Die illusionäre Innen- und Außenpolitik, die irrationale Doppelmoral staatstragender Parteien und Medien sowie ihre polarisierenden, kontraproduktiven Krisenlösungen, aber auch die zersplitterte Linke sind mitverantwortlich, dass rechtsradikale, nationalistische Parteien, wie vor 1933, wieder spektakuläre Wahlerfolge erzielen können und sich anschicken, Türen zu ihrer politischen Machtergreifung zu öffnen. Nicht die verfassungsrechtlich geforderte Weiterentwicklung des Gemeinwohls für ein würdevolles Leben aller Menschen steht im Mittelpunkt vorherrschender Politik, sondern die ideologische Verschleierung der Durchsetzung von Profit- und Machtinteressen nationaler und internationaler Kriegsgewinnler. Das befeuert erneut den Aufstieg der reaktionär-nationalistischen Rechtskräfte. Die exorbitanten Gewinne der Wohlhabenden beruhen seit je her auf unbezahlter Arbeit. Die daraus resultierende Polarisierung verspüren viele Menschen im Alltag immer mehr, und das macht sie oft hilflos oder wütend. Das öffentliche Schweigen, die Sprachlosigkeit über diese tieferen, gesellschaftlichen Antagonismen zwischen Kapital und Arbeit, Alltagserfahrungen und Politik blockieren eine dringend notwendige sozial-ökologische und demokratische Gesellschaftswende und treiben Menschen oft in die reaktionären Arme rechtsradikaler Parteien. Die hilflos wirkenden Demonstrationen auf den Straßen, die medialen und politischen Scheingefechte sowie die endlos blutigen Kämpfe auf den Kriegsschauplätzen sind sichtbarer, bedrückender Ausdruck dafür.
Die westliche Globalstrategie, mit den Herrschenden in den USA an der Spitze, steckt in den Sackgassen selbstverschuldeter Antagonismen. Unter Antagonismus verstehe ich eine von Kapitalinteressen dominierte Politik globaler Unversöhnlichkeit, ein antisoziales Kreisen in Wahnvorstellungen eigener gesellschaftlichen Alternativlosigkeit, eine destruktive Unfähigkeit, globale Polarisierungen zwischen Menschen, Nationen und Umwelt permanent auszugleichen, statt sie zu eskalieren, um der fairen Zusammenarbeit zum gegenseitigen Nutzen aller absoluten Vorrang einzuräumen, statt der Welt die westliche »Kapital-Demokratie« mit kriegerischen Mitteln aufzwingen zu wollen und diese irrationale Gewaltpolitik auch noch als »Friedenspolitik« zu deklarieren. Frieden durch immer mehr Waffen schaffen zu wollen, bringt den unauflösbaren Widerspruch auf den Punkt. Deshalb benötigen wir dringend folgender gesellschaftspolitischer Umkehrprozesse:
- Eine friedenspolitische Kehrtwende
Statt wirtschaftlicher und militärischer Expansionspolitik zur Durchsetzung westlicher Vorherrschaft, statt Fortsetzung der Spannungspolitik des »Kalten Krieges« und einer gewaltsamen Durchsetzung angeblicher Friedenspolitik, insbesondere gegen Russland und China, durch Nato-Osterweiterung, Hunderte von Militärstützpunkten, Billionen jährlicher Steuergelder und Staatsverschuldungen, der Eskalation der Gewaltspirale im sinnlosen Ukraine- und Israel-Krieg, mit der Folge von Tausenden Kriegstoten, Millionen von Flüchtlingen und unabsehbaren Kriegszerstörungen – ist eine Rückkehr zur diplomatischen Politik des Waffenstillstandes, der Abrüstung, der Friedensverhandlungen, eine universelle, internationale Zusammenarbeit und den Aufbau einer neuen Sicherheitsarchitektur sowie eine internationale Bewältigung der ökologischen Krise geboten, so, wie es die UN-Charta und alle wichtigen Beschlüsse der Vereinten Nationen für eine friedliche Koexistenz in einer multipolaren Welt bereits seit ihrer Gründung anstrebt.
- Eine migrations- und sozialpolitische Kehrtwende
Statt Aufnahme von Millionen Kriegsflüchtlingen durch die eigene, westliche Kriegstreiberei, die die ohnehin unterfinanzierten Gesundheits-, Sozial-, Renten- und Bildungssysteme kollabieren lassen, die Kommunen in Städten und Gemeinden völlig überfordern und damit die Nationalisten befeuern; statt »Abschiebung« von angeblich »irregulären Wirtschaftsmigranten« an den Außengrenzen, die auch dort keinerlei menschenwürdigen Lebensperspektiven in Internierungslagern vorfinden; statt Anwerbung von billigen ausländischen Arbeitskräften, die oft als Konkurrenten gegen die Inländer ausgespielt werden – gilt es, alternativlos, die Kriege zu beenden, umfassende internationale Wirtschaftshilfe zu organisieren, um Gewalt- und Fluchtursachen in den oft von imperialen Kriegen, Armut und Umweltkrise zerstörten Herkunftsländern der Flüchtlinge zu bekämpfen. Es gilt zugleich, der Stärkung der eigenen desolaten Sozialsysteme Vorrang einzuräumen, statt extensiv aufzurüsten. Dazu bedarf es zugleich einer Lohn- und Gehaltspolitik sowie einer staatlichen Einnahme- und Steuerpolitik, um die ungerechtfertigten Gewinne von hohen Privatvermögen zugunsten des Gemeinwohls abzuschöpfen.
