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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Der Klang der Kommune

Am 28. Mai jähr­te sich zum 152. Mal das gewalt­vol­le Ende der Pari­ser Kom­mu­ne. Ich möch­te des­halb an die­ser Stel­le eine Dop­pel-CD vor­stel­len, die sich in ihren Lie­dern mit den Idea­len und Sehn­süch­ten jenes Ereig­nis­ses beschäftigt.
Es ist eine nicht hoch genug ein­zu­schät­zen­de Lei­stung, dass unter Feder­füh­rung der fei­nen Band »Die Grenz­gän­ger« der nun auch schon wie­der zwei Jah­re alte Sam­pler »Die Lie­der der Com­mu­ne« ver­öf­fent­licht wur­de. Zusam­men mit vie­len tol­len Künstler/​innen erwie­sen sie noch unter Coro­na-Bedin­gun­gen Tex­ten, die vor­wie­gend aus jener Zeit stam­men, oder sich aus den Jahr­zehn­ten danach auf die Kom­mu­ne bezo­gen, eine respekt­voll-künst­le­ri­sche Würdigung.
Für mich sind die­se zwei CDs eine Schatz­tru­he in einer Schatz­tru­he in einer Schatztruhe!
Die erste Schatz­tru­he eröff­net sich für die Ohren im Hör­ge­nuss von solch außer­ge­wöhn­lich talen­tier­ten Künstler/​innen, wie z. B. die schon erwähn­ten Grenz­gän­ger, das Bre­mer Uku­le­len­or­che­ster, die Micro­pho­ne Mafia, Pau­li­ne Flou­ry & Séverin Valiè­re, Sons of Gast­ar­bei­ta, Ali­ne Bart­h­ele­my, Bernd Köh­ler & Blan­di­ne Bon­jour und vie­le mehr.
Jede Grup­pe, jede/​r Einzelinterpret/​in ver­dient es, dass ihr/​ihm über die­se Dop­pel-CD hin­aus Auf­merk­sam­keit zuteilwird.
Das 48-sei­ti­ge Book­let mit all den Tex­ten und den Ver­fas­ser/-innen eröff­net die zwei­te Tru­he. Noch ein­mal die Tex­te nach­le­sen zu kön­nen, ist ein Gewinn und auch eine wich­ti­ge Geschichts­lek­ti­on, denn vie­le der Stücke sind von Kom­mu­nar­den ver­fasst wor­den, wie z. B. von Jean-Bap­ti­ste Cle­ment (31.05.1836-23.02.1903), des­sen wun­der­vol­ler Chan­son »Le temps des Ceri­ses« von Dani­el Kahn in einer bezau­bern­den jid­di­schen Ver­si­on dar­ge­bo­ten wird, oder Loui­se Michel (29.05.1830-09.01.1905), deren Leben allein schon mehr als einen Auf­satz wert wäre, und dem Kom­po­ni­sten der »Inter­na­tio­na­len«, Euge­ne Pot­tier (04.10.1818-06.11.1887). Namen, deren Klang auf ewig mit Glanz in der Geschich­te der Arbei­ter­be­we­gung nach­hal­len wird.
Allein, dass die »Inter­na­tio­na­le« in ver­schie­de­nen Ver­sio­nen und auch Spra­chen (in Spa­nisch, Jid­disch, Por­tu­gie­sisch, Fran­zö­sisch und Deutsch) dar­ge­bo­ten wird, ist weit davon ent­fernt, eine pro­fa­ne Wie­der­ho­lung zu sein, son­dern viel­mehr Aus­druck des ver­bin­den­den kul­tu­rel­len Ban­des über Gren­zen und Zei­ten hin­weg und zeigt die unge­bro­che­ne Kraft, die in der Idee einer gerech­te­ren Gesell­schaft steckt.
Neben vie­len wei­te­ren hoch­span­nen­den Figu­ren fin­den sich auch Tex­te von Erich Müh­sam (06.04.1878-10.07.1934), der 1934 von den Nazis im KZ Ora­ni­en­burg umge­bracht wur­de, und Ber­tolt Brecht (10.02.1898-14.08.1956). Die­se zwei schrie­ben ihre Tex­te, die Bezug auf 1871 nah­men, in sehr schwie­ri­gen Momen­ten. So war Müh­sams Ver­si­on der »Inter­na­tio­na­len« nach der Nie­der­la­ge der Münch­ner Räte­re­pu­blik 1919 ent­stan­den und Brechts »Reso­lu­ti­on der Kom­mu­nar­den« nach der Ernen­nung Hit­lers zum Reichskanzler.
Die Offen­le­gung der drit­ten Schatz­tru­he – und gestat­ten sie mir mein Pathos – beinhal­tet den zukünf­ti­gen Gewinn, dass die­se 36 Lie­der das Inter­es­se geweckt haben, aus­führ­li­cher in die Geschich­te der Pari­ser Kom­mu­ne und der gan­zen Arbei­ter­be­we­gung ein­tau­chen zu wollen.
Ich wün­sche allen Betei­lig­ten des Sam­plers: »Die Lie­der der Com­mu­ne« vie­le neue Zuhö­rer/-innen.
Ben­ja­min Lapp

Inter­pret: Various Artists/​Die Grenz­gän­ger, Titel: Die Pari­ser Com­mu­ne, Label: Müller-Lüdenscheid.