Es ist ein kleines unauffälliges Buch. Der Verfasser berichtet von den Gepflogenheiten und der Geschichte seiner Familie – kein ausschmückendes Erzählen, keine ausschweifenden Repliken über das Vorgefundene. Oft kam die Großmutter auf das ihr wichtigste und schönste Erlebnis zu sprechen: die heimliche Verlobung als siebzehnjährige Schülerin mit einem Wehrmachtssoldaten mitten im Krieg. Das ist der romantische Teil der Geschichte. Es gibt auch einen anderen, über den nicht gesprochen wird. Auf dem Hof lebte auch »Onkel Fels«, ein jüdischer Viehhändler, der eines Tages nicht mehr da war. Allein dem drängenden Interesse des Ich-Erzählers ist es zu danken, dass Fels‹ Schicksal der Vergessenheit entzogen wird. Im April 1938 war er in der Heil- und Pflegeanstalt in O. gestorben. »Man weiß ja, was damals passiert ist«, hatte die Großmutter nur gesagt. Doch wusste sie es wirklich, hat es sie interessiert? Der Autor recherchiert …
Anhand einer scheinbar banalen Geschichte einer normalen Familie entdeckt und entblößt der Autor den dunklen Teil. »Dokumentarischer Roman«, ja »Sachbuch« nannten manche Rezensenten das Buch. Die Authentizität der Fakten ist es, diese Familiengeschichte zu einem Dokument der Schuld macht.
Kolja Mensing: »Fels«, Verbrecher Verlag, 176 Seiten, 16 €