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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Betriebserlaubnisse

Staa­ten bezie­hen sich auf­ein­an­der mit dem Ertei­len und Ver­wei­gern von an Auf­la­gen geknüpf­ten Gestat­tun­gen, die nach je außen­po­li­ti­scher Macht­fül­le wir­ken. So ist es nur den USA mög­lich, z. B. dem Staat Isra­el eine car­te blan­che aus­zu­stel­len, die die Welt respek­tie­ren muss, oder Regime-desta­bi­li­sie­ren­den Oppo­si­tio­nen ein »anything goes« ein­zu­räu­men. Eben­so grund­sätz­lich gel­ten ame­ri­ka­ni­sche Ver­bo­te feind­li­cher Vor­ha­ben (Biden: »Don’t, don’t, don’t«). Betrof­fen sind z. B. Hamas, Iran, Russ­land, Chi­na sowie in weni­ger dring­li­chem Maß Land­stri­che, deren Unter­le­gen­heit zu per­p­etu­ie­ren ist. Töd­li­che Fol­gen hat­te bei der Zer­schla­gung Jugo­sla­wi­ens die west­li­che kampf­be­wehr­te Aner­ken­nung von Sezes­sio­nen, und nun ver­leiht deren Ver­bot den Unter­stüt­zern Kiews im Ukrai­ne­krieg mör­de­ri­sche Durchschlagskraft.

Der Supre­ma­tie von »movers and shakers« unter­lie­gen Staa­ten und Regio­nen, die noch immer eine vom wei­ßen Mann altru­istisch zu schul­tern­de Bür­de sind. Im glo­ba­len Kasten­we­sen gibt es Län­der und »Tiger­staa­ten«, die je nach Welt­markt­kon­junk­tur zeit­wei­lig über »Schwel­len« je eige­ner Pro­duk­tiv­kraft sprin­gen (könn­ten). Ihr Wil­le, am glo­ba­len Wett­be­werb ein­träg­lich teil­zu­neh­men, ist will­kom­men, solan­ge er sich im Rah­men des­sen bewegt, was die indu­stri­el­len Dreh­schei­ben als gedeih­lich betrach­ten für ihren »Han­del und Wan­del« genann­ten Zugriff auf Öko­no­mien ande­rer Sou­ve­rä­ne. Das ist die Auf­la­ge der Ange­bo­te des frei­en Westens; sol­che »Ange­bo­te« abzu­leh­nen, ist kei­ne – sank­ti­ons­freie – Option.

Stra­fen ste­hen auf Bestre­bun­gen, in die Tat umzu­set­zen, was Chi­na, der ein­zig­ar­ti­gen Aus­nah­me vom Ent­wick­lungs­ge­setz der »Drit­ten Welt«, gelun­gen ist. Die Aus­sicht auf Pro­fit­träch­tig­keit einer für aus­län­di­sches Kapi­tal noch brach­lie­gen­den gigan­ti­schen Werk­bank sowie eines enor­men noch uner­schlos­se­nen Absatz­markts zog die­ses magne­tisch an. So weit, so gut. Jedoch nutz­te, wie sich im Nach­hin­ein her­aus­stell­te, das chi­ne­si­sche Stand­ort­kom­man­do die men­schen­freund­li­chen Inve­sti­tio­nen selbst­süch­tig und men­schen­ver­ach­tend dafür, aus ihnen für sich zu viel abzu­zwei­gen: eine nach­ho­len­de Ent­wick­lung vom Habe­nichts zu einer natio­nal­öko­no­mi­schen und mili­tä­ri­schen Macht, mit der die eta­blier­ten Indu­strie­na­tio­nen nicht (mehr) nach Belie­ben umsprin­gen kön­nen. So war das nicht gedacht, und des­halb neh­men west­li­che Kla­gen über Quer­schlä­ger des vor­ma­li­gen Ping­pong­part­ners kein Ende. Gegen ein aber­mals zu monie­ren­des »scheel Anse­hen«, d. h. gegen die Ver­stockt­heit Chi­nas ewig gül­ti­gen Welt­nut­zungs­re­geln gegen­über, gibt der Westen mit der Bezeich­nung »syste­mi­scher Riva­le« eine Kriegs­er­klä­rung ab und einen Grund an. Aus­ge­macht ist, dass sich »die chi­ne­si­sche Fal­le« nicht wie­der­ho­len darf; im Inter­es­se ihres Eigen­wohls haben even­tu­ell unsi­che­re Kan­to­ni­sten unbe­dingt den Ein­flü­ste­run­gen des gel­ben Teu­fels und all sei­nen Wer­ken zu wider­ste­hen – regel­ba­siert, also gefäl­ligst gehorsam.

Für sich selbst und den »Rest« schafft die kapi­ta­li­sti­sche Pro­spek­tie­rung des Erd­balls durch die öko­no­misch-mili­tä­risch Fort­schritt­lich­sten ver­bind­li­che Per­spek­ti­ven. Deren Mach­art gilt für alle, gleich in wel­cher »Gewichts­klas­se«, d. h. mit wel­chen Erfolgs­chan­cen die ein­zel­nen antre­ten; Teil­neh­mer am Welt­markt müs­sen sich in ihm bewäh­ren, als indu­stri­ell Füh­ren­de, als »Schwel­len«- und »Ent­wick­lungs­län­der«. Auch wenn sie dar­um nur »unge­fähr« wis­sen soll­ten, sind Staa­ten nie­de­ren Rangs und blo­ße »Regio­nen«, bei denen es öko­no­misch (noch) nichts zu holen gibt, in den Welt­markt ein­ge­glie­dert. In ihm bean­spru­chen vita­le Ver­tei­di­gungs­in­ter­es­sen jed­we­den Stein­hau­fen (mit und ohne auf ihnen »rück­stän­dig« Sie­deln­den) als unab­ding­ba­re Ein­fluss­sphä­ren.

