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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Das kann doch nicht wahr sein

Man kann es hören und lesen. Gehab­ter Nazi-Anti­se­mi­tis­mus soll im Land DDR geför­dert wor­den sein und unge­hemmt wei­ter­ge­lebt haben. Die offi­zi­el­le Distanz zum Zio­nis­mus habe das Land zum Geg­ner israe­li­scher Staats­po­li­tik gemacht. Ein Feind­bild Isra­el habe das Wunsch­bild einer zu allem Jüdi­schen feind­se­li­gen DDR erzeugt. Und die Bevöl­ke­rung habe sich offen­bar genau damit iden­ti­fi­ziert. Eine schockie­rend schlich­te Logik. Genau­so schlich­te Ant­wort: Das kann doch nicht wahr sein.

Am 23. Febru­ar 2019 mein­te Der Tages­spie­gel vom Anti­se­mi­tis­mus als »Wir­kungs­mäch­ti­ges Erbe der DDR« spre­chen zu dür­fen. Was stand da schwarz auf weiß? »Anti­se­mi­ti­sche Bil­der wur­den durch anti­zio­ni­sti­sche Dar­bie­tun­gen ein­ge­übt und fixiert.« Und: »Jugend­li­che wur­den von Zeit­schrif­ten indok­tri­niert.« Nanu – anti­jü­di­sche Feind­bil­der bis hin­ein in Atze oder Mosa­ik? Oder: »Anti-semi­ti­sche Unter­wan­de­rungs- und Ver­schwö­rungs­theo­rien waren im Umgang mit der jüdi­schen Min­der­heit üblich.« Oder: »Innen­po­li­tisch bil­de­ten Juden kei­ne rele­van­te Grö­ße, die Rück­sicht­nah­me erfor­dert hät­te.« Star­ker Tobak.

Von wem wer­den sol­che Sät­ze heu­te nicht nur in die Welt des Tages­spie­gel gesetzt? Der Name des als inte­grer Ken­ner der Mate­rie hun­dert­fach aus­ge­wie­se­nen Exper­ten Wolf­gang Benz steht für Serio­si­tät – und den­noch da als Ver­fas­ser die­ses Tex­tes. Opfer des Faschis­mus sind zu ehren – die­ser Grund­kon­sens der DDR-Gesell­schaft ist Benz geläu­fig. Er mag noch so vie­le berech­tig­te oder unbe­rech­tig­te Vor­be­hal­te gegen die­se Gesell­schaft haben. An der Grund­tat­sa­che kommt er nicht vor­bei, dass im öffent­li­chen Leben der DDR Per­so­nen mit jüdi­schem Back­ground anzu­tref­fen waren. Inwie­weit es in viel stär­ke­rem Maße als in der Bun­des­re­pu­blik der Fall war, bleibt dahin­ge­stellt. Sie oder ihre Ehe­part­ne­rin­nen flan­kier­ten ganz deut­lich eine Eli­ten­bil­dung der beson­de­ren Art. Sie fie­len ledig­lich durch Lei­stung oder Hal­tung auf. Sie selbst sahen sich als gleich­be­rech­tig­te Mit­bür­ger, unter­schie­den nur durch ihre aus Her­kunft und Ver­fol­gung resul­tie­ren­de Biografie.

Von den Über­le­ben­den des Holo­caust, der alle Juden zu ver­nich­ten such­te, mach­te eine gro­ße Anzahl das Gebiet der SBZ und spä­ter der DDR zu ihrer Hei­mat. Poli­tisch sowie­so tra­di­tio­nell links, gaben sie lei­den­schaft­lich, aber stets skep­tisch Genos­sin­nen und Genos­sen. In der Gesell­schaft der DDR war das reli­giö­se oder kon­fes­sio­nel­le Bekennt­nis grund­sätz­lich in kei­ner Wei­se bestim­mend. Da die mei­sten von denen, die hier zur Debat­te ste­hen, im uni­ver­si­tä­ren und künst­le­ri­schen Milieu sowie in den Mas­sen­me­di­en tätig waren, hat­te ein gro­ßer Teil der Bevöl­ke­rung mit ihnen Kon­takt. Hät­te es Anzei­chen feind­se­li­ger ras­si­sti­scher Abwer­tung gege­ben, wäre das sofort auf­ge­fal­len. Bezeich­nend ist die all­ge­mein zu hören­de Fest­stel­lung »Juden und Jüdin­nen? Das ist uns ja gar nicht bewusst gewe­sen …« Offen­sicht­lich hat ein kol­le­gi­al freund­li­ches Mit­ein­an­der irgend­ei­ne Distanz gar nicht auf­kom­men lassen.

