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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Der wider den Stachel löckt

Eigent­lich mein­te ich, über mei­nen Freund Otto Köh­ler aus ver­schie­de­nen Anläs­sen schon alles Wesent­li­che geschrie­ben zu haben, zuletzt in Ossietzky 7/​2021 (»Aus den Schwar­zen Ber­gen«). Nun aber hat mich die Redak­ti­on um ein »Ständ­chen« für den Jour­na­li­sten, Publi­zi­sten und Mit-Her­aus­ge­ber gebe­ten, um ihn aus beson­de­rem Anlass zu ehren: Am 10. Janu­ar, einen Tag vor dem Erschei­nen die­ses Hef­tes, wur­de Otto Köh­ler 90 Jah­re alt.

Für alle Lese­rin­nen und Leser, die ihn nicht ken­nen, stellt sich viel­leicht die Fra­ge: Wer ist Otto Köh­ler? Die Ant­wort hat er, auf die grie­chi­sche Mytho­lo­gie und Homers Ili­as zurück­grei­fend, vor genau zehn Jah­ren, am 10. Janu­ar 2015, unüber­treff­lich selbst gege­ben, im Eröff­nungs­vor­trag zu der von der Tages­zei­tung jun­ge Welt in Ber­lin ver­an­stal­te­ten XX. Inter­na­tio­na­len Rosa-Luxemburg-Konferenz:

Ja, ich bin es, Ther­si­tes – Schmä­her aller Kriege,

ihrer Feld­herrn, ihrer Pro­pa­gan­di­sten und ihrer Professoren.

Schmä­hen, das ist es. Es scheint, als wäre er als ein zum Schmä­hen Bestell­ter her­vor­ge­tre­ten aus dem Mief des von Ade­nau­er gepräg­ten CDU-Staats der 1960er Jah­re mit sei­nen ver­kru­ste­ten gesell­schaft­li­chen Ver­hält­nis­sen. Heu­te, im Rück­blick, lässt sich von Otto Köh­ler sagen, dass er in den sechs Jahr­zehn­ten jour­na­li­sti­scher und publi­zi­sti­scher Tätig­keit zu einem der kri­tisch­sten Chro­ni­sten der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land gewor­den ist, zu einem tadeln­den Tabu­bre­cher, zu einem pole­mi­schen Pro­vo­ka­teur, zum Mit­strei­ter all jener, die wie er sich von der Devi­se lei­ten las­sen, die über sei­nem Vor­trag in Ber­lin stand: Mit uns könnt ihr nicht rech­nen.

Ther­si­tes. Auch Goe­the hat ihn kurz im Faust (Zwei­ter Teil) auf­tre­ten las­sen, die Sie­ges­göt­tin Vik­to­ria schmä­hend, weil es die­ser, wo immer sie sich hin­wen­de, dün­ke, ihr gehö­re stets alles Volk und Land. Goe­thes Ther­si­tes schilt die Gott­heit mit Wor­ten, wie sie auch Otto Köh­ler hät­te wäh­len können:

Doch, wo was Rühm­li­ches gelingt, /​ Es mich sogleich in Har­nisch bringt. /​ Das Tie­fe hoch, das Hohe tief, /​ Das Schie­fe grad, das Gra­de schief, /​ Das ganz allein macht mich gesund, /​ So will ich’s auf dem Erdenrund.

»Lum­pen­hund«, nennt ihn dar­auf­hin der Herold und stößt ihn mit sei­nem Stab zu Boden, so wie Odys­seus in der Ili­as den auf­müp­fi­gen Ther­si­tes mit sei­nem Zep­ter nie­der­schlägt. Der ein­fa­che Sol­dat hat­te eine Schmäh­rede gegen den Tro­ja­ni­schen Krieg und gegen Aga­mem­non gehal­ten, in der er sug­ge­rier­te, der Anfüh­rer der Grie­chen und Herr­scher von Myke­ne set­ze den Krieg nur aus Selbst­sucht und Beu­te­gier fort. Und Ther­si­tes hat­te ver­sucht, das Heer zur Ver­wei­ge­rung des Gehor­sams und zur Heim­fahrt aufzustacheln.

