Der Polizeipräsident, Berlin, Alexanderstr. 3/6, den 3ten November 1913, Abteilung VII, Geheim:
Rosalie Luxemburg, die sich seit 1898 mit Unterbrechungen in Berlin oder dessen Umgebung aufgehalten hat, wohnt zurzeit in Südende bei Berlin, Lindenstraße 2 als Mieterin.
An Bestrafungen der Genannten sind zur diesseitigen Kenntnis gekommen: 1/1901 zu Posen wegen öffentlicher Beleidigung zu 100 Mark Geldstrafe, 2/1904 zu Zwickau wegen Majestätsbeleidigung zu 3 Monaten Gefängnis, 3/1905 zu Weimar wegen Anreizung zum Klassenhass zu 2 Monaten Gefängnis.
Königliche Polizeidirektion in München.
Ob Polizeidirektionen, Staatsanwaltschaften und Gerichte möglicherweise etwas vorsichtiger agieren wie anno dazumal, ist nicht verbürgt. Aber die Europaabgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann hat von Februar 2023 bis September 2024 an die 1900 Strafanzeigen gestellt. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln erklärte dazu: »In fast allen Fällen handelt es sich dabei um Beleidigungen. Nur in vereinzelten Ausnahmefällen kamen auch andere Straftatbestände in Betracht.« Zu allfälligen Verurteilungen bzw. Strafhöhen gibt es noch keine brauchbaren Zahlenangaben.
Ebenso wenig statistisch erfasst sind Anzeigen und Verurteilungen wegen Anreizung zur »Spaltung der Gesellschaft«. Die mediale Hetze und Aufforderung zur gerichtlichen Verfolgung derartiger »Delikte« haben sich allerdings dauerhaft eingebürgert.
In der Verteidigung der staatlichen Organe erweist sich der Unterschied zwischen den damaligen medialen Akteuren, königlichen Polizeidirektionen, Staatsanwaltschaften und Gerichten, und den heutigen weniger signifikant als oftmals gedacht.