Großes Leid treibt derzeit 110 Millionen Verzweifelte in die Flucht vor Kriegen, grausamer Unterdrückung, Verwüstung, Hungersnot und den Zerstörungen durch den Klimawandel. Sie brauchen einen sicheren Zufluchtsort, auch in Deutschland und anderen Ländern der EU. Doch das EU-Europa betreibt Pläne zur endgültigen Beseitigung des Asylrechts, zur Inhaftierung und Auslieferung der Opfer und der Kriminalisierung der Seenotrettung und anderer Hilfe für die Flüchtenden. Das ist ein himmelschreiender Verstoß gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte, verabschiedet von den Vereinten Nationen im Dezember 1948, in deren Artikel 14 es heißt: »Jeder hat das Recht, in anderen Ländern vor Verfolgung Asyl zu suchen und zu genießen.«
Gegenwärtig findet ein Wettstreit unter den Parteien statt, wer am meisten gegen dieses Menschenrecht verstößt. Der Spiegel titelte am 20. Oktober mit Foto des Kanzlers und dessen Aufruf: »Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.« »Neue Härte in der Flüchtlingspolitik«, kommentiert das Nachrichtenmagazin und täglich erfolgen neue Aufrufe, gegen Flüchtlinge zu handeln, so besonders von CDU und CSU. Der Bundestag beschloss am 18. Januar ein spezielles Rückführungsgesetz. Dies sei ein wirksames Mittel gegen die AfD, der man den Rang an Unmenschlichkeit ablaufen möchte. Doch die wird damit nicht geschwächt, im Gegenteil.
Die EU beschloss am 20. Dezember ihr gemeinsames Vorgehen, um an der EU-Außengrenze die Flüchtenden abzufangen und in Gefangenenlager einzusperren. Nach scharfer Prüfung werden dann wenige Flüchtende in die EU-Länder weitergeleitet, und es ist daran gedacht, solche Prüfverfahren auch in Drittländern – in Afrika – durchzuführen. Die neue »Bewegung Sahra Wagenknecht« hat die Drittländer-Lösung begrüßt und sich dem Wettbewerb im Ringen gegen die Migration angeschlossen. Man wolle sich für die dänische Lösung einsetzen. Doch die ist nach der italienischen die schlimmste. Italien übt sich in Pushbacks gegen die Flüchtenden auf dem Mittelmeer. Tausende kamen schon ums Leben. Pushbacks mit bewaffneter Gewalt gibt es auch an den Grenzen osteuropäischer Staaten.
Pro Asyl, Flüchtlingsräte, Seebrücke und die VVN-BdA wie auch die Partei Die Linke, Gewerkschaftsgruppen, die Bewegung »Aufstehen gegen Rassismus« und die »Omas gegen rechts« protestieren schon lange gegen diese Entwicklung. Jetzt kam das Fass zum Überlaufen, und es entwickelte sich zigtausendfacher Protest in wenigen Tagen.
Es ist bekannt geworden, dass im November in Potsdam ein Geheimtreffen von AfD-Vertretern, rechten CDU-Leuten und Neonazis stattfand, das einen »Masterplan« zur »Remigration« aller Menschen mit Migrationsgeschichte aus Deutschland, auch solcher mit deutschem Pass, beriet. Wenn man bedenkt, dass mehr als ein Viertel der deutschen Bevölkerung einen migrantischen Hintergrund hat und z. T. seit mehreren Generationen unter uns lebt, dann versteht man die Aufregung und die große Zahl der diesem faschistischen Plan Widerstehenden. Das Vorhaben erinnert an die Deportationspläne der Nazis, die letzten Endes zur Wannseekonferenz führten.
Auch die Ampel- und die Oppositionsparteien geben sich aufgeregt – und reagieren »als Antwort« mit einer Verschärfung ihrer Anti-Asylpolitik-Rhetorik. Nicht einfach »Deutschland den Deutschen, Ausländer raus« rufen sie, sondern nur dies: »Wir müssen endlich in großem Stil abschieben«. Die CSU setzt noch eins drauf: Der bestehende Grundgesetzartikel pro Asyl müsse gründlich geändert werden.
Was geändert werden muss, ist dies: Die Aufrufe zu den diesjährigen Ostermärschen müssen ergänzt werden um Aufrufe zum Aufstehen gegen den Rassismus und für die Menschenrechte.