Schmä­hen um auf­zu­klä­ren; Göt­zen wel­cher Art und Pro­ve­ni­enz auch immer vom Sockel zu sto­ßen, ihre Morsch­heit, ihre Hohl­heit vor­zu­füh­ren, sie in ihren Schafs­pel­zen zu ent­lar­ven; auf­zu­zei­gen, dass sie eigent­lich »nackt« sind wie der Kai­ser im Mär­chen von Chri­sti­an Ander­sen, und dass sie zur Ver­stel­lung Krei­de fres­sen wie der nach Geiß­lein gie­ren­de Wolf der Brü­der Grimm: Sol­che Unbot­mä­ßig­kei­ten, sol­che Regel­ver­let­zun­gen pfla­ster­ten von Anbe­ginn an und die Jahr­zehn­te hin­durch den Weg des Jour­na­li­sten und Schrift­stel­lers Otto Köh­ler. Es scheint, als habe er den »auf­rech­ten Gang«, von dem der Phi­lo­soph Ernst Bloch schrieb, gar nicht erst ler­nen müssen.

Otto Köh­ler wur­de in Schwein­furt gebo­ren, in einem Eltern­haus, das er selbst ein­mal als »unpo­li­tisch« bezeich­ne­te. Gegen Ende des Krie­ges, als Zehn­jäh­ri­ger, war er ein jun­ger, naiv-gläu­bi­ger Hit­ler­jun­ge. Sei­nen Vater beschrieb er als «Feu­er­wehr­mann und vom Front­ein­satz frei­ge­stellt, katho­lisch, Mit­glied in einem Sän­ger­ver­ein. Kein Nazi, aber auch kein Anti­na­zi«. (Anm. K.N.: Die Eigen­zi­ta­te Otto Köh­lers stam­men aus dem nach­le­sens­wer­ten Inter­view mit dem Jour­na­li­sten Ste­fan Huth, ver­öf­fent­licht am 10. Janu­ar 2015 in der Wochen­end­bei­la­ge der jun­gen Welt.) Köh­ler besuch­te das Pro­gym­na­si­um im frän­ki­schen Ham­mel­burg, die letz­ten bei­den Jah­re bis zum Abitur dann das Gym­na­si­um in Schwein­furt. »Da wur­de man doch mit ande­ren Din­gen kon­fron­tiert, mit der wei­ten Welt, mit der US-Lite­ra­tur, aber auch mit Sart­re, der mich sehr beein­flusst hat.«

Es folg­te von 1953 bis 1963 das Stu­di­um der Phi­lo­so­phie, Ger­ma­ni­stik, Geschich­te und Volks­wirt­schafts­leh­re in Würz­burg und an der FU in West-Ber­lin, »wo selbst auf den Blät­tern des Klo­pa­piers stand, dass es sich um die ›Freie Uni­ver­si­tät‹ han­del­te«. Jetzt bestimm­te das uni­ver­si­tä­re Sein das Bewusst­sein des Kom­mi­li­to­nen Köh­ler. Er enga­gier­te sich beim Sozia­li­sti­schen Deut­schen Stu­den­ten­bund, pro­te­stier­te gegen »faschi­sti­sche Vete­ra­nen­tref­fen« und »Polit­pro­mi­nenz brau­ner Herkunft«.

Als 1955 in Würz­burg im Stu­den­ten­haus ein Fall­schirm­jä­ger­tref­fen statt­fand, an dem ein in Frank­reich wegen Kriegs­ver­bre­chens beim Kampf um die Atlan­tik­fe­stung Brest ver­ur­teil­ter und inzwi­schen aus der Haft ent­las­se­ner über­zeug­ter Natio­nal­so­zia­list und Gene­ral der Fall­schirm­trup­pe der Wehr­macht teil­nahm, häng­te der zwan­zig­jäh­ri­ge Stu­dent Köh­ler das Gedicht »Wenn wir den Krieg gewon­nen hät­ten« von Erich Käst­ner in den stu­den­ti­schen Schau­ka­sten – »der Chef des Stu­den­ten­wer­kes, ein CSU-Mann, hat das dann schnell ent­fernt« – und schrieb eine Repor­ta­ge über das Tref­fen für Die Ande­re Zei­tung: »Das war die sozia­li­sti­sche Zei­tung der frü­hen Bun­des­re­pu­blik – und der Beginn mei­ner jour­na­li­sti­schen Laufbahn.«

