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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Deutschland schrumpft

Die Euro­päi­sche Kom­mis­si­on hat in ihrer Som­mer­pro­gno­se die BIP-Aus­sich­ten für Deutsch­land nach unten kor­ri­giert, auf -0,4 Pro­zent. Damit liegt Deutsch­land in der Euro­zo­ne (+ 0,8 %) hin­ten und auch z. B. gegen­über Spa­ni­en (+ 2,2 %) oder Frank­reich (+ 1 %) im Hin­ter­tref­fen. Deutsch­land dürf­te das ein­zi­ge Indu­strie­land welt­weit sein, des­sen Wirt­schaft im Jahr 2023 schrumpft.

Rezes­sio­nen tre­ten nor­ma­ler­wei­se zyklisch im Abstand von ca. 6 bis 10 Jah­ren auf, wobei »außer­or­dent­li­che« poli­ti­sche und öko­no­mi­sche Ein­flüs­se eine Rol­le spie­len. Die letz­te Rezes­si­on in Deutsch­land war (Coro­na-getrig­gert) 2020, davor 2009 (zusam­men mit der Finanz­kri­se). Jetzt, 2023, ist ergo kei­ne zykli­sche Rezes­si­on ange­sagt. Es ist viel­mehr ein »Schock«, der fol­gen­der­ma­ßen erklär­lich ist: Zur Behaup­tung ihrer ange­knack­sten »welt­wei­ten Füh­rungs­rol­le« rich­ten die USA Wirt­schafts­krie­ge nicht nur gegen Russ­land und Chi­na, son­dern auch – als Kol­la­te­ral­scha­den des Ukrai­ne-Krie­ges – gegen Euro­pa, beson­ders gegen Deutsch­land. Es sei­en der »Infla­ti­on Reduc­tion Act« genannt, der zur Abwan­de­rung von zukunfts­ori­en­tier­ten Inve­sti­tio­nen aus Euro­pa in die USA führt, oder der Import von teu­rem US-Frack­ing-Gas anstel­le von rus­si­schem. Das deut­sche Geschäfts­mo­dell – basie­rend auf »dem besten Nied­rig­lohn­sek­tor Euro­pas« (G. Schrö­der) – ist ziem­lich abge­würgt. Das bedingt die aktu­el­le Wirt­schafts­flau­te und das Gezer­re um einen steu­er-sub­ven­tio­nier­ten Indu­strie­strom. Deutsch­land frönt dazu einer selbst­schä­di­gen­den Unter­ord­nung unter USA&NATO und ringt ver­zwei­felt um »Wachs­tum« (Län­der wie z. B. Spa­ni­en, das weni­ger von rus­si­scher Ener­gie abhän­gig war und ist, sind nicht vom Schrump­fen betrof­fen). Dar­über hin­aus sind die deut­schen Bemü­hun­gen, in einer »mul­ti­po­la­ren« (genau­er: mul­ti-impe­ria­li­sti­schen) Welt ein Plätz­chen an der Son­ne zu behaup­ten, gewal­tig über­schat­tet von mul­ti­plen Kri­sen und Kata­stro­phen. Über einem »Gespenst der Deindu­stria­li­sie­rung«, das hier­zu­lan­de schon beschwo­ren wird, dro­hen Gefah­ren ganz ande­rer Dimen­si­on. Sämt­li­che rele­van­ten Mäch­te kon­kur­rie­ren um Wachs­tum, Roh­stof­fe, Absatz­märk­te, Kapi­tal­an­la­ge- und Ein­fluss­ge­bie­te auf einem Glo­bus, der längst zu klein ist für das kapi­ta­li­sti­sche Wachs­tum. Der »Erd­über­la­stungs­tag«, an dem der jähr­li­che Ver­brauch die bestehen­den Res­sour­cen über­steigt, lag 2023 glo­bal bei Ende Juli, für Deutsch­land bereits bei Anfang Mai! Sich zuspit­zen­de Kon­kur­renz, Kon­flik­te und Krie­ge sind unver­meid­lich. Rüstungs­aus­ga­ben und Rüstungs­ak­ti­en errei­chen Rekord­hö­hen. Die Poli­tik reagiert grund­sätz­lich mit einem »wei­ter-so«: Wachs­tums­jagd. Für die FDP z. B. bedeu­tet »Frei­heit« die unge­brem­ste Blech­la­wi­ne. Vor den sich auf­tür­men­den Fron­ten der unter kapi­ta­li­sti­schen Bedin­gun­gen unlös­ba­ren Kri­sen wit­tern Dem­ago­gen der natio­na­li­sti­schen Abschot­tung, Kli­ma­leug­ner, AfD-Popu­li­sten und ande­re Rechts­ra­di­ka­le Morgenluft.