.

Ange­spro­chen wer­den die Legio­nä­re mit »Cabal­le­ro Ligio­na­rio« (etwa Herr Legio­när). Die Trup­pe steht aber nun auch Frau­en offen, sie wer­den »Dama Ligio­na­ria« genannt. Die Legi­on hat zwei Hym­nen: Die offi­zi­el­le nennt sich: »La can­ción del legio­na­rio« (Lied des Legio­närs), die inof­fi­zi­el­le »El novio del al muer­te« (Der Bräu­ti­gam des Todes). Die Legio­nä­re dür­fen Bär­te haben, ihre Hem­den offen tra­gen, auch Täto­wie­run­gen sind erlaubt. Ihr Exer­zier­feld liegt unweit von Alme­ria im Win­kel der Schnitt­punk­te zwei­er Auto­bah­nen – der A 7 von Bar­ce­lo­na nach Alge­ci­ras und der A 92 in Rich­tung Gra­na­da. Sicht­bar auf einem Hügel das Signet der Legi­on. Seit­dem ich auf der A 7 ent­we­der in Rich­tung Mála­ga oder nach Bar­ce­lo­na mit dem Auto vor­bei­fah­re, ist mei­ne Hoff­nung, dass die Legi­on end­lich ihre Flü­gel streicht und sich für immer auf­löst – allein wegen ihrer Teil­nah­me und ver­bre­che­ri­schen Taten im Spa­ni­schen Bür­ger­krieg. Nur hier spielt das katho­li­sche Epi­sko­pat nicht mit. Statt­des­sen darf die Spa­ni­sche Legi­on auch wei­ter­hin ihre bigot­te Show am »Colum­bus-Tag« aufführen.