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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Die letzten Tage

Bei den Salz­bur­ger Fest­spie­len, nicht nur die Kar­ten­prei­se geben Aus­kunft über das Publi­kum, gab es auch eine Ver­an­stal­tung (So., 3.8., 15 Uhr!) mit Erwin Stein­hau­er über »Die letz­ten Tage der Mensch­heit« von Karl Kraus. Schrei­ben wir es nie­der, auch wenn es die eine oder der ande­re schon weiß: ein durch­aus aktu­el­les Anti­kriegs­stück, sowohl was die Rol­le der Pro­pa­gan­da, also der Pres­se (heu­te Medi­en) angeht, die die­se Höl­le nach Kraus erst geschaf­fen hat, und sie vier Jah­re lang befeu­er­te, wie die Rol­le des Mili­tärs, das damals schon unse­re Wer­te verteidigte.

Das Publi­kum, in dem ich mehr Aktio­nä­re von Rhein­me­tall oder Pfi­zer ver­mu­te als Anti­mi­li­ta­ri­sten, spen­de­te kräf­ti­gen Bei­fall, zum Teil ste­hend. Das war sicher auch dem groß­ar­ti­gen Vor­trag von Stein­hau­er geschul­det, der einen Ein­druck ver­mit­tel­te, wie wohl die Vor­le­sun­gen und »Thea­ter­auf­füh­run­gen« von Kraus vonstattengingen.

Übri­gens auf »neue­stem« Stan­de, gab es doch, was ich noch nie gese­hen habe, bei der musi­ka­li­schen Beglei­tung ein The­re­min. Das ist ein Musik­in­stru­ment, das berüh­rungs­los gespielt wird. Das hat etwas wirk­lich Fantastisches.

Man kann, wenn man das Ver­hal­ten der Damen vor der Bar in Rech­nung stellt, eher ver­mu­ten, dass das Publi­kum einen frei­en Sonn­tag­nach­mit­tag nicht aus­hält, oder, doch bes­ser: nicht alle ver­lo­ren sind? Wir ver­ges­sen die Coro­na-gläu­bi­ge, die Ukrai­ne-gläu­bi­ge und die Isra­el-gläu­bi­ge Lin­ke (und den Rest des Main­streams), hof­fen auf Ein­zel­ne, die noch Sehen und Hören (und Ver­ste­hen) kön­nen; und viel­leicht waren auch ein paar jener KPÖ-Wäh­ler im Publi­kum, die Salz­burg in die Schlag­zei­len gebracht haben.

Auch wenn nach Karl Kraus zu Recht der Krieg nicht aus ist und nie war, son­dern gera­de jetzt in eine neue hei­ße Pha­se über­geht, so doch hof­fent­lich auch der Wider­stand an allen Fron­ten, auch an der »Kul­turfront«.