Staaten beziehen sich aufeinander mit dem Erteilen und Verweigern von an Auflagen geknüpften Gestattungen, die nach je außenpolitischer Machtfülle wirken. So ist es nur den USA möglich, z. B. dem Staat Israel eine carte blanche auszustellen, die die Welt respektieren muss, oder Regime-destabilisierenden Oppositionen ein »anything goes« einzuräumen. Ebenso grundsätzlich gelten amerikanische Verbote feindlicher Vorhaben (Biden: »Don’t, don’t, don’t«). Betroffen sind z. B. Hamas, Iran, Russland, China sowie in weniger dringlichem Maß Landstriche, deren Unterlegenheit zu perpetuieren ist. Tödliche Folgen hatte bei der Zerschlagung Jugoslawiens die westliche kampfbewehrte Anerkennung von Sezessionen, und nun verleiht deren Verbot den Unterstützern Kiews im Ukrainekrieg mörderische Durchschlagskraft.
Der Suprematie von »movers and shakers« unterliegen Staaten und Regionen, die noch immer eine vom weißen Mann altruistisch zu schulternde Bürde sind. Im globalen Kastenwesen gibt es Länder und »Tigerstaaten«, die je nach Weltmarktkonjunktur zeitweilig über »Schwellen« je eigener Produktivkraft springen (könnten). Ihr Wille, am globalen Wettbewerb einträglich teilzunehmen, ist willkommen, solange er sich im Rahmen dessen bewegt, was die industriellen Drehscheiben als gedeihlich betrachten für ihren »Handel und Wandel« genannten Zugriff auf Ökonomien anderer Souveräne. Das ist die Auflage der Angebote des freien Westens; solche »Angebote« abzulehnen, ist keine – sanktionsfreie – Option.
Strafen stehen auf Bestrebungen, in die Tat umzusetzen, was China, der einzigartigen Ausnahme vom Entwicklungsgesetz der »Dritten Welt«, gelungen ist. Die Aussicht auf Profitträchtigkeit einer für ausländisches Kapital noch brachliegenden gigantischen Werkbank sowie eines enormen noch unerschlossenen Absatzmarkts zog dieses magnetisch an. So weit, so gut. Jedoch nutzte, wie sich im Nachhinein herausstellte, das chinesische Standortkommando die menschenfreundlichen Investitionen selbstsüchtig und menschenverachtend dafür, aus ihnen für sich zu viel abzuzweigen: eine nachholende Entwicklung vom Habenichts zu einer nationalökonomischen und militärischen Macht, mit der die etablierten Industrienationen nicht (mehr) nach Belieben umspringen können. So war das nicht gedacht, und deshalb nehmen westliche Klagen über Querschläger des vormaligen Pingpongpartners kein Ende. Gegen ein abermals zu monierendes »scheel Ansehen«, d. h. gegen die Verstocktheit Chinas ewig gültigen Weltnutzungsregeln gegenüber, gibt der Westen mit der Bezeichnung »systemischer Rivale« eine Kriegserklärung ab und einen Grund an. Ausgemacht ist, dass sich »die chinesische Falle« nicht wiederholen darf; im Interesse ihres Eigenwohls haben eventuell unsichere Kantonisten unbedingt den Einflüsterungen des gelben Teufels und all seinen Werken zu widerstehen – regelbasiert, also gefälligst gehorsam.
Für sich selbst und den »Rest« schafft die kapitalistische Prospektierung des Erdballs durch die ökonomisch-militärisch Fortschrittlichsten verbindliche Perspektiven. Deren Machart gilt für alle, gleich in welcher »Gewichtsklasse«, d. h. mit welchen Erfolgschancen die einzelnen antreten; Teilnehmer am Weltmarkt müssen sich in ihm bewähren, als industriell Führende, als »Schwellen«- und »Entwicklungsländer«. Auch wenn sie darum nur »ungefähr« wissen sollten, sind Staaten niederen Rangs und bloße »Regionen«, bei denen es ökonomisch (noch) nichts zu holen gibt, in den Weltmarkt eingegliedert. In ihm beanspruchen vitale Verteidigungsinteressen jedweden Steinhaufen (mit und ohne auf ihnen »rückständig« Siedelnden) als unabdingbare Einflusssphären.
Es gibt