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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Der Rentenbetrug

Im Wirt­schafts­teil einer Tages­zei­tung erschien kürz­lich die Emp­feh­lung an »jun­ge Men­schen (…), recht­zei­tig eine Zusatz­ren­te auf­zu­bau­en«. Dies, »um ihren Lebens­stan­dard im Alter zu sichern«. Die diver­sen Rat­schlä­ge des Arti­kels haben eines mehr oder min­der gemein­sam: Neben den Bei­trä­gen zur gesetz­li­chen Ren­te von der­zeit knapp unter 10 Pro­zent vom Brut­to (Arbeit­ge­ber­an­teil eben­falls rund 10 Pro­zent) sol­len sich die »jun­gen Men­schen« noch­mal zusätz­lich bis zu ca. 10 Pro­zent von ihrem Brut­to­lohn abspa­ren – ohne Arbeit­ge­ber­an­teil und mit Risi­ko (die Finanz­kri­se lässt grü­ßen). Also ganz grob gesagt: Annä­hernd 20 Pro­zent vom Brut­to­ein­kom­men müs­sen Lohn­be­zie­her ent­rich­ten, nur ca. 10 Pro­zent die Arbeit­ge­ber. Lohn­ab­hän­gi­ge und vor allem Arbeit­neh­me­rin­nen, die sich das nicht lei­sten kön­nen, lan­den in der Alters­ar­mut. Das ist wesent­lich die Quint­essenz der bis­he­ri­gen Renten»reformen«.

Ein wei­te­res Ele­ment des Ren­ten­schwin­dels sind die ver­si­che­rungs­frem­den Lei­stun­gen, die der Ren­ten­kas­se ohne ent­spre­chen­de Bei­trags­lei­stun­gen auf­ge­bür­det sind – etwa Kriegs­fol­ge­la­sten (Aus­gleich von NS-Unrechts­ta­ten), Kin­der­er­zie­hungs­zei­ten oder Ren­ten für Aus­sied­ler –, obwohl sie Auf­ga­be des Bun­des­haus­halts wären. Staat­li­che Ren­ten­zu­schüs­se glei­chen nur einen Teil der ver­si­che­rungs­frem­den Lei­stun­gen aus. Über all das ent­schei­den Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­te, die alle mit Pen­sio­nen völ­lig außer­halb der gesetz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung üppig ver­sorgt, also von der »Gesetz­li­chen« über­haupt nicht betrof­fen sind. Sie wer­den (mit lin­ken Aus­nah­men) nie­mals – auch im Traum nicht – dar­an den­ken, ein gerech­tes Ren­ten­sy­stem zu eta­blie­ren, in das alle, auch die Abge­ord­ne­ten selbst, aus­nahms­los und ohne »Bei­trags­be­mes­sungs­gren­ze« ein­zah­len. (Ledig­lich bis zu die­ser Gren­ze müs­sen Bes­ser­ver­die­nen­de Bei­trä­ge in die Ren­ten­kas­se zah­len, was dar­über liegt, bleibt beitragsfrei.)

Ohne all die­se Fines­sen des Ren­ten­schwin­dels wäre jeg­li­cher »Auf­bau von Zusatz­ren­ten« über­flüs­sig, der nur dem Kapi­tal­pro­fit und nicht zuletzt der Finanz­in­du­strie dient. Nur mit einem sol­chen gerech­ten Ren­ten­sy­stem, in das alle, Abge­ord­ne­te, auch Selbst­stän­di­ge und Beam­te ein­zah­len, könn­te auch die wei­ter­wach­sen­de Alters­ar­mut aus­ge­schlos­sen wer­den. Das wäre ein ganz wich­ti­ges Wahl­kampf­the­ma. Das aber wird von den für die Alters­ar­mut ver­ant­wort­li­chen Par­tei­en mit ihrer hoch­ge­schau­kel­ten Migra­ti­ons­de­bat­te in den Hin­ter­grund gedrängt.