Wie das nach allem Vor­an­ge­gan­ge­nen funk­tio­nier­te, war fast ein Wunder.

Wenn die pro­mi­nen­ten Polit­bü­ro­mit­glie­der Albert Nor­den und Her­mann Axen agier­ten, waren sie selbst Holo­caust-Betrof­fe­ne. Die Attacke auf Ade­nau­ers Staats­se­kre­tär-Inti­mus Hans Glob­ke als Kom­men­ta­tor der Nürn­ber­ger Ras­se­ge­set­ze konn­te aus kei­nem beru­fe­ne­ren Mund kom­men als dem des Rab­bi­ner­sohns Nor­den. Gegen Scho­nung von Juden­mör­dern im Westen wur­den die Schlag­zei­len des ND vom Ausch­witz-Über­le­ben­den Axen als Chef­re­dak­teur ver­an­lasst. Als der Ausch­witz-Pro­zess dann end­lich zustan­de kam, war es ein Top­ju­rist wie Fried­rich Karl Kaul sei­ner jüdi­schen Mut­ter schul­dig, als Neben­klä­ger des Ostens in Frank­furt am Main alle mög­li­chen Rechts­mit­tel auszureizen.

Inzwi­schen ist das The­ma Anti­se­mi­tis­mus in oft genug ganz unchrist­lich sowie unjü­disch hit­zi­ger Debat­te ein so auf­ge­heizt hei­ßes Eisen, dass beson­ders Lin­ke jede Berüh­rung damit panisch mei­den. Daher rührt eine extre­me ideo­lo­gi­sche Reiz­bar­keit. Der statt­fin­den­de Alar­mis­mus ist meist irre­füh­rend. Eine schlicht­weg alle mensch­li­chen Lebens­zei­chen erfas­sen­de Betrach­tung ist angebracht.

Was ich zeit­le­bens erlebt habe, war näm­lich etwas ganz ande­res. Ich muss es beschrei­ben. Als bereits 14 Jah­re unter Nazi-Ideo­lo­gie Auf­ge­wach­se­ner weck­te der ver­ord­ne­te Juden­hass früh mei­ne Neu­gier dar­auf, woher das kam. Dass mein Vater Walt­her Rathen­au ver­ehr­te, war mir ver­traut. Doch Bücher jüdi­scher Autoren mied er offen­bar. Als ich 1937 in Dres­den zur Schu­le kam, setz­te mich der kind­lich ver­ehr­te Leh­rer Hecker neben den ein­zi­gen jüdi­schen Jun­gen in der Klas­se. Mit Leo Frei­tag zusam­men lern­te ich schrei­ben. Zum neu­en Schul­jahr 1938 war er auf Nim­mer­wie­der­se­hen ver­schwun­den. Ich ver­miss­te ihn sehr. Mei­ne Fra­gen blie­ben unbe­ant­wor­tet. Die Flucht nach Eng­land blieb ein Tabu.

Dres­dens Trüm­mer­wü­ste danach sah sofort jüdi­sche Gesich­ter unter den nun maß­ge­ben­den Anti­fa­schi­sten. Vic­tor Klem­pe­rer trat im Kul­tur­bund in Erschei­nung. Paul Lewitt, im Dezem­ber 1945 aus dem eng­li­schen Exil zurück, grün­de­te sofort in Dres­den-Leu­ben die Volks­büh­ne neu, die mir bald danach den ersten Brecht-Abend bescher­te. Hans Schreck­er star­te­te im März 1946 die Illu­strier­te Zeit im Bild mit Max Zim­me­ring als Kul­tur­re­dak­teur. Die Kin­der­buch­au­to­rin Augu­ste Lazar kam solo, die agi­le Ruth Sey­de­witz trat ihrem Max zum Dar­stel­len eines guten säch­si­schen Mini­ster­prä­si­den­ten an die Sei­te. Wie Lea Grun­dig, aus dem zum Staat Isra­el gewan­del­ten Palä­sti­na gekom­men, nun ihrem von Nazi-Ver­fol­gung gezeich­ne­ten Hans bei­stand. All das konn­te ich bereits als Schü­ler wahrnehmen.