Der wei­te­re Wer­de­gang, im Zeit­raf­fer: Mit­ar­bei­ter der in der Anfangs­zeit vor allem im stu­den­ti­schen Milieu ver­brei­te­ten links­so­zia­li­sti­schen Zeit­schrift kon­kret unter Chef­re­dak­teur Klaus-Rai­ner Röhl. Gele­gent­li­cher Mit­ar­bei­ter der eher anti­kom­mu­ni­stisch aus­ge­rich­te­ten und – wie Jah­re spä­ter offen­bar wur­de – von der CIA ali­men­tier­ten inter­na­tio­na­len Zeit­schrift Monat unter Chef­re­dak­teur Fritz René Alle­mann. Frü­he Kar­rie­re vom Redak­teur der lite­ra­risch-sati­ri­schen Zeit­schrift Par­don zum Medi­en-Kolum­ni­sten beim Spie­gel – bis zur Kün­di­gung durch Aug­stein, der ihn 1966 zum Spie­gel geholt hat­te, ihn dann aber 1972 im Streit um ein redak­tio­nel­les Mit­be­stim­mungs­sta­tut vor die Tür setz­te. Redak­teur bei kon­kret; spä­ter dann Mit­ar­bei­ter von WDR und Deutsch­land­funk sowie diver­ser Zei­tun­gen und Zeit­schrif­ten. Unter ande­rem ver­öf­fent­lich­te er im Stern, der Zeit, der Gewerk­schafts­zei­tung Metall, den Tages­zei­tun­gen jun­ge Welt und nd sowie in der Wochen­zei­tung Frei­tag – und schließ­lich in Ossietzky, der 1997 von Eck­art Spoo, sei­nem Freund und Jour­na­li­sten-Bru­der von glei­chem Gei­ste, begrün­de­ten Zweiwochenschrift.

Otto Köh­ler ist Mit­glied des PEN, auf des­sen Jah­res­ver­samm­lun­gen er schon so man­ches Mal für Tur­bu­len­zen sorg­te, wenn er The­men anschnitt oder per Antrag zur Abstim­mung stell­te, die der Vor­stand lie­ber nicht ange­schnit­ten hät­te. Köh­ler hat sich jedoch nicht nur als Jour­na­list einen Namen gemacht, son­dern auch als Publi­zist. Ehren und wür­di­gen wir ihn daher, indem wir eini­ge sei­ner Bücher mal wie­der zur Hand neh­men oder sie uns ins Gedächt­nis rufen. Allein schon die Titel signa­li­sie­ren ein ums ande­re Mal: Hier schreibt jemand, der wider den Sta­chel löckt, der sich dem Main­stream wider­setzt, mit intel­lek­tu­el­ler Krea­ti­vi­tät, gewürzt mit einer guten Por­ti­on Respekt­lo­sig­keit und einer Iro­nie, die ihre Schär­fe nicht verbirgt.

Ich neh­me aus dem Bücherregal:

»…und heu­te die gan­ze Welt« (1986): Für eine erste umfang­rei­che Arbeit über die IG Far­ben, erschie­nen in kon­kret unter dem Titel »Eine bür­ger­li­che Ver­ei­ni­gung«, erhielt Köh­ler 1983 den Deut­schen Jour­na­li­sten­preis der Indu­strie­ge­werk­schaft Druck und Papier. In der Buch­aus­ga­be beschreibt er auf 350 Sei­ten die Geschich­te der Inter­es­sen­ge­mein­schaft Far­ben, »ohne die Deutsch­land den Ersten Welt­krieg aus Muni­ti­ons­not nach einem hal­ben Jahr hät­te been­den müs­sen. Und das Drit­te Reich wäre viel­leicht nie gegrün­det wor­den«. Köh­ler: »Am furcht­bar­sten Ort der Welt­ge­schich­te ent­stand aus dem Pakt zwi­schen Hit­ler und der IG die Inter­es­sen­ge­mein­schaft Ausch­witz. Damit schien 1945 das Ende der IG gekom­men. Doch deren Väter BAYER, BASF und HOECHST sind heu­te ihre Söh­ne. Jeder für sich grö­ßer und mäch­ti­ger als einst die gan­ze IG zusammen.«

