Die erste große Aktion der voraussichtlich neuen Regierungskoalition steht nun im Raum. Hatte man Inhaltliches erwartet, wurde daraus nichts. Nein, es geht nur um astronomische Summen, die bisher im bundesdeutschen Politikbetrieb unvorstellbar waren. Aber die Tendenz dazu war schon vorhanden. Begann es mit der Finanzkrise 2007/8? Oder erst mit dem demonstrativen Papier-auf-den-Tisch-Knallen eines ehemaligen Finanzministers während der Corona-Krise (der erste »Wumms«)? Aus der gleichen Quelle kamen dann der »Doppelwumms« und der »Zeitenwende«-Brocken von 100 Milliarden. Jetzt also zweimal 500 Milliarden. Und die Begründung? Zwei dürre Floskeln: »Rüstung« und »Infrastruktur«.
Mir sträuben sich die Haare allein aufgrund der Zahlen: Eine so glatt gerundete Schätzung ist meist nicht inhaltlich fundiert; meine Chefs hätten mich schon bei einer sehr viel geringeren Pauschalsumme aus dem Büro geschmissen mit dem Auftrag, die Schätzung zu überarbeiten. Aber das wird in den hohen Ebenen kaum passieren: Der unvorstellbare Betrag wird von diversen »Verkündern« (sprich: willfährigen Kommentatoren) schon als notwendiges Übel angepriesen. Und kein Wähler, der sein Kreuz bei den sogenannten »Altparteien« gemacht hat, will jetzt noch an die Warnungen denken: Die eine Führungskraft hat in ihrem politischen Leben schon große Summen versenkt (und kann sich an manche gar nicht mehr erinnern …), und ein anderer Politiker war etliche Jahre Manager des Großkapitals! Und das soll nicht erkennbar gewesen sein?
Dass die bundesdeutsche Infrastruktur dringend saniert werden muss, ist ja nichts Neues. Ob das geschrumpfte Nahverkehrs-Netz, die Statik von Brücken, der Zustand öffentlicher Gebäude, die eingedampfte Kulturszene oder die Ausstattung für die Digitalisierung – kaum ein Gebiet, das nicht nach Erneuerung bzw. Erweiterung schreit. Doch dafür 500.000 Millionen ausgeben? Wer weiß denn heute, wieviel von dieser gigantischen Summe nicht wieder irgendwo »versickert«?
Für mich liegt der eigentliche Skandal in der anderen Summe: weitere 500.000 Millionen für den Krieg! Welchen Krieg führt denn die Bundesrepublik? Welche Risiken gibt es für die nächste Zukunft? Welche ausländischen Politiker drohen unserem Land mit Krieg? Oder hat ein anderes Land gegen die Bundesrepublik aggressive Maßnahmen ergriffen, z. B. auf wirtschaftlichem Gebiet? Wie hat unsere Regierung versucht, aufkommende Spannungen abzumildern bzw. abzubauen?
Wenn dem so wäre: Könnte man eine derartige Zuspitzung der Geopolitik nicht abwenden, ohne dass Menschen sterben müssen, ganze Landstriche verwüstet und sogar Nationen ins Elend gestürzt werden? Hat man in unserem Land nichts gelernt aus dem Waffenrasseln und den Kriegsgelüsten der letzten 110 Jahre? Ein Rückblick in die Außenpolitik der letzten Jahre scheint hier angebracht: Was wurde aufgewendet an diplomatischem Fingerspitzengefühl, an brauchbaren Initiativen zur Krisenbewältigung, beruhigendem Einwirken auf Konflikte? Dabei ist doch aus der menschlichen Entwicklung eines ableitbar: Gekonnte Diplomatie ist günstiger als jede Aufrüstung! Das setzt zumindest die Fähigkeit des Zuhörens voraus, das Ernstnehmen abweichender Meinungen und Interessen. Wenn man jedoch jahrelange Warnungen in den Wind schlägt, soll man sich nicht wundern, wenn dann ein Sturm zurückkommt. Der angebliche »Nachteil« der Diplomatie gegenüber der Aufrüstung ist wahrscheinlich für einige sehr entscheidend, nämlich: Rüstung bringt dicke Renditen, die der Staat garantiert – und zwar mit unseren Steuern! Das ist interessant für einige wenige, die dabei gewinnen – die große Mehrheit der Bevölkerung wird dafür zur Kasse gebeten. Genau darin scheint das Problem zu liegen: Diplomatie bringt keine Rendite.