Es gibt Län­der mit einer Natio­nal­öko­no­mie, deren Über­schüs­se über einen Bin­nen­markt hin­aus ihnen gestat­ten, sich auf dem Welt­markt um Nach­fra­ge zu bemü­hen; mit nach Kon­kur­renz­ver­lauf der gro­ßen Wirt­schafts­mäch­te vari­ie­ren­dem Erfolg. Dazu zäh­len z. B. »Ölstaa­ten« (deren »Erpres­sungs-gewalt« ja auch schon Deutsch­land mit auto­frei­en Wochen­en­den Gren­zen gesetzt hat). Sie kön­nen sich Kapi­tal­an­la­gen (zu Deutsch »Invest­ments«) im Aus­land und Impor­te bil­li­ger Arbeits­kräf­te lei­sten; aller­dings eben auch nur so lan­ge, wie ihre Quel­len hin­rei­chend preis­wert für Nach­fra­ger spru­deln, die für sich etwas aus dem rohen Stoff machen kön­nen. Ein Anhal­ten des Booms ermög­licht es den Lie­fer­län­dern, sich zur Absi­che­rung ihrer öko­no­mi­schen Potenz best­mög­lich mit Waf­fen aus­zu­stat­ten und mit die­sen ihre not­wen­dig unbe­schei­de­nen, grenz­über­schrei­ten­den Gel­tungs­an­sprü­che, z. B. als ernst­zu­neh­men­de Regio­nal­macht, zu »plau­si­bi­li­sie­ren«. Was dar­aus wird, hängt aller­dings vom Pla­cet der Regeln- und Wer­te-Defi­nie­ren­den ab. Kurz­um: heu­te kann »man« am Welt­markt nicht nicht teil­neh­men und hat Ansprü­che an ihn so zu bemes­sen, dass sie sei­ne emp­find­li­che Balan­ce nicht gefähr­den, über die der IWF und die EZB wachen.

Die »Gründ­ler« der welt­ka­pi­ta­li­sti­schen Nah­rungs­ket­te wer­den gestellt von Staa­ten bzw. Land­stri­chen, deren Zustand sich von Kolo­ni­al­zei­ten dadurch unter­schei­det, dass sich eine orts­an­säs­si­ge ein­ge­bo­re­ne Herr­schaft koope­ra­tiv mit zah­lungs­wil­li­gen »Inve­sto­ren« um deren »berech­tig­tes Inter­es­se« am Abtrans­port von Res­sour­cen küm­mert, mit denen die auto­chtho­nen Hun­ger­lei­der ohne­hin nichts anfan­gen kön­nen. Letz­te­re sind zwar auf Geld ver­pflich­tet, kom­men aber zu kei­nem, da sie nicht ein­mal Geschäftspoten­ti­al, son­dern bloß über­zäh­lig, aus dem Weg zu räu­men und »not­falls« anders­wo, in Wüste­nei­en, Lagern oder Ruan­da, zu ent­sor­gen sind. In Demo­gra­phie ras­si­stisch Bewan­der­te ernen­nen sie zu Zün­dern einer sich als »Bevöl­ke­rungs­explo­si­on« ent­la­den­den »Zeit­bom­be«. Statt sich ver­nünf­tig zu zügeln, über­lie­ßen sich »Nicht­kau­ka­si­er« kurz­sich­tig ihrem Fort­pflan­zungs­trieb. Da die­sen ande­rer­seits z. B. noch gebrauch­te »Bio­deut­sche« unver­ant­wort­lich ver­nach­läs­sig­ten, dräue im Land der Nütz­li­chen auch noch ein aus­ge­wach­se­nes »Methu­sa­lem-Kom­plott«. Den­noch blei­ben wir welt­of­fen: Seit lan­ger Zeit lei­sten wir kari­ta­tiv-staat­lich »Hil­fe zur Selbst­hil­fe«, mit »Angeln zum sel­ber Fischen«. Aber dar­auf, dass die Angel­ru­te nicht falsch aus­schlägt – wir sind gewarnt –, müs­sen wir natür­lich schon ein Auge haben.

In allen Fäl­len der erwähn­ten Staats­sor­ten, bei bewähr­ten Han­dels- und Bünd­nis­part­nern bzw. Angel­an­lei­tun­gen geleh­rig Befol­gen­den, ist das Aus­maß ihrer Sou­ve­rä­ni­tät ein kon­zes­sio­nier­tes. Vie­les mag irrever­si­bel sein, aber die Betriebs­er­laub­nis­se, die »wir« ertei­len, sind wider­ruf­bar, »not­falls« auch per Putsch und Spren­gung. Irgend­wie beru­higt die­se Frei­heit schon – wenn auch nur uns.