Nichts ist besinnlicher als ein Vorweihnachtsabend mit Spekulatius und Lebkuchen. Unsere drei Jungen trinken Kakao dazu, meine Frau und ich Tee. »Holt doch mal eure Instrumente und spielt uns etwas vor«, schlägt meine Frau vor. »Das würde gut zur Stimmung passen.«
»Ich habe lange nicht geübt«, brummte der Große, der Gitarre spielt. »Umso besser«, antwortet meine Frau, »dann ist dies die beste Gelegenheit.«
»Immer das blöde Vorspielen«, mault der Mittlere. Nur der Kleine rennt los, um seine Violine zu holen. Er stellt sein Können gerne dar und hat schon das Notenheft auf den Ständer gelegt, als die Älteren endlich die Treppen runterkommen. Der Große mit Gitarre und Notenheft in der einen Hand, die andere in der Hosentasche. Sein Bruder schleppt sich derweil mit dem Keyboard ab. Ständer, Klappstuhl und Notenheft, fehlt noch die Tastatur.
»Wieso hilfst du ihm nicht«, stoße ich den Großen an, »du hast doch noch eine Hand frei.«
»Warum denn? Jeder soll sein Instrument selber holen.«
Ich atme tief durch.
»Nimm noch einen Spekulatius«, sagt meine Frau, »das beruhigt.«
Der Mittlere rennt wieder die Treppe hoch.
»Ich fange an!«, ruft der Kleine.
»Nein ich!«
»Ich hatte es am schwersten, schließlich musste ich zweimal die Treppe hoch«, sagt der Mittlere, »deshalb fange ich an.«
»Es geht nach Alter«, entscheidet meine Frau. »Der Kleinste zuerst.«
»Immer der!« Das sagen die beiden Größeren gleichzeitig.
Der Kleine legt los. »Jingle bells« natürlich, das er in den letzten Wochen geübt hat. Wir lehnen uns zurück, schauen uns an und wollen genießen.
Plong, plong, plong. Plötzlich dröhnt etwas dazwischen. »Bist du verrückt«, fahre ich den Großen an, »hörst du nicht, dass der Kleine vorspielt?«
»Ich muss meine Gitarre stimmen.«
»Aber doch nicht jetzt!«
»Wann denn? Aber ich kann es ja auch ganz lassen.« Er steht auf und will aus der Küche gehen.
»Keinen Streit«, ruft meine Frau, »bloß jetzt keinen Streit. Setz dich und hör zu.«
Der Kleine nimmt einen zweiten Anlauf, es klingt etwas schräpiger als beim ersten Mal.
Ping, ping, ping. Jetzt probiert der Mittlere sein Keyboard aus.
»Seid ihr eigentlich wahnsinnig?« Ich höre mich plötzlich brüllen. »Wieso könnt ihr nicht einer nach dem anderen spielen? Einfach der Reihe nach. Das kann doch nicht schwer sein.«
»Ich muss wissen, ob es funktioniert«, verteidigt sich der Mittlere. Mehr schlecht als recht spielt der Kleine sein Lied zu Ende.
»Jetzt du!« Ich zeige auf das Keyboard unseres Mittleren. Der Große stellt seine Gitarre so heftig auf den Boden, dass die Saiten nachklingen, während der Kleine auf Mamas Schoß klettert und sich die Ohren zuhält.
»Was soll das denn?«
»Wenn die bei mir dazwischen spielen«, antwortet der Kleine, »will ich bei denen auch nicht zuhören.«
»Dann kann ich es ja ganz lassen«, ruft der Mittlere.
»Ich auch!«, ruft der Große. »Ich wollte ja sowieso nicht.«
»Aber was ist denn plötzlich los?«, jammert meine Frau. »Eben war doch noch alles in Ordnung. So richtig schön gemütlich und friedlich war es.«
»Ruhe!«, kommandiere ich. »Du spielst jetzt auf dem Keyboard und die anderen hören zu. Danach kommt die Gitarre.«
»Wenn du mich so unter Druck setzt, kann ich sowieso nicht spielen. Musik muss vom Herzen ausgehen, meint mein Lehrer.« Der Mittlere fängt tatsächlich nicht an.
»Dann du«, resigniere ich und zeige auf die Gitarre.
»Wieso denn ich? Ich denke, es geht nach der Reihenfolge. Habt ihr doch eben selbst so bestimmt.«
Ich weiß nicht mehr, was ich sagen soll, reibe mir die Stirn und starre auf die Tischplatte.
»Wer ist auf die Idee mit der Musik gekommen?«, rufe ich dann. »Wer hat damit angefangen?«
»Das war ja klar!«, ruft meine Frau. »Jetzt bin ich wieder schuld. Was anderes fällt dir sowieso nicht ein.«
Sie springt auf, rennt aus der Küche und wirft die Tür hinter sich zu.
»Soll ich noch?«, fragt der Große und hält die Gitarre hoch.
»Bloß nicht«, stöhne ich. »Bloß keine Musik mehr. Am