»Wir Schreib­tisch­tä­ter« (1989): »Was ist, so frag­te Tho­mas Mann 1945, mit den Jour­na­li­sten der Nazi-Pres­se, den Zeit­schrif­ten-Her­aus­ge­bern, die zwölf Jah­re lang das Volk mit den ver­derb­li­chen gei­sti­gen Dro­gen füt­ter­ten und ver­dar­ben?« Otto Köh­lers Ant­wort ist »dif­fe­ren­ziert, aber scho­nungs­los«. Er beschreibt die erstaun­li­chen Kar­rie­ren und Camou­fla­gen von mehr als einem Dut­zend unter Hit­ler täti­gen Jour­na­li­sten in der Bun­des­re­pu­blik. Die mei­sten sind heu­te in Ver­ges­sen­heit gera­ten, erin­ner­lich sind viel­leicht noch die Mei­nungs­for­sche­rin Eli­sa­beth Noel­le-Neu­mann aus Allens­bach am Boden­see, Bera­te­rin von Ade­nau­er und Kohl und Trä­ge­rin des Gro­ßen Bun­des­ver­dienst­kreu­zes, oder Wer­ner Höfer, bekannt gewor­den als Mode­ra­tor des Inter­na­tio­na­len Früh­schop­pens, der zwi­schen Janu­ar 1952 und Dezem­ber 1987 ins­ge­samt 1874mal aus­ge­strahlt wur­de, und natür­lich: Kurt Georg Kie­sin­ger, der »wis­sen­schaft­li­che Hilfs­ar­bei­ter der NS-Pro­pa­gan­da« und von 1966 bis 1969 drit­ter Kanz­ler der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land. Das letz­te Kapi­tel des Buches trägt die bezeich­nen­de Über­schrift: Ja, ich bin es, Ther­si­tes! Unver­schäm­ter Geist des Wider­spruchs und der Verneinung. 

»Rudolf Aug­stein« (2002): Im Juni 2002 erschien in der Lite­ra­ri­schen Welt des Axel-Sprin­ger-Ver­lags eine Buch­re­zen­si­on von Ulrich Clauß über einen »ganz lin­ken Got­tes­mord«. Die sechs­spal­ti­ge, blatt­brei­te Unter­zei­le lau­te­te (Fett­druck des Namens so auch im Ori­gi­nal): Was woll­test du mit dem Dol­che, sprich? Den »Spie­gel« von Aug­stein befrein. Dann musst du Otto Köh­ler sein! Köh­ler hat­te mit sei­ner poli­ti­schen Bio­gra­fie über »ein Leben für Deutsch­land« die, wie es im Klap­pen­text heißt, »hel­le und die dunk­le Sei­te des Auf­klä­rers Aug­stein sicht­bar gemacht, der zugleich ein ›groß­deut­scher‹ Natio­na­list war«. Zur »dunk­len Sei­te« der Macht des Ver­le­gers zählt Köh­ler, dass Aug­stein »zwei bewähr­te NS-Pro­pa­gan­di­sten (…) zu Res­sort­lei­tern mach­te«. Eben­so gehö­ren der Gesta­po-Chef Rudolf Diels und Bern­hard Weh­ner, ein enger Mit­ar­bei­ter des Chefs der Kri­mi­nal­po­li­zei wäh­rend der Nazi-Zeit, dazu. Ihnen habe Aug­stein in sei­nem Nach­rich­ten­ma­ga­zin »ein Forum gebo­ten, so dass sie ihre eige­nen Taten histo­risch recht­fer­ti­gen konn­ten.« Köh­lers ehe­ma­li­ger Spie­gel-Kol­le­ge Her­mann Schrei­ber ver­ur­teil­te das Buch als «Pam­phlet«, und der schon erwähn­te Ulrich Clauß hielt die Bio­gra­fie für »einen ideo­lo­gi­schen Selbst-Ent­lausungs­ver­such« Köhlers.