Doch auch ein sogenanntes Sondervermögen kann nicht von irgendwoher kommen – dafür sind Kredite aufzunehmen, die auch zurückgezahlt werden müssen, und zwar mit beträchtlichen Zinsen. Betrachtet man die gängigen Zinsen von ca. 3 Prozent p.a. für Bundesanleihen und eine mögliche Laufzeit derartiger Anleihen von 30 Jahren, kann für die gesamte jährliche Rückzahlung/Annuität (Tilgung plus Zinsen) für eine Billion Euro grob geschätzt werden, dass jährlich mindestens 50 Milliarden Euro aufgebracht werden müssen. Stellt man dem gegenüber, dass sich der Bundeshaushalt auf ca. 480 Milliarden jährlich beläuft, wäre diese Rückzahlung ein zusätzlicher Kostenfaktor (ohne Berücksichtigung der Inflation) von über 10 Prozent für den Staatshaushalt – und das bei schon heute leeren Kassen! Welcher verantwortungsvolle Politiker lässt sich auf so etwas ein? Unwillkürlich kommen mir die MEFO-Wechsel in den Sinn, die – bei ebenfalls leeren Kassen im deutschen Staatshaushalt – von der Hitlerregierung zur Kriegsaufrüstung ausgegeben wurden …
Welche Unternehmen können der BRD eigentlich derartig hohe Summen zur Verfügung stellen? Sicher nur die ganz großen Investmentfirmen wie Vanguard, JP Morgan, State Street oder – wen wundert es noch – BlackRock, der ehemalige Arbeitgeber von Herrn Merz. Ob der wohl seinen politischen Verhandlungspartnern einen Tipp gegeben hat, wo sie die vielen Milliarden herbekommen können? Möglich wäre es, vielleicht außerhalb des Protokolls. Und dass das »Große Geld« auch Macht haben will, wurde dieser Tage sichtbar: BlackRock wird Eingang und Ausgang des Panamakanals kaufen. Dann ist diese weltweit wichtige Schifffahrtsstraße im Besitz eines US-Unternehmens. Gehört damit der Kanal wieder zur Einflusssphäre der USA, wie es Donald Trump möchte?
Aber zurück zu den vielen Milliarden: Was passiert denn, wenn die Bundesregierung diese Summe nicht zurückzahlen kann, weil das Staatssäckel leer ist oder weil die nächste, vielleicht hausgemachte Krise bereits vor der Tür steht? Welche Garantien muss die Bundesregierung den Kreditgebern zusichern für solch einen Fall: Überschreibung von Liegenschaften, Ländereien oder Immobilien? Und kann die kommende Bundesregierung überhaupt Entscheidungen treffen, die über ihre Legislaturperiode hinausgehen? Müsste ein solcher »Zehnfach-Wumms« nicht die Zustimmung aller politischen Parteien bzw. Kräfte erfordern? Können sich überhaupt vier Personen auf ein Podium stellen und, ohne mit der Wimper zu zucken, solch ein Vorgehen verkünden? Und dies sogar, nachdem die CDU im Wahlkampf das Versprechen gab: »Die Schuldenbremse bleibt!«
Eine Woche später gilt solch eine Wahlaussage schon nicht mehr? Wie groß muss die gedankliche »Blase« bei einigen Politikern sein, dass sie denken, die Leute sind im Faschingstaumel und merken nichts?