In diesem Jahr wird an den 125. Geburtstag von Bertolt Brecht erinnert. Über den großen deutschen Dramatiker und Lyriker des 20. Jahrhunderts ist sehr viel geschrieben und gesprochen worden. Seine Werke werden nach wie vor weltweit aufgeführt. Prominente Zeitgenossen sind uns immer dann noch sympathischer, wenn wir entdecken, dass auch sie menschliche Schwächen hatten und Irrtümern unterlagen. Darüber wird freilich eher selten geschrieben, und so entsteht oft der Eindruck von Fehlerlosigkeit.
Am 22. Mai 1953 bat Brecht den ihn in juristischen Angelegenheiten betreuenden Anwalt Friedrich Karl Kaul um Rat. Es ging um den Erwerb der Rechte an seinem Stück »Mutter Courage und ihre Kinder« durch die DEFA. Hierfür wurde ihm ein Betrag in Höhe von 25.000 DM angeboten, was ihm allerdings zu niedrig war. Er verlangte das Doppelte. Aufgrund von Widrigkeiten kam es nicht zur beabsichtigten Verfilmung des Stückes, und die DEFA teilte ihm daraufhin mit, dass man jetzt auch nicht mehr am Erwerb der Rechte interessiert sei. Brecht vertrat nunmehr die Ansicht, man müsste ihm aber auf jeden Fall die 25.000 DM zahlen, da die Sache sich lange hingezogen hatte und er dadurch gehindert war, »die Rechte anderweitig zu vergeben«. Die Antwort des Juristen kam mit Brief vom gleichen Tage prompt: Da Brecht den Vertrag über 25.000 DM nicht unterschrieben hatte, seien »daraus auch keine Ansprüche an die DEFA abzuleiten«. Ob Bertolt Brecht daraus die Lehre gezogen hat, künftig nicht zu hoch zu pokern, ist nicht überliefert.
Mich erinnerte die Geschichte an eine andere Begebenheit aus der Zeit meines rechtswissenschaftlichen Studiums an der Humboldt-Universität Mitte der 1980er Jahre: Der Dekan der juristischen Fakultät (das hieß damals noch anders), der zu dieser Zeit auch einen Teil der Vorlesungen im Zivilrecht bestritt, verwies auf Beispiele für die Unwirksamkeit von Testamenten. In dem Zusammenhang nannte er Bertolt Brecht als Paradebeispiel. Dieser hatte nämlich sein Testament mit Schreibmaschine geschrieben, was sowohl damals wie heute nicht den Formerfordernissen genügt und zu dessen Nichtigkeit führt. Mir brachte das mit etwas Schmunzeln die Erkenntnis näher, dass auch so bekannten Persönlichkeiten Fehler unterlaufen, was sie uns nur menschlicher macht.