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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Blau ist nicht nur der Enzian

Man will es ein­fach nicht glau­ben …, aber neu­lich frag­te mich ein Bekann­ter: »Was ist dei­ne Lieb­lings­far­be?« Wie aus der Pisto­le geschos­sen ant­wor­te­te ich: »Blau, natür­lich blau!« »Aber war­um willst du das wis­sen?«, frag­te ich nun mei­ner­seits. »Über die Vor­lie­ben für bestimm­te Far­ben kann man gewis­se Rück­schlüs­se auf Cha­rak­ter und Wesen einer Per­son zie­hen«, wur­de ich auf­ge­klärt. »Und was kann man über so einen Blau-Typen aus­sa­gen wie mich?« ließ ich nicht locker. »Der Blau-Lieb­ha­ber will Kar­rie­re machen, fährt japa­ni­sche Autos und hat als Haus­tier eine Kat­ze.« »Quatsch«, erwi­der­te ich ver­är­gert, »da liegst du mit dei­nen Ver­mu­tun­gen bei mir aber völ­lig daneben.«

Sol­che Farb­psy­cho­lo­gie und Sym­bo­lik fin­de ich Unsinn. Auf die Fra­ge nach mei­nem Lieb­lings­es­sen muss­te ich dage­gen län­ger nach­den­ken. Kohl­rou­la­de? Königs­ber­ger Klop­se? Brok­ko­li­auf­lauf? Schwe­di­sche Apfel­tor­te? Ein klas­si­sches Lieb­lings­ge­richt habe ich nicht. Sicher gibt es ein paar Spei­sen, bei denen ich mich freue, wenn sie auf den Tisch kom­men. Im Grun­de genom­men bin ich ein soge­nann­ter Alles­es­ser – aber bit­te mit Geschmack.

Obwohl die Far­be Blau Serio­si­tät und Har­mo­nie sym­bo­li­sie­ren soll und die Lieb­lings­far­be von knapp 40 Pro­zent der Deut­schen ist, ner­ven mich sol­che Fra­gen nach der Lieb­lings­far­be, dem Lieb­lings­es­sen, dem Lieb­lings­film, der Lieb­lings­mu­sik oder nach mei­nem Lieb­lings­buch. Ich lese viel, und mein Lieb­lings­buch ist immer jenes, das ich gera­de lese. Also lasst mich dem­nächst mit sol­chem Schnick­schnack zufrie­den, sonst sehe ich nicht blau, son­dern rot.