Bernd Schirmer, kürzlich achtzig geworden, hat in seinem Leben einen dicken Packen an Geschichten, Romanen und Drehbüchern verfasst. Noch immer aber findet er »Geschichten aus verflossener Zeit«. So heißt ein Bändchen in dem kleinen, feinen Granseer Verlag Edition Schwarzdruck, der zum Beispiel auch von Steffen Mensching eine umfangreiche Gedichtauswahl herausbrachte.
Der Verleger heißt Marc Berger, der Ausstatter Roland Berger, die Nachwortschreiberin für Schirmer Christel Berger. Ein Familienunternehmen, das dem Erzähler Bernd Schirmer bestens gerecht wird. Er hatte mit dem Roman »Schlehweins Giraffe« 1992 einen kleinen Bestseller, mit »Silberblick« 2017 ein autobiografisches Werk von Rang veröffentlicht. Mit siebzig Folgen der ZDF-Serie »Der Landarzt« gehörte er auch nicht zu den Autoren, die am Hungertuch nagen mussten.
Dennoch, so scheint mir, werden seine klug gesponnenen, humorvollen, atmosphärisch dichten Geschichten unterschätzt. Wie genau er eine vergangene Welt wiederzugeben weiß, dafür zwei Beispiele aus diesem Band. »Der große Couscous« erinnert an Schirmers Lektorenzeit in Algerien. Immer mal wieder tauchen später im Berliner Heim algerische Freunde auf, die mal gen Kommunismus, gen Islam oder gen jungen Nationalstaat tendieren, arabisch oder französisch sich verwirklichen wollen. Sie wundern sich, wenn die Frau des Hauses Kopftuch trägt, ohne dies einer Krankheit zurechnen zu können.
Die satirische Groteske »Der Film« wiederum nimmt all den Blödsinn hopp, der die deutsche, demokratische, sozialistische Filmproduktion kennzeichnete. Man muss kein Kenner der einstigen Kulturpolitik sein, um oft herzhaft lachen zu können – und gelegentlich wenig heitere, eher bittere Gefühle beim Abschied des Sozialismus aus dem Lande DDR zu empfinden.
Bernd Schirmer: »Das leise Ticken der Sonnenuhr. Geschichten aus verflossener Zeit«, Belege wiedergefundener Lesestoffe Nr. 25, Edition Schwarzdruck, 116 Seiten, 14 €