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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Deutsche Kriegsschiffe auf allen Weltmeeren?

Es geht haupt­säch­lich um den Bau von Mili­tär­schif­fen, genau­er: deut­schen Kriegs­schif­fen. Am 14. Mai wur­de offi­zi­ell die Zusam­men­ar­beit der Werf­ten Lürs­sen und Ger­man Naval Yards ver­kün­det. Die Lürs­sen-Werft hat ihren Haupt­sitz in Bre­men, und die Haupt­pro­duk­ti­ons­stät­te der Ger­man Naval Yards liegt in Kiel, ehe­mals Howaldtswerke.

Das gemein­sa­me Unter­neh­men soll unter Füh­rung von Lürs­sen in Bre­men-Vege­sack ste­hen, seit 1875 »Wie­ge der deut­schen Schnell­boo­te«. Der Mari­ne­part­ner Ger­man Naval Yards zählt nach eige­nen Anga­ben rund 1000, die Lürs­sen-Grup­pe um die 3000 Mit­ar­bei­ter. Einen beson­de­ren Anschub für die Fusi­on der Werf­ten hat offen­sicht­lich die Ver­ga­be des Auf­trags für das moder­ne Kampf­schiff MKS 180 gege­ben, für das bis­her 5,27 Mil­li­ar­den Euro ver­an­schlagt sind. Es ist der größ­te Mari­ne­auf­trag die­ser Art in der Geschich­te der Bun­des­wehr. Das Bun­des­ver­tei­di­gungs­mi­ni­ste­ri­um hat­te im Janu­ar bekannt­ge­ge­ben, einen gewich­ti­gen Teil des Auf­tra­ges an die nie­der­län­di­sche Werft Damen Shi­py­ards zu ver­ge­ben, die dabei wie­der­um mit Lürs­sen kooperiert.

Für das Bre­mer Frie­dens­fo­rum ist der Bau von zunächst vier die­ser neu­ar­ti­gen Mehr­zweck­kampf­schif­fe mit welt­um­span­nen­den Ein­satz­mög­lich­kei­ten ein fata­les Signal für noch mehr Aus­lands­ein­sät­ze der Bundesmarine.

Das Bre­mer Werft­un­ter­neh­men Lürs­sen war in den letz­ten Mona­ten immer wie­der in die Schlag­zei­len gera­ten, weil die zu dem Unter­neh­men gehö­ren­de Pee­ne-Werft in Wol­gast Patrouil­len­boo­te an Sau­di-Ara­bi­en lie­fer­te. Lürs­sen unter­stütz­te auch nach der Ver­hän­gung des Export­stopps für Rüstungs­gü­ter Sau­di-Ara­bi­en bei der Aus­rü­stung und der Lie­fe­rung von Ersatz­tei­len sowie bei der Aus­bil­dung der Schiffs­crews. Bre­mer Frie­dens­grup­pen kri­ti­sie­ren seit lan­gem den »Rüstungs­stand­ort Bre­men«, und Lürs­sen ist dabei ein gro­ßer Kriegs­vor­be­rei­ter: »Krie­ge begin­nen hier – in Bremen!«

