Die Europäische Kommission hat in ihrer Sommerprognose die BIP-Aussichten für Deutschland nach unten korrigiert, auf -0,4 Prozent. Damit liegt Deutschland in der Eurozone (+ 0,8 %) hinten und auch z. B. gegenüber Spanien (+ 2,2 %) oder Frankreich (+ 1 %) im Hintertreffen. Deutschland dürfte das einzige Industrieland weltweit sein, dessen Wirtschaft im Jahr 2023 schrumpft.
Rezessionen treten normalerweise zyklisch im Abstand von ca. 6 bis 10 Jahren auf, wobei »außerordentliche« politische und ökonomische Einflüsse eine Rolle spielen. Die letzte Rezession in Deutschland war (Corona-getriggert) 2020, davor 2009 (zusammen mit der Finanzkrise). Jetzt, 2023, ist ergo keine zyklische Rezession angesagt. Es ist vielmehr ein »Schock«, der folgendermaßen erklärlich ist: Zur Behauptung ihrer angeknacksten »weltweiten Führungsrolle« richten die USA Wirtschaftskriege nicht nur gegen Russland und China, sondern auch – als Kollateralschaden des Ukraine-Krieges – gegen Europa, besonders gegen Deutschland. Es seien der »Inflation Reduction Act« genannt, der zur Abwanderung von zukunftsorientierten Investitionen aus Europa in die USA führt, oder der Import von teurem US-Fracking-Gas anstelle von russischem. Das deutsche Geschäftsmodell – basierend auf »dem besten Niedriglohnsektor Europas« (G. Schröder) – ist ziemlich abgewürgt. Das bedingt die aktuelle Wirtschaftsflaute und das Gezerre um einen steuer-subventionierten Industriestrom. Deutschland frönt dazu einer selbstschädigenden Unterordnung unter USA&NATO und ringt verzweifelt um »Wachstum« (Länder wie z. B. Spanien, das weniger von russischer Energie abhängig war und ist, sind nicht vom Schrumpfen betroffen). Darüber hinaus sind die deutschen Bemühungen, in einer »multipolaren« (genauer: multi-imperialistischen) Welt ein Plätzchen an der Sonne zu behaupten, gewaltig überschattet von multiplen Krisen und Katastrophen. Über einem »Gespenst der Deindustrialisierung«, das hierzulande schon beschworen wird, drohen Gefahren ganz anderer Dimension. Sämtliche relevanten Mächte konkurrieren um Wachstum, Rohstoffe, Absatzmärkte, Kapitalanlage- und Einflussgebiete auf einem Globus, der längst zu klein ist für das kapitalistische Wachstum. Der »Erdüberlastungstag«, an dem der jährliche Verbrauch die bestehenden Ressourcen übersteigt, lag 2023 global bei Ende Juli, für Deutschland bereits bei Anfang Mai! Sich zuspitzende Konkurrenz, Konflikte und Kriege sind unvermeidlich. Rüstungsausgaben und Rüstungsaktien erreichen Rekordhöhen. Die Politik reagiert grundsätzlich mit einem »weiter-so«: Wachstumsjagd. Für die FDP z. B. bedeutet »Freiheit« die ungebremste Blechlawine. Vor den sich auftürmenden Fronten der unter kapitalistischen Bedingungen unlösbaren Krisen wittern Demagogen der nationalistischen Abschottung, Klimaleugner, AfD-Populisten und andere Rechtsradikale Morgenluft.