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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Deportationspläne

Gro­ßes Leid treibt der­zeit 110 Mil­lio­nen Ver­zwei­fel­te in die Flucht vor Krie­gen, grau­sa­mer Unter­drückung, Ver­wü­stung, Hun­gers­not und den Zer­stö­run­gen durch den Kli­ma­wan­del. Sie brau­chen einen siche­ren Zufluchts­ort, auch in Deutsch­land und ande­ren Län­dern der EU. Doch das EU-Euro­pa betreibt Plä­ne zur end­gül­ti­gen Besei­ti­gung des Asyl­rechts, zur Inhaf­tie­rung und Aus­lie­fe­rung der Opfer und der Kri­mi­na­li­sie­rung der See­not­ret­tung und ande­rer Hil­fe für die Flüch­ten­den. Das ist ein him­mel­schrei­en­der Ver­stoß gegen die All­ge­mei­ne Erklä­rung der Men­schen­rech­te, ver­ab­schie­det von den Ver­ein­ten Natio­nen im Dezem­ber 1948, in deren Arti­kel 14 es heißt: »Jeder hat das Recht, in ande­ren Län­dern vor Ver­fol­gung Asyl zu suchen und zu genießen.«

Gegen­wär­tig fin­det ein Wett­streit unter den Par­tei­en statt, wer am mei­sten gegen die­ses Men­schen­recht ver­stößt. Der Spie­gel titel­te am 20. Okto­ber mit Foto des Kanz­lers und des­sen Auf­ruf: »Wir müs­sen end­lich im gro­ßen Stil abschie­ben.« »Neue Här­te in der Flücht­lings­po­li­tik«, kom­men­tiert das Nach­rich­ten­ma­ga­zin und täg­lich erfol­gen neue Auf­ru­fe, gegen Flücht­lin­ge zu han­deln, so beson­ders von CDU und CSU. Der Bun­des­tag beschloss am 18. Janu­ar ein spe­zi­el­les Rück­füh­rungs­ge­setz. Dies sei ein wirk­sa­mes Mit­tel gegen die AfD, der man den Rang an Unmensch­lich­keit ablau­fen möch­te. Doch die wird damit nicht geschwächt, im Gegenteil.

Die EU beschloss am 20. Dezem­ber ihr gemein­sa­mes Vor­ge­hen, um an der EU-Außen­gren­ze die Flüch­ten­den abzu­fan­gen und in Gefan­ge­nen­la­ger ein­zu­sper­ren. Nach schar­fer Prü­fung wer­den dann weni­ge Flüch­ten­de in die EU-Län­der wei­ter­ge­lei­tet, und es ist dar­an gedacht, sol­che Prüf­ver­fah­ren auch in Dritt­län­dern – in Afri­ka – durch­zu­füh­ren. Die neue »Bewe­gung Sahra Wagen­knecht« hat die Dritt­län­der-Lösung begrüßt und sich dem Wett­be­werb im Rin­gen gegen die Migra­ti­on ange­schlos­sen. Man wol­le sich für die däni­sche Lösung ein­set­zen. Doch die ist nach der ita­lie­ni­schen die schlimm­ste. Ita­li­en übt sich in Push­backs gegen die Flüch­ten­den auf dem Mit­tel­meer. Tau­sen­de kamen schon ums Leben. Push­backs mit bewaff­ne­ter Gewalt gibt es auch an den Gren­zen ost­eu­ro­päi­scher Staaten.

Pro Asyl, Flücht­lings­rä­te, See­brücke und die VVN-BdA wie auch die Par­tei Die Lin­ke, Gewerk­schafts­grup­pen, die Bewe­gung »Auf­ste­hen gegen Ras­sis­mus« und die »Omas gegen rechts« pro­te­stie­ren schon lan­ge gegen die­se Ent­wick­lung. Jetzt kam das Fass zum Über­lau­fen, und es ent­wickel­te sich zig­tau­send­fa­cher Pro­test in weni­gen Tagen.

Es ist bekannt gewor­den, dass im Novem­ber in Pots­dam ein Geheim­tref­fen von AfD-Ver­tre­tern, rech­ten CDU-Leu­ten und Neo­na­zis statt­fand, das einen »Master­plan« zur »Remi­gra­ti­on« aller Men­schen mit Migra­ti­ons­ge­schich­te aus Deutsch­land, auch sol­cher mit deut­schem Pass, beriet. Wenn man bedenkt, dass mehr als ein Vier­tel der deut­schen Bevöl­ke­rung einen migran­ti­schen Hin­ter­grund hat und z. T. seit meh­re­ren Gene­ra­tio­nen unter uns lebt, dann ver­steht man die Auf­re­gung und die gro­ße Zahl der die­sem faschi­sti­schen Plan Wider­ste­hen­den. Das Vor­ha­ben erin­nert an die Depor­ta­ti­ons­plä­ne der Nazis, die letz­ten Endes zur Wann­see­kon­fe­renz führten.

Auch die Ampel- und die Oppo­si­ti­ons­par­tei­en geben sich auf­ge­regt – und reagie­ren »als Ant­wort« mit einer Ver­schär­fung ihrer Anti-Asyl­po­li­tik-Rhe­to­rik. Nicht ein­fach »Deutsch­land den Deut­schen, Aus­län­der raus« rufen sie, son­dern nur dies: »Wir müs­sen end­lich in gro­ßem Stil abschie­ben«. Die CSU setzt noch eins drauf: Der bestehen­de Grund­ge­setz­ar­ti­kel pro Asyl müs­se gründ­lich geän­dert werden.

Was geän­dert wer­den muss, ist dies: Die Auf­ru­fe zu den dies­jäh­ri­gen Oster­mär­schen müs­sen ergänzt wer­den um Auf­ru­fe zum Auf­ste­hen gegen den Ras­sis­mus und für die Menschenrechte.