Sie­ben nun zur Gel­tung kom­men­de Lebens­schick­sa­le, sich voll­endend in die­sem von so vie­len Pro­ble­men und Kon­flik­ten bela­ste­ten Staat. Alle blie­ben dabei, obwohl Hans Schreck­er die Aus­nah­me­fi­gur für die sta­li­ni­sti­sche Miss­trau­ens-wel­le gegen West­e­mi­gran­ten her­ge­ben muss­te. Im Exil ver­däch­ti­ge Ret­ter gehabt zu haben, brach­te ihm das Ver­häng­nis: zwei Jah­re Haft. Der Mord-Ver­dacht des Kreml­herr­schers war auf sei­ne jüdi­schen Leib­ärz­te gefal­len. Plötz­lich brach eine bis zu des­sen Tod 1953 genau befri­ste­te anti­jü­di­sche Kam­pa­gne aus. Tsche­chi­sche und unga­ri­sche jüdi­sche Par­tei­funk­tio­nä­re koste­te die­ser Wahn­sinn das Leben. Die DDR mach­te den offen­bar unge­bro­che­nen Schreck­er hin­ter­her wie­der zum Chef­re­dak­teur, hat­te aber mit der Kam­pa­gne die ohne­hin schwa­che jüdi­sche Gemein­de dezimiert.

Dem Flie­hen in den Westen zogen dage­gen die poli­tisch Enga­gier­ten eine Flucht nach vorn vor. Sie waren es, die fort­an ein enor­mes dis­si­den­ti­sches Poten­ti­al in die immer wie­der von Ver­kru­stung bedroh­ten Ver­hält­nis­se einbrachten.

Das alles war kein Geheim­nis. Die groß­ar­ti­gen Zei­tungs­grün­der der Nach­kriegs­zeit in der ehe­ma­li­gen Reichs­haupt­stadt Ber­lin – wer war das denn? Sie hat­ten gro­ßen­teils jüdi­sche Namen: Lex Ende star­te­te 1946 das Neue Deutsch­land – und kurio­ser­wei­se gleich­zei­tig das sati­ri­sche Witz­blatt Fri­scher Wind. Sei­ne Nach­fol­ger als Chef­re­dak­teu­re des Zen­tral­or­gans der SED hie­ßen Rudolf Herrn­stadt, Her­mann Axen, Rudi Sin­ger. Buchen­wald-Rück­keh­rer Her­bert Sand­berg hat­te mit Karl Schnog bereits im Dezem­ber 1945 den Ulen­spie­gel auf den Weg gebracht, Lil­ly Becher die Neue Ber­li­ner Illu­strier­te, Klaus Gysi die Monats­zeit­schrift Auf­bau. Georg Honig­mann erst Ber­lin am Mit­tag , dann Ber­lin am Abend, ehe er mit der »Stacheltier«-Filmproduktion und dem Kaba­rett Distel ins sati­ri­sche Fach wechselte.

In die­se Rei­he gehört auch Hans Leo­nard, der schon 1945 mit Maud von Ossietzky Die Weltbühne neu grün­de­te, auf deren Erbe wir Ossietzky-Leu­te uns heu­te noch bezie­hen. Da gab es unter wohl­wol­len­der För­de­rung durch Albert Nor­den einen deut­lich jüdisch gepräg­ten Pool intel­lek­tu­el­ler Zeit­sicht. Jür­gen Kuc­zyn­ski, Sieg­bert Kahn, Hen­ryk Keisch und Emil Car­le­bach gehör­ten von Anfang an zum festen Autoren­stamm. Da die­se Kli­en­tel in der Regel ganz unpro­le­ta­risch bür­ger­lich daher­kam, bedien­te sie mit­ten im Arbei­ter-und-Bau­ern-Staat stark eine sol­che Mentalität.

