Das Ausmaß der Schäden durch die Corona-Maßnahmen lässt sich schwer beziffern. Das Gesundheitsministerium und das Paul-Ehrlicher-Institut kümmern sich kaum um die systematische Erfassung von Impfschäden, Für Ärzte wiederum ist die Meldung von Verdachtsfällen aufwändig und deshalb teuer. Die medizinischen Opfer sind eine einzige Dunkelziffer.
Aber auch in anderen Bereichen ist die Dimension der Schäden kaum zu ermessen. Politischer Aufklärungswille ist eher nicht vorhanden. Man ahnt aber aus eigener Beobachtung und Erfahrung, dass die Maßnahmen womöglich mehr Schaden angerichtet haben als das Virus selbst. Bekannt ist, dass sich die Zahl internetsüchtiger Jugendlicher in Deutschland während der Corona-Zeit auf 680.000 verdoppelt hat. Oder dass auch die Zahl anderer psychischer Schäden bei Jugendlichen signifikant gestiegen ist. Und wie u. a. ein Report des »Instituts für Medizinische Soziologie und Rehabilitationswissenschaft« der Berliner Charité belegt, starben Tausende Bewohner von Altenheimen an Einsamkeit oder erlitten dementielle Schübe, so dass sie schon bald ihre Angehörigen nicht mehr erkannten. Vor solchen Konsequenzen wurde von Psychologen oder Einsamkeitsforschern durchaus rechtzeitig gewarnt – mal abgesehen vom gesunden Menschenverstand. Doch alle begründeten Warnungen wurden im mit viel Getöse geführten »Krieg gegen das Virus« (Emmanuel Macron) einfach überhört.
Sehenden Auges wurden massive Schäden an Gesundheit, Gesellschaft und Grundrechten in Kauf genommen. Und auch im Rückblick erscheinen gerade die einschneidendsten Maßnahmen als besonders fragwürdig. Ein Team der Max-Planck-Gesellschaft für Gesellschaftsforschung wertete Daten zu Corona-Maßnahmen und Infektionsgeschehen aus 132 Ländern aus. Die Untersuchung kommt zu dem Ergebnis, dass die gesellschaftlich und psychologisch harmlosesten Maßnahmen zugleich die wirksamsten zur Eindämmung der Pandemie waren. Es wäre ausreichend gewesen, Beschränkungen für Versammlungen mit mehr als 100 Personen und Quarantänevorschriften für Reisende aus Hochrisikogebieten zu erlassen. Dazu Empfehlungen für Heimarbeit und die vorübergehende Schließung einzelner Firmen und Schulen. Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen, allgemeine Lockdowns, systematische Schulschließungen oder der Ausschluss von Ungeimpften trugen nicht zur Eindämmung bei, verursachten aber gleichzeitig die schlimmsten Schäden.
Obwohl – wie gesagt – schon während der Pandemie zahlreiche gut begründete Einwände gegen Kontaktverbote, die 2G-Regeln oder die Schulschließungen vorgebracht wurden, stellten sich große Teile der gesellschaftlichen Linken und der Partei die Linke hinter die Maßnahmen: Aus Solidarität mit besonders gefährdeten Gruppen müsse man auf Freiheitsrechte verzichten. Abgesehen von der Frage, ob es sich in Altenheimen leichter an Einsamkeit als an Corona stirbt, wen man also zu Tode schützt, waren gerade die Linken wie besoffen von der sogenannten Solidarität mit den Schwächsten. Man schien gar zu glauben, dass die Corona-Maßnahmen eine Art emanzipatorische Zeitenwende bedeuten würden, ein Modell für die Zukunft, in der die Regierung die Solidarität mit den Schwächsten endlich über die Kapitalinteressen stellen würde. Stattdessen verdienten gerade die Kontaktlos-Unternehmen (Amazon, Paket- und Lieferdienste usw.) Milliarden durch die Corona-Maßnahmen. Proteste gegen die Corona-Maßnahmen, jegliche Abwägung zwischen Nutzen und Schäden, wurden auch von den Linken als unsolidarisch und »rechts« verteufelt, die Menschen auf der Straße als Antidemokraten und »Querdenker« beschimpft. Und die Behauptungen von Regierung und RKI über die Wirksamkeit einzelner Maßnahmen wurden vollkommen unkritisch übernommen. Psychische Krisen von Hunderttausenden von Kindern und Jugendlichen; einsam sterbende alte Menschen; der durch die Maßnahmen im globalen Norden verursachte Verlust der Existenzgrundlage von Millionen von Menschen im globalen Süden; die Diskriminierung von Impfunwilligen als Aussätzige oder die Beschädigung der Demokratie – auch für die Linke nur Kollateralschäden. Einige von ihnen wollte es sogar noch weitertreiben. U. a. von Katja Kipping oder Luisa Neubauer wurde im Januar 2021 »Zero Covid« gefordert – die Schließung aller Schulen, Büros und Fabriken bis das Virus einfach weg wäre. Abgesehen davon, dass das naturwissenschaftlicher Unsinn war, wie sollte man ohne Hungersnöte, Bürgerkriege und repressivste Überwachung das gesamte wirtschaftliche und soziale Leben von acht Milliarden Menschen zum Stillstand bringen?
Tatsächlich war schon die durchgesetzte Lockdown-Politik keine Solidarität mit den Schwächsten, sondern eine Variante des Klassenkampfes von oben. Die oben nämlich waren von den Einschränkungen nicht nur weniger betroffen, sie bescherten den Reichen »das finanziell erfolgreichste Jahr in der Menschheitsgeschichte« (Die Zeit). Und verfestigten so die Machtverhältnisse, die die Linken doch überwinden wollen.
Selbst für den diskutierten gesetzlichen Impfzwang gab es Unterstützung von Linken. Alle Bedenken, welche Nebenwirkungen ein nicht getesteter Impfstoff haben könnte, wurden von ihnen nicht ernst genommen. Von den Linken gab es nicht einmal Widerspruch, als Jan Böhmermann ungeimpfte Kinder mit Ratten verglich; als Ungeimpfte von der Netzkampagne Volksverpetzer als »faschistische Bagage«, von der taz als »Staatsfeinde«, von Peter Maffay als »Gefährder« und vom Schriftsteller Robert Misik als »Anti-Impf-Terroristen» bezeichnet wurden.
Laut einer Untersuchung der Universität Basel war ein großer Teil der Maßnahmen-Kritiker, der »Querdenker« also, ursprünglich Anhänger der Grünen oder Linken. Von ihren eigenen Weggefährten als »rechts« bezeichnet zu werden, hat zu den Entfremdungen beigetragen. Ebenso die Zustimmung der Grünen und Linken zu den unverhältnismäßigen Grundrechtseinschränkungen.
Nun kämpften die Linken wieder mit aller Kraft »gegen rechts«, wobei sie sich hier eigentlich zunächst mit sich selbst beschäftigen müssten.