- Eine wirtschafts- und umweltpolitische Kehrtwende
Statt Wirtschaftsboykotte und »Strafzölle« gegen »Feindstaaten«, wie etwa Russland und China, die zugleich die eigenen Im- und Exporte abwürgen, die Inflationsspirale anheizen, den Ausstieg aus der fossilen Energiewirtschaft blockieren, dringende Innovationen durch Steuerdeckelung für Wohlhabende oder durch restriktive Schuldenbremsen verhindern und damit das sozial-ökologische Wirtschaftswachstum ausbremsen – gilt es, alternativlos, eine Wirtschafts- und Finanzpolitik durchzusetzen, die die maximale Förderung zur Dekarbonisierung der Volkswirtschaften und den universellen Umweltschutz zum zentralen Motor einer ökonomischen Zukunftsentwicklung macht. Nur dadurch ließen sich das eigene Wirtschaftswachstum nachhaltig steigern, Arbeitsplätze sichern und Staatshaushalte zugunsten des Gemeinwohls sanieren.
- Eine bildungspolitische Kehrtwende
Statt bürgerliche Bildungsprivilegien zu fördern – gilt es, alternativlos, ein Bildungssystem auszubauen, in dem die Förderung von Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen und ärmeren Familien zum entscheidenden Qualitätsmerkmal des Bildungswesens wird. Dazu sollten insbesondere in den »unteren« Klassen solide Sprach- und Lesekompetenzen sowie soziale und gesellschaftspolitische Wertevermittlung oberste Priorität gegenüber naturwissenschaftlich-technischer Bildung haben. Die Überwindung der Unterfinanzierung der Schulen und Ausbildungsstätten sowie die Bekämpfung des Mangels an Lehrkräften sind dafür ausschlaggebend.
- Eine medien- und erinnerungspolitische Kehrtwende
Durch einseitige, staatsnahe Berichterstattung und Kommentierung werden die Leitmedien ihrer Rolle als unabhängige »vierte Gewalt« nicht gerecht, weil sie die wirkliche soziale Lage von Bevölkerungsmehrheiten, des Prekariats und der Lohn- und Gehalt-Abhängigen nur marginal zur Sprache bringen und primär die Interessen und Meinungen der herrschenden Schichten reproduzieren. Der notwendige sozial-ökologische Wandel wird so grundlegend verschleiert und verhindert, weil die Überwindung sozialer Spaltung nicht als entscheidende Triebkraft der Weltgeschichte begriffen und befördert werden kann. Wie die Erkenntnisse Kopernikus, dass die Erde sich um die Sonne dreht und nicht umgekehrt, sowie die wissenschaftlich Erforschung der Evolutionsgeschichte der Arten durch Darwin, der die Entstehung der Menschheit aus dem Tierreich nachwies, lange Zeit geleugnet wurden, so hat es den Anschein, dass die Erkenntnisse von Marx zur Erforschung der Menschheitsgeschichte aus polarisierenden Klassengesellschaften, gipfelnd in der sozialen Spaltung des Kapitalismus und seiner repressiven Folgen, bis heute von den Herrschenden verdrängt und massiv bekämpft werden.
Dagegen gilt es, alternativlos, in eigenen sozialen Medien und politischen Organisationen die politische Selbstermächtigung von Bevölkerungsmehrheiten weiter voranzutreiben, um die Deutungshoheit der bürgerlichen Leitmedien kritisch zu hinterfragen und gesellschaftliche Gegenbewegungen zu stärken.
- Eine demokratiepolitische Kehrtwende
Statt der heutigen, nie dagewesenen Verschärfung von autoritärer Klassenherrschaft im globalisierten Kapitalismus, der auf extremer ökonomischer und militärischer Vorherrschaft von wohlhabenden Minderheiten über Bevölkerungsmehrheiten sowie auf Ausbeutung und Zerstörung der Umwelt beruht und deshalb keine Herrschaft im Interesse der Völker, sondern gegen sie darstellt – gilt es, alternativlos und permanent um mehr universelle Teilhabe der Bevölkerungsmehrheiten innerhalb der Nationen und international zu ringen, um faschistoide Gewaltausbrüche und imperiale globale Kriege sowie die zugrunde liegenden wirtschaftlichen, politischen, sozialen und kulturellen Antagonismen, Spaltungen und Polarisierungen abzubauen und zu überwinden. Inzwischen steht die Existenz allen Lebens auf der Erde auf dem Spiel. Das war, ist und bleibt die entscheidende Herausforderung einer neuen kopernikanische Wende in der Geschichte der Menschheit: von der Vorherrschaft wohlhabender Minderheiten zu einem würdigen Leben für alle Menschen