Als erheb­li­che Ver­stär­kung kamen in der zwei­ten Wel­le der Pres­se­grün­dun­gen nach 1953 die Wochen­post (Kurt Nehei­mer), Das Maga­zin (Hil­de Eis­ler), Eulen­spie­gel (Peter Nel­ken) und Sibyl­le (Sibyl­le Gerst­ner) dazu. Ob Rudolf Hirsch da, Ber­ta Water­st­radt dort – jüdi­sche Autoren waren prä­sent. Jüdi­sches Leben wur­de von Heinz Knob­loch und Jür­gen Ren­nert erforscht. Wo soll­te denn zu die­sen in der Beliebt­heit beim Publi­kum wett­ei­fern­den Pres­se­or­ga­nen der Anti­se­mi­tis­mus her­kom­men? Eine absur­de Vermutung.

Mei­ne gan­ze Berufs­wahl auf dem Weg zu künst­le­risch poin­tier­ter Publi­zi­stik wur­de durch die Lei­stun­gen die­ser Leu­te geprägt. Noch vor dem Abitur 1949 erleb­te ich mei­nen Vater in Hei­li­gen­damm im Dis­put mit Ste­phan Herm­lin über die dort ihre ersten Feri­en fei­ern­den West-Remi­gran­ten. Ich freu­te mich über die sym­pa­thi­sche und intel­li­gen­te Aus­strah­lung von Men­schen, die eben noch auf den Todes­li­sten von Ausch­witz gestan­den hatten.

Für mich als Kunst­stu­dent in Leip­zig waren die Kul­tur­kon­gres­se zur Buch­mes­se ein Indiz für all das. Da spra­chen Ernst Bloch und Hans May­er, und Fried­rich Karl Kaul refe­rier­te einen Rechts­streit um den Dich­ter Herm­lin. Da wur­de offen der For­ma­lis­mus­vor­wurf gegen John Heart­field zurück­ge­wie­sen. Her­mann Bud­zis­law­ski wur­de extra aus dem US-Exil geholt, Direk­tor der Jour­na­li­sten­aus­bil­dung an der Uni­ver­si­tät Leip­zig zu wer­den. Wur­de aber »nur« Pro­fes­sor, und erst 1954 Dekan. Ger­hart Eis­ler, der Bru­der des Kom­po­ni­sten der Natio­nal­hym­ne Hanns Eis­ler, konn­te nach Ankunft aus New York ein »Amt für Infor­ma­ti­on« über­neh­men. Und nach des­sen Auf­lö­sung als Inten­dant des Staat­li­chen Rund­funk­ko­mi­tees durch extrem unkon­ven­tio­nel­les Auf­tre­ten glän­zen. Nicht genug damit, war er regel­mä­ßig auf den Sei­ten der Jun­gen Welt um die Beant­wor­tung unbe­que­mer Fra­gen bemüht. Und Hans Jaco­bus konn­te sein »Pro­fes­so­ren­kol­le­gi­um« nicht nur im Radio hör­bar, son­dern auch im Fern­se­hen sicht­bar machen.

So hat­te sich nicht nur ein Per­so­nal­be­stand sor­tiert, der öffent­lich fürs Ideo­lo­gi­sche zustän­dig war. Die ersten bei­den DEFA-Fil­me »Die Mör­der sind unter uns« und »Ehe im Schat­ten« eröff­ne­ten die lan­ge Rei­he von Film- und Fern­seh­pro­duk­tio­nen zur Juden­ver­fol­gung unter dem System der Nazis. Die 692 Sei­ten des Buches der Rei­he »Tan­gen­ten«, auf denen Elke Schie­ber 2015 »Holo­caust und jüdi­sches Leben im Spie­gel audio­vi­su­el­ler Medi­en der SBZ und der DDR 1946 bis 1990« doku­men­tier­te, lie­fern sou­ve­rän den Beweis, wie inten­siv von Fil­me­ma­chern da infor­miert und argu­men­tiert wur­de. In den 1387 Sen­dun­gen Karl-Edu­ard von Schnitz­lers »Der schwar­ze Kanal« wur­de 21mal in jener abwer­ten­den Ton­art vom Staat Isra­el gespro­chen, die nun als Beweis fort­ge­setz­ten Anti­se­mi­tis­mus her­hal­ten muss. Schnitz­lers Pen­dant Ger­hard Löwen­thal bedien­te sich im »ZDF-Maga­zin« gegen­über dem Osten kaum einer gepfleg­te­ren Ausdrucksweise.

