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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Daseinsvorsorge statt Zerstörung

Die Frie­dens­be­we­gung ist heu­te ange­sichts der welt­wei­ten Span­nun­gen und ange­sichts der Welt­rü­stung – quan­ti­ta­tiv und qua­li­ta­tiv – min­de­stens so wich­tig für das Über­le­ben der Zivi­li­sa­ti­on wie in den ver­gan­ge­nen Jahr­zehn­ten. Die Web­site des Bul­le­tins der Nukle­ar­wis­sen­schaf­ten warnt uns, es ist ihrer For­schung zufol­ge für die Mensch­heit nur noch sym­bo­li­sche 90 Sekun­den vor zwölf. Eine der heu­ti­gen ther­mo­nu­klea­ren Bom­ben hat mehr Spreng­kraft als alle Bom­ben des Zwei­ten Welt­kriegs. Wenn es heu­te eine Zukunft für die Mensch­heit gibt, dann nur, wenn sie eine fried­li­che wird.

Eines der Pla­nungs- und Steue­rungs­zen­tra­len für den Krieg im Atom­zeit­al­ter ist die Nato-Luft­leit­zen­tra­le im links­rhei­ni­schen Kalkar/​Uedem, unweit der Gren­ze zu den Bene­lux-Staa­ten. Krie­ge, wie sie die Mili­tär­lob­by ein­kal­ku­liert, ber­gen die Gefahr der nuklea­ren Aus­lö­schung der Mensch­heit in sich. Schon des­halb ist es emi­nent wich­tig, sich nicht von der seri­ös ver­pack­ten Pro­pa­gan­da des mili­tä­risch-indu­stri­el­len Kom­ple­xes beein­flus­sen zu las­sen. Krie­ge enden nun ein­mal nicht im Frie­den. Die Frie­dens­be­we­gung kennt das Auf und Ab, wie auch die Öko­lo­gie- und ande­re Bewe­gun­gen. Wir sind aktiv, um die Gefahr abzu­wen­den, solan­ge sie besteht und solan­ge es noch geht. Wir for­dern Gerech­tig­keit, Kli­ma- und Umwelt­schutz statt Eska­la­ti­on und Hoch­rü­stung! Wir for­dern Diplo­ma­tie und die Wie­der­auf­nah­me der vom Westen abge­bro­che­nen Ver­hand­lun­gen um die Ukrai­ne, wir for­dern die Ein­hal­tung des inter­na­tio­na­len Rechts wie des Ver­trags zur Ver­ei­ni­gung der bei­den deut­schen Staa­ten statt der Nato-Ost-Expan­si­on. Wir for­dern die Stär­kung der UNO und eine Frie­dens­ord­nung in gemein­sa­mer, weil gegen­sei­ti­ger Sicher­heit, wie sie u. a. der 2+4-Vertrag zur Ver­ei­ni­gung der bei­den deut­schen Staa­ten ver­langt. Die­se Vor­schrift umfasst auch die Sicher­heit Russlands.

Der­zeit stel­len die Medi­en den Ukrai­ne­krieg als die von Russ­land ver­schul­de­te Zei­ten­wen­de und die Nato-Expan­si­on als ein Frie­dens­pro­jekt dar. Die Stei­ge­rung der Hoch- und der Atom­rü­stung wird als Frie­dens­pro­jekt weiß­ge­wa­schen. Die Frie­dens­be­we­gung wird im Pro­pa­gan­da­krieg als Gefahr für den Frie­den dis­kre­di­tiert. Wie ver­lo­gen die Kriegs­pro­pa­gan­da ist, das zeigt auch ein Blick in das von Ein­stein und Oppen­hei­mer mit­be­grün­de­te Bul­le­tin der Atom­wis­sen­schaf­ten: Ihrer War­nung zufol­ge leben wir aktu­ell in der gefähr­lich­sten Zeit seit Hiro­shi­ma, und das nicht nur auf­grund der Hoch- und Atom­rü­stung oder der inter­na­tio­na­len Span­nun­gen, son­dern auch durch alle wei­te­ren Zukunftsgefährdungen.

Im rasant wach­sen­den Nato- und Bun­des­wehstand­ort Kalkar/​Uedem befin­det sich das »Com­bi­ned Air Ope­ra­ti­ons Cen­ter« und der »24 Stun­den-Gefechts­stand« der Luft­waf­fe. Ihre mili­tä­ri­schen Kon­troll- und Steue­rungs­auf­ga­ben betref­fen min­de­stens das Gebiet von Island bis zum Bal­ti­kum, von Nor­we­gen bis zu den Alpen. Die Mili­tärs spre­chen von »Luft­ope­ra­ti­on« und mei­nen Kriegs­hand­lun­gen nicht nur der Luftwaffe.

Die Infra­struk­tur für die Füh­rung von Krie­gen erstreckt sich von Kal­kar aus über den Luft­raum, der über uns ist, weit hin­aus: Hier sind auch das Welt­raum­kom­man­do und das »Air and Space Ope­ra­ti­ons Cen­ter« (ASOC) sta­tio­niert. Hier bau­en die Mili­tärs das natio­na­le Lage- und Füh­rungs­zen­trum der Luft­waf­fe immer wei­ter aus. Hier flie­ßen Unsum­men an Steu­er­gel­dern in die Infra­struk­tur nicht für das Leben der Men­schen, son­dern für Zer­stö­rung und Töten, für Kriegs­tüch­tig­keit im 21. Jahrhundert.