Das mana­ger maga­zin vom 14. Mai berich­tet aus­führ­lich. »Die Kon­so­li­die­rung in Deutsch­land ist längst über­fäl­lig«, äußer­te dem­nach der Chef der Priv­in­vest Hol­ding SAL mit Haupt­sitz in Bei­rut (!), der ober­sten Kon­zern­ge­sell­schaft der Ger­man Naval Yards. Und Fried­rich Lür­ßen von der Lürs­sen-Grup­pe fand die »Kon­so­li­die­rung unse­rer Werf­ten im Mari­ne­schiff­bau sinn­voll und för­der­lich […], um dadurch deren Wett­be­werbs­fä­hig­keit nach­hal­tig zu stär­ken […] Mit die­sem stra­te­gi­schen Zusam­men­schluss wol­len wir auch aktiv dazu bei­tra­gen, die Aus­wir­kun­gen der durch die gegen­wär­ti­ge Coro­na-Pan­de­mie ent­stan­de­nen Her­aus­for­de­run­gen im Schiff­bau gemein­sam zu mei­stern und Arbeits­plät­ze und Tech­no­lo­gie­fä­hig­keit für den natio­na­len Stand­ort lang­fri­stig zu sichern.« Die Stär­kung des natio­na­len Mari­ne­schiff­baus durch eine Gemein­schafts­un­ter­neh­mung von Lürs­sen und Ger­man Naval Yards ent­spre­che den Ziel­vor­ga­ben der Bun­des­re­gie­rung, so das mana­ger maga­zin wei­ter. So sei die Bun­des­re­gie­rung früh­zei­tig durch den Mari­ti­men Koor­di­na­tor des Bun­des­wirt­schafts­mi­ni­ste­ri­ums, Nor­bert Brack­mann (CDU-Abge­ord­ne­ter aus Schles­wig-Hol­stein), in die Kon­so­li­die­rungs­ge­sprä­che invol­viert gewe­sen. Er habe den Pro­zess maß­geb­lich beglei­tet. Der U-Boot-Bau-Spe­zia­list Thys­sen­Krupp Mari­ne Systems mit rund 6000 Beschäf­tig­ten und einem Umsatz von 1,8 Mil­li­ar­den Euro ori­en­tie­re sich der­weil in Rich­tung einer Koope­ra­ti­on mit der ita­lie­ni­schen Fin­can­tie­ri Grup­pe, die sich dazu noch bedeckt hält.

Die IG Metall Küste for­dert auf ihrer Web­site (14. Mai), die Siche­rung der Arbeits­plät­ze und Stand­or­te bei der Kon­so­li­die­rung im Mari­ne­schiff­bau in den Mit­tel­punkt zu stel­len. »Die Fusi­on kann aller­dings nur ein erster Schritt sein. Bei der wei­te­ren Kon­so­li­die­rung muss Thys­sen­Krupp Mari­ne Systems (TKMS) ein­be­zo­gen wer­den«, so IG-Metall-Bezirks­lei­ter Fried­rich wei­ter. »Es braucht eine Gesamt­lö­sung für Unter- und Über­was­ser­schiff­bau in Deutsch­land, um dann eine euro­päi­sche Stra­te­gie zu ent­wickeln.« Die Gewerk­schaft kri­ti­siert das Ver­fah­ren, wie die­se Fusi­on vor­an­ge­trie­ben wor­den ist. »Weder die Beleg­schaft noch die Arbeit­neh­mer­ver­tre­ter waren ein­be­zo­gen. So etwas aus der Pres­se oder kur­zen Gesprä­chen zu erfah­ren, ist kein guter Start für die neue Gesell­schaft«, erklär­te Fried­rich. Zwar for­dert die IG Metall Küste (7. Mai) dane­ben auch eine soge­nann­te grü­ne Schiff­fahrt, die Ent­wick­lung und den Bau emis­si­ons­ar­mer Antriebs­sy­ste­me, Auf­trä­ge in Berei­chen wie Behör­den­schif­fe, For­schungs­schif­fe und Fähr­schif­fe zum Bei­spiel für den Mit­tel­meer­raum. Aber Arbeits­plät­ze in der Rüstungs­in­du­strie sind für die IG Metall anschei­nend alter­na­tiv­los, jetzt in der Kri­se erst recht.