»Die gro­ße Ent­eig­nung« (1994 /​ erwei­te­re Aus­ga­be 2011): Es ist Köh­lers letz­tes Buch. Der Unter­ti­tel sagt alles über den Inhalt: »Wie die Treu­hand eine Volks­wirt­schaft liqui­dier­te«. Einen Tag nach dem Mau­er­fall leg­ten, so steht es in dem Buch, zwei Män­ner dem Bun­des­fi­nanz­mi­ni­ster einen Plan vor, wie die­se histo­ri­sche Stun­de genutzt wer­den könn­te. Ihre Namen: Horst Köh­ler, der spä­te­re Bun­des­prä­si­dent, und Thi­lo Sar­ra­zin, das spä­ter rechts­dre­hen­de Enfant ter­ri­ble mit SPD-Par­tei­buch. Gegen­stand des Plans die­ser bei­den »Schreib­tisch­tä­ter aus dem Bun­des­fi­nanz­mi­ni­ste­ri­um« (Köh­ler): die schnel­le Wirt­schafts- und Wäh­rungs­uni­on. Die Treu­hand nahm ihre Tätig­keit auf, schätz­te das Ver­mö­gen der DDR auf 600 Mil­li­ar­den D-Mark. Otto Köh­ler: »Nach fünf Jah­ren waren dar­aus 275 Mil­li­ar­den D-Mark Schul­den gewor­den, ganz zu schwei­gen vom Ver­lust von 2,5 Mil­lio­nen Arbeitsplätzen.«

*

Mein Streif­zug durch das beruf­li­che Leben Otto Köh­lers soll hier enden. Eines jedoch muss ich noch ein­fü­gen, was ich schon aus­führ­lich in mei­nem erwähn­ten Ossietzky-Text aus dem Jahr 2021 beschrie­ben habe: Wer über Otto Köh­ler schreibt, kommt an Moni­ka Köh­ler nicht vor­bei. Und umge­kehrt. Nichts ging in all den Jah­ren ohne Moni­ka, die an der Sei­te ihres Man­nes jour­na­li­stisch arbei­te­te, und dies von Anfang an. Gemein­sam recher­chier­ten sie vie­le bri­san­te The­men. Daher steht in den hier vor­ge­stell­ten Büchern nach Autor und Buch­ti­tel zu Recht: »Unter redak­tio­nel­ler Mit­ar­beit von Moni­ka Köh­ler« oder: »Für Moni­ka. Sie half.«

Hil­fe braucht Otto auch jetzt, wo er nur noch sel­ten jour­na­li­stisch arbei­tet, dafür aber mit der einen oder ande­ren Wid­rig­keit fer­tig wer­den muss, die 90 Jah­re dem Men­schen auf den Buckel laden. Er ist nun ein­mal nicht mehr der Jüng­ste, auch wenn er das nicht so rich­tig wahr­ha­ben möch­te. Das Alter for­dert sei­nen Tri­but, auch von dem, der »alt wie ein Baum« wer­den möchte.

Apro­pos Baum. Stel­len wir uns vor, es ist Abend, die Däm­me­rung sinkt her­ab. Otto, der sich in all den Jahr­zehn­ten nie hat ver­bie­gen las­sen, tritt hin­aus ins Däm­mer­licht des das Haus umschlie­ßen­den mystisch-ver­wu­cher­ten Gar­tens. Er geht eini­ge Schrit­te bis zu sei­nem gelieb­ten Essig­baum, den Moni­ka und er vor über 40 Jah­ren gepflanzt haben, kurz nach­dem sie das Haus bezo­gen hat­ten. Auch der Baum ist alt gewor­den, silb­ri­ges Moos bedeckt den Stamm und die von Steh­hil­fen gestütz­ten brü­chi­gen Zwei­ge. Und wenn Otto dann wie gedan­ken­ver­lo­ren bei ihm steht, kann es manch­mal so aus­se­hen, als lege der Baum einen Ast auf sei­ne Schul­ter. Viel­leicht flü­stern die bei­den sich etwas zu? Viel­leicht hal­ten sie ein Zwie­ge­spräch? »Na, alter Freund, wir schaf­fen doch noch einen Win­ter? Lass uns doch ein­fach so wei­ter­ma­chen, Jahr um Jahr …«

 Autor, Ver­lag, Her­aus­ge­ber und Redak­ti­on gra­tu­lie­ren Otto Köh­ler zum 90. Geburtstag.