Der Intendant des Rudolstädter Theaters, der Dichter und Romancier Steffen Mensching, will jedes Jahr etwas aus eigener Feder an seinem Theater aufführen. In diesem Jubiläumsjahr nahm er ein Stück des Berliners Karsten Laske zur Uraufführung an und gab auch als Regisseur Eigenes hinzu. Wir vermuten mal, die großartigen musikalischen Intermezzi stammen von ihm, die alle Schauspieler von hoch droben den Zuschauern bieten: Zeit-Texte aus den Mauerfall-Zeiten, Gisela Steineckert bis Katja Epstein, musikalisch und textlich sacht ironisiert.
Ganz theaterpraktisch dient das Liedgut auch dem Umbau. Das ist hier eine klappende Mauer (Bühnenbild und Kostüme – Applaus für Monika Maria Cleres): da Ostbetongrau mit Stasi-Tisch und Stuhl, dort blümchenbunt – denn die Hauptfigur Konrad Polauke (Markus Seidensticker, Springinsfeld und Charmeur im Hawaiihemd) ist Blumenhändler in Steglitz, der seinen Gewinn durchs Währungsgefälle macht – im Osten für 80 Pfennige einkaufen, im Westen für 5,80 DM verkaufen. Nebenbei hat er in der DDR allerlei Kinder gezeugt, die im Jahr 1989 bei ihm auftauchen. Er muss sie drum vor seiner Geschäftsfrau und Geschäftsinhaberin (Verena Blankenburg: echte West-Tussi) verbergen. Sohn Maik (Philipp Haase) hat folglich einen Russen zu spielen und nennt sich Pawel Kortschagin. Freund des Hauses ist RIAS-Musikredakteur Olaf Leitner, der hier Breitner heißt.
Die Dialoge beginnen eher schwach, unsereins vermisst Menschings Wortwitz und Kalauerfreude. Dann werden sie stark, es gibt hübsche Chargen, als Beispiel sei Johannes Arpe als türkischer Kurde genannt. Zum Schluss folgte bei der Premiere stärkstes Getrampel.
Die Story ist da interessant, wo sie nicht nur Nacherzählung ist (WIR & das Jahr 1989), sondern versucht, die Weltgeschichte zu kippen, sprich: zu klappen. Das misslingt im Stück, ist aber dadurch höchst komisch. Nun ersehnt unsereins den 3. Oktober 2020, wenn alle Feierhuberei endlich endet.
Nächste Aufführungen von »Hilfe, die Mauer fällt!«: 8.12. – 15 Uhr, 21.12. und 31.12. jeweils 19.30 Uhr