Das Bre­mer Frie­dens­fo­rum sieht die­se Posi­ti­on der IG Metall kri­tisch und for­dert die Gewerk­schaf­ter zum Umden­ken auf. Die Zeit sei reif, neue Wege zu gehen. »Abrü­sten statt Auf­rü­sten« müs­se das Ziel sein. Selbst­ver­ständ­lich geht es dabei auch um Metall-Arbeits­plät­ze, zum Bei­spiel durch Rüstungs­kon­ver­si­on. Die Sor­ge der IG Metal­ler um ihre Arbeits­plät­ze in den Rüstungs­be­trie­ben ist sicher berech­tigt. Es ist aller­dings kurz­sich­tig, nicht die Fol­gen ihrer Inter­ven­ti­on zu beach­ten: stei­gen­de Ver­schwen­dung von Steu­er­gel­dern für Pro­duk­te, die nicht dem Frie­den und einer nach­hal­ti­gen öko­lo­gi­schen Wirt­schaft die­nen; stei­gen­de Pro­fi­te für weni­ge Aktio­nä­re der Rüstungs­kon­zer­ne; Unter­stüt­zung der NATO, die mit neu­en Waf­fen­sy­ste­men Domi­nanz im Welt­ge­sche­hen sichern will; Rüstungs­expor­te in gro­ßem Stil und damit auch wei­te­re Krie­ge auf dem Erd­ball; wei­te­rer Umbau der Bun­des­wehr zu einer Inter­ven­ti­ons­ar­mee; wach­sen­de Kriegs­ge­fahr in Euro­pa bis hin zur ato­ma­ren Ver­nich­tung aller Lebens­grund­la­gen im Rah­men der »nuklea­ren Teilhabe«.

Das Bre­mer Frie­dens­fo­rum emp­fiehlt der IG Metall, dar­über nach­zu­den­ken, ob es für die arbei­ten­den Men­schen im 21. Jahr­hun­dert noch emp­feh­lens­wert ist, Stra­te­gien der Rüstungs­pro­fi­teu­re zu unter­stüt­zen. Erin­nert wird an den Schwur der über­le­ben­den Häft­lin­ge des KZ Buchen­wald: Nie wie­der Faschis­mus – nie wie­der Krieg, ver­bun­den mit der Fra­ge, ob es nicht sinn­vol­ler ist, Kon­ver­si­ons- und Abrü­stungs­pro­zes­se zu unterstützen.

Es geht jetzt dar­um, in einen neu­en poli­ti­schen Pro­zess ein­zu­stei­gen, der die bis­he­ri­gen Erfah­run­gen des Stre­bens nach Kon­ver­si­on von Rüstungs­ar­beits­plät­zen in hoch­wer­ti­ge Arbeits­plät­ze für Pro­duk­te der Metall- und Elek­tro­in­du­strie auf­greift. Anste­hen­de Inve­sti­ti­ons­pro­gram­me zur Errei­chung der Kli­ma- und Umwelt­zie­le wei­sen in eine lebens­wer­te Zukunft. Dazu müs­sen auch For­schungs­gel­der ein­ge­setzt wer­den, die jetzt zur Umset­zung einer nach­hal­ti­gen Kli­ma­stra­te­gie und zur Über­win­dung der Fol­gen der Coro­na-Kri­se bereit­ge­stellt wer­den. Hier zeigt sich Poten­ti­al für völ­lig neue Pro­duk­te und somit auch für neue Arbeitsplätze.

Abrü­stung statt Auf­rü­stung der NATO ist das Gebot der Stun­de! Es lohnt sich, im Namen des Frie­dens neue Anstren­gun­gen für Rüstungs­kon­ver­si­on zu unter­neh­men. Die IG Metall kann hier mit ihrem Ein­fluss einen wich­ti­gen Bei­trag lei­sten. Sie muss es nur wol­len! Die Bewäl­ti­gung der Fol­gen von Coro­na stellt Poli­tik und Gesell­schaft vor rie­si­ge Her­aus­for­de­run­gen. Wir haben gera­de erlebt, dass in den letz­ten Jahr­zehn­ten völ­lig fal­sche Prio­ri­tä­ten gesetzt wor­den sind. Hor­ren­de Stei­ge­run­gen von Rüstungs­aus­ga­ben bei jah­re­lan­ger Schrumpf­kur für das Gesund­heits­we­sen. Der Bau und der Kauf von Kriegs­schif­fen nutzt höch­stens den Besit­zern der Rüstungs­kon­zer­ne. Wir brau­chen Geld für zivi­le Ent­wick­lung, für Kli­ma­schutz und Vor­sor­ge für die Bevöl­ke­rung. Wie vie­le Warn­si­gna­le braucht die Poli­tik noch, damit sie end­lich für den Frie­den pro­du­zie­ren lässt statt für den Krieg?