Die Situa­ti­on, in der ich 1955 in Ber­lin Fuß fass­te, war nicht anders als per­so­nell viel­schich­tig zu bezeich­nen. Wo Leu­te initia­tiv waren, immer wie­der jüdi­sche Namen. Der inter­na­tio­nal ange­leg­te Ver­lag Volk und Welt: Wal­ter Czol­lek. Das Schiff­bau­er­dammthea­ter: Fritz Wisten. Das dar­aus ent­ste­hen­de Ber­li­ner Ensem­ble: Hele­ne Weigel. Als ich bereits nach kur­zer Zeit mei­ne Por­trät­ka­ri­ka­tu­ren, die ich alter­nie­rend mit Her­bert Sand­berg und Leo Haas jede Woche im Eulen­spie­gel mach­te, im Pres­se­club aus­stell­te, spei­sten sie per­sön­lich dar­un­ter zu Mit­tag. Der Haus­herr als Vor­sit­zen­der des Pres­se­ver­ban­des war Georg Krausz. Oben drü­ber spiel­ten die Distel-Leu­te. Da folg­te im Direk­to­rat Otto Stark Georg Honig­mann. Des­sen Frau Liz­zy lei­te­te das Syn­chron­stu­dio der DEFA.

Im Klub der Kul­tur­schaf­fen­den mach­ten sich alter­na­tiv ande­re Namen bemerk­bar. Ste­phan Herm­lin brach­te auf­müp­fi­ge jun­ge Dich­ter ins Gespräch. Da tag­te unter Regie Bru­no Kai­sers die biblio­phi­le Pirck­hei­mer-Gesell­schaft. Und Her­bert Sand­berg hielt für die Bild­kunst mit Doris Kaha­ne und Inge­borg Hun­zin­ger gegen den For­ma­lis­mus­ver­dacht stand. Kon­rad Wolf folg­te Arnold Zweig als Prä­si­dent der Aka­de­mie der Kün­ste – bei­de unver­kenn­bar in der Spur jüdi­scher The­ma­tik. Sein Bru­der Mar­kus scher­te 1987 fast dis­si­den­tisch aus der Hier­ar­chie des Geheim­dien­stes aus. Mit Anna Seg­hers, Lea Grun­dig, Ernst Her­mann Mey­er und Wolf­gang Heinz waren alle Künst­ler­ver­bän­de prä­si­di­al auf die­se Wei­se domi­niert. Ein Rät­sel, wie all das mit einem qua­si ver­ord­ne­ten Anti­se­mi­tis­mus ver­ein­bar gewe­sen sein soll.

Wenn es Zoff gab mit der Par­tei, die immer recht haben woll­te, dann war der immer poli­tisch, und nie ras­si­stisch. Ste­fan Heym, mit der Kolum­ne »Offen gesagt« in der Ber­li­ner Zei­tung akzep­tiert, eck­te erst mit quer geschrie­be­nen Büchern an. Jurek Becker, mit »Jakob der Lüg­ner« zum jüdi­schen The­ma pro­mi­nent gewor­den, initi­ier­te mit ihm den Pro­test um den Lie­der­ma­cher Wolf Bier­mann. Kaum zu glau­ben, wenn der kata­stro­pha­le Eklat dar­um von den pri­vat mit Vater Bier­mann befreun­de­ten Hon­eckers anti­se­mi­tisch gese­hen wor­den wäre.

Das war das Innen­le­ben der DDR. Von Men­schen besie­delt, die sich müh­se­lig und immer von Rück­fäl­len bedroht von dem mör­de­ri­schen Juden­hass der Ver­gan­gen­heit befrei­ten. Die­ses kon­kre­te Land hier war in den Jahr­zehn­ten nach dem Holo­caust von vie­len sei­ner Über­le­ben­den mit­ge­stal­tet wor­den. Das lässt sich nicht mehr auseinanderdividieren.