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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Damals und heute

Der Poli­zei­prä­si­dent, Ber­lin, Alex­an­der­str. 3/​6, den 3ten Novem­ber 1913, Abtei­lung VII, Geheim:

Rosa­lie Luxem­burg, die sich seit 1898 mit Unter­bre­chun­gen in Ber­lin oder des­sen Umge­bung auf­ge­hal­ten hat, wohnt zur­zeit in Süd­ende bei Ber­lin, Lin­den­stra­ße 2 als Mieterin.

An Bestra­fun­gen der Genann­ten sind zur dies­sei­ti­gen Kennt­nis gekom­men: 1/​1901 zu Posen wegen öffent­li­cher Belei­di­gung zu 100 Mark Geld­stra­fe, 2/​1904 zu Zwickau wegen Maje­stäts­be­lei­di­gung zu 3 Mona­ten Gefäng­nis, 3/​1905 zu Wei­mar wegen Anrei­zung zum Klas­sen­hass zu 2 Mona­ten Gefängnis.

König­li­che Poli­zei­di­rek­ti­on in München.

 Ob Poli­zei­di­rek­tio­nen, Staats­an­walt­schaf­ten und Gerich­te mög­li­cher­wei­se etwas vor­sich­ti­ger agie­ren wie anno dazu­mal, ist nicht ver­bürgt. Aber die Euro­pa­ab­ge­ord­ne­te Marie-Agnes Strack-Zim­mer­mann hat von Febru­ar 2023 bis Sep­tem­ber 2024 an die 1900 Straf­an­zei­gen gestellt. Ein Spre­cher der Staats­an­walt­schaft Köln erklär­te dazu: »In fast allen Fäl­len han­delt es sich dabei um Belei­di­gun­gen. Nur in ver­ein­zel­ten Aus­nah­me­fäl­len kamen auch ande­re Straf­tat­be­stän­de in Betracht.« Zu all­fäl­li­gen Ver­ur­tei­lun­gen bzw. Straf­hö­hen gibt es noch kei­ne brauch­ba­ren Zahlenangaben.

Eben­so wenig sta­ti­stisch erfasst sind Anzei­gen und Ver­ur­tei­lun­gen wegen Anrei­zung zur »Spal­tung der Gesell­schaft«. Die media­le Het­ze und Auf­for­de­rung zur gericht­li­chen Ver­fol­gung der­ar­ti­ger »Delik­te« haben sich aller­dings dau­er­haft eingebürgert.

In der Ver­tei­di­gung der staat­li­chen Orga­ne erweist sich der Unter­schied zwi­schen den dama­li­gen media­len Akteu­ren, könig­li­chen Poli­zei­di­rek­tio­nen, Staats­an­walt­schaf­ten und Gerich­ten, und den heu­ti­gen weni­ger signi­fi­kant als oft­mals gedacht.