Die Stadt Essen gibt ihren Widerstand gegen die Durchführung des AfD-Parteitages in der Grugahalle/Messe Essen nach einem gegen sie gerichteten Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen auf.
Die Stadtverwaltung hatte ihren Rückzug vom Mietvertrag mit einer in der AfD um sich greifenden »fortschreitenden Radikalisierung« der Positionen begründet; dabei verwies sie unter anderem auf die Verurteilung des thüringischen AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke wegen der strafbaren Verwendung der SA-Losung »Alles für Deutschland«. Die Verwaltung ergänzte, es gebe weitere »konkrete Anhaltspunkte«, dass bei dem Parteitag ähnliche Äußerungsdelikte zu erwarten seien. Sie bezog sich dabei u. a. auf ein entsprechendes Gutachten des Soziologen Andreas Kemper. Er hatte Belege dafür gesammelt, dass Björn Höcke vor seiner Zeit in der AfD mit dem Tarnnamen »Landolf Ladig« in NPD-Medien publizierte.
Um verfassungswidrige, antidemokratische und menschenrechtsverletzende, also strafbare Aussagegen während des Parteitags zu verhindern, verlangte der Stadtrat eine entsprechende Selbstverpflichtung der AfD, was diese verweigerte. Daraufhin kündigte Essen den Vertrag.
Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wies die Aufkündigung des Überlassungs-Vertrages der Messe Essen mit der AfD für ihren Bundesparteitag nun zurück. Es bezog sich auf den »Anspruch der AfD auf Gleichbehandlung«. Sie dürfe nicht anders behandelt werden als andere politische Parteien, die dort auch schon getagt hatten.
In der Begründung führte das Gericht aus, dass die Nutzung der AfD nur versagt werden dürfe, wenn die konkrete Gefahr strafbarer Handlungen bestehe. Bei der Beurteilung dieser Frage müsse im Fall von politischen Parteien ein strenger Maßstab nach der Verfassung angelegt werden. Das Gericht konnte keine hinreichend evidente Tatsachengrundlage dafür erkennen, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Rechtsverletzungen kommen könne.
Das Essener Friedensforum verwies vor Monaten schon auf inhaltliche Positionen der AfD und mahnte, dass der Parteitag der AfD nicht dafür genutzt werden dürfe, den Eindruck zu erwecken, sie sei eine ganz normale demokratische Partei.
Ich zitiere aus der Begründung: »Das Essener Friedensforum unterstützt die Bemühungen der Stadt Essen, ein Durchführungsverbot für den AfD-Bundesparteitag 2024 in der Messe Essen gerichtlich zu erwirken. Essen war als damals von den Nazis so genannte ›Waffenschmiede des Reiches‹ massiv vom Kriegsgeschehen des Zweiten Weltkrieges erfasst. Zehntausende Essener zahlten mit ihrem Leben oder dem Verlust ihrer Häuser. ›Man muss sich darüber klar sein, dass diese Stadt zu einem hohen Prozentsatz abgeschrieben werden muss‹, schrieb J. Goebbels, damals Nazi-Propaganda-Chef zwei Jahre vor Kriegsende in seine privaten Aufzeichnungen.
Der AfD-Spitzenpolitiker Alexander Gauland verharmloste das Schicksal des von den Nazis in den Krieg geführten Landes als ›Vogelschiss in der Geschichte‹.
Wir wissen von den Widerstandskämpfern gegen den damaligen faschistischen Terror, dass der Widerstand vor 1933 weniger entschieden war, als er es hätte sein müssen, da die Menschen noch keine Erfahrung mit dem Faschismus an der Macht hatten. Das ist heute anders. Zu den Führungspersönlichkeiten der AfD gehört der Faschist Björn Höcke, der für eine Politik der ›wohltemperierten Grausamkeit‹ wirbt und von einem Deutschland mit einer ›tausendjährigen Zukunft‹ spricht.
- Höckes Grausamkeiten lehnen sich entsprechend an den völkisch-nationalistischen Rassismus und Antisemitismus der Nazis und heutiger Rechtsextremer an. Geheimtreffen mit AfD-Beteiligung, auf denen sie ›Remigration‹ sagen, aber millionenfache Deportation meinen, verdeutlichen, welche Gefahr von dieser Partei ausgeht. Sie ist zudem eine Partei der Hochrüstung, in deren Programm neben einer Aufrüstung der Bundeswehr die Forderung steht, mit einem ›starken Korpsgeist, (…) Traditionen und deutsche Werte, Tugenden des Soldaten (…), Ehre, Treue, Kameradschaft und Tapferkeit‹ zu pflegen. Statt die Verbrechen des deutschen Militarismus in den Jahrhunderten seit Preußen zu benennen, fordert die AfD: ›Die Bundeswehr muss die besten Traditionen der deutschen Militärgeschichte leben. Sie helfen, soldatische Haltung und Tugenden – auch in der Öffentlichkeit – zu manifestieren. Militärisches Liedgut und Brauchtum sind Teil davon.‹
Der von der in dieser Programmatik enthaltene Militarismus hat die Welt schon wiederholt ins Verderben geführt. An dieser Tradition anzuknüpfen, würde die heutige Welt mit hunderten Nuklearanlagen und Chemiebetrieben sowie tausenden Atombomben ins Inferno führen, in den letzten Krieg der Geschichte.
Die Milliarden, die die AfD für die weitere Aufrüstung verlangt, fehlen in der Daseinsvorsorge für die Menschen in Deutschland. Die AfD hat im Bundestag entsprechend u. a. gegen Verbesserungen für Arbeitslose, Wohnungssuchende und junge Familien gestimmt, während sie sich für Steuerentlastungen für Besserverdienende einsetzt.
Aus all diesen Gründen ist der Essener Parteitag der AfD unbedingt zu verhindern. Es darf nicht der Eindruck entstehen, die AfD sei eine normale Partei.«