Im rasant schnell wach­sen­den Zen­trum Kalkar/​Uedem beschäf­tig­ten Nato und Bun­des­wehr vor zehn Jah­ren laut Rhei­ni­sche Post vom 6. März 2014 cir­ca 1600 Sol­da­ten. Als Herz­stück gilt die Ope­ra­ti­ons­zen­tra­le Luft­waf­fe. Bis zum Ende unse­res Jahr­zehn­tes wird der Bund laut Bun­des­wehr-Web­site mehr als 200 Mil­lio­nen wei­te­re Euro in die Anla­gen in Kal­kar und Uedem inve­stiert haben.

Das Zen­trum Luft­ope­ra­tio­nen ist dem Kom­man­do Luft­waf­fe unter­stellt, und es hat die Füh­rung der Luft­streit­kräf­te als Kern­auf­ga­be. Die Steue­rung von soge­nann­ten Welt­raum­ope­ra­tio­nen kommt hin­zu. Der High­tech-Krieg wird im von den Mili­tärs soge­nann­ten Rake­ten- und Droh­nen-Zeit­al­ter von höch­ster Stel­le aus vor­an­ge­trie­ben. Die­se Tech­nik beschleu­nigt den Daten­fluss, sie stei­gert die Mög­lich­kei­ten, Waf­fen­wir­kun­gen viel­sei­ti­ger zu kom­bi­nie­ren, und sie kann dar­über ent­schei­den, wie über­le­gen eine Armee im Gefecht han­deln kann. Das erfolgt auch durch Satel­li­ten-gesteu­er­te Effek­ti­vi­tät. Laut Gene­ral­ma­jor Micha­el Traut arbei­tet die Bun­des­wehr dar­an, ein ernst­zu­neh­men­der Akteur im All zu wer­den. ALI nen­nen die Mili­tärs Air-Land-Inte­gra­ti­on, also die Abstim­mung der Kräf­te im All mit den Land- und See­streit­kräf­ten, den Cyber-Kom­man­dos und der Luft­waf­fe. Zu alle­dem sagen wir »Nein!«. Uns geht es um Frie­den, nicht um Sieg!

Kal­kars Gene­ral­leut­nant Thor­sten Posch­wat­ta hat die Trup­pe in der von-Seyd­litz-Kaser­ne auf die Auf­ga­ben ein­ge­schwo­ren: »Zei­ten­wen­de bedeu­tet nicht nur 100 Mil­li­ar­den für neue Aus­rü­stung«, so Posch­wat­ta, Die Nato-Bünd­nis­part­ner stel­len wei­te­re Waf­fen­sy­ste­me bereit. Dies alles wür­de im Ernst­fall dann in Kal­kar koor­di­niert und geplant, so die NRZ am 31.1.2023. Wir wis­sen, was sie mit Ernst­fall mei­nen, und wir ant­wor­ten mit den Wor­ten von Ex-Bun­des­prä­si­dent Hei­ne­mann, unser Ernst­fall, in den wir uns alle zu bewäh­ren haben, ist Frie­den. Das Zen­trum Luft­ope­ra­tio­nen arbei­tet laut der Web­site der Gesell­schaft für Sicher­heits­po­li­tik eng mit dem Geo­In­fo­Zen­trum zusam­men, das auch drei­di­men­sio­na­le Regio­nal­da­ten für den Anflug und Angriff von Rake­ten zu Ver­fü­gung stellt. Die Rake­ten sind extrem ziel­ge­nau und flie­gen unter­halb des Radars und sie kön­nen die Radar­auf­klä­rung Russ­lands täu­schen. Sie kön­nen Über­ra­schungs­an­grif­fe gegen Kom­man­do­zen­tra­len, Rake­ten­si­los und Regie­rungs­stel­len Russ­lands füh­ren. Dabei geht es auch um Daten für die in Büchel lie­gen­den US-Nukle­ar-Arse­na­le, um deren Ziel­ge­nau­ig­keit sicher­zu­stel­len. Ihre Sta­tio­nie­rung bedeu­tet, dass die geg­ne­ri­sche Radar­auf­klä­rung durch die Eigen­schaf­ten der Waf­fen kaum Zeit hat, im Fal­le eines Alarms oder Fehl­alarms eine Ent­schei­dung zu durch­den­ken. Der Atom­krieg aus Ver­se­hen wird unver­ant­wort­lich wahr­schein­lich. Die US-Nukle­ar­ar­se­na­le in Büchel sind kei­ne Fall­bom­ben, son­dern sie flie­gen meh­re­re Kilo­me­ter selbst­stän­dig ins Ziel, gestützt mit Daten des Geo­In­fo­Zen­trum. Ihre Eigen­schaf­ten bedeu­ten, dass die­se Angriffs­waf­fen laut US-Gene­ral Cart­wright gebrauchs­freund­li­cher sind.

Die Nato gene­riert hier Risi­ken, die nie­mand jemals ein­ge­hen darf. Das zu ver­hin­dern, dür­fen wir nicht nach­las­sen. Der näch­ste Anlass für unser Frie­dens­en­ga­ge­ment ist die Esse­ner Frie­dens­de­mon­stra­ti­on am 9. Okto­ber gegen die Jah­res­kon­fe­renz der hie­si­gen Stra­te­gie­schmie­de in der Mes­se Essen, in der die Mili­tärs Kon­zep­te für krie­ge­ri­sches Han­deln im Schlacht­feld des 21. Jahr­hun­derts entwickeln.

Mehr Infor­ma­tio­nen fin­den sich auf der Web­site des Esse­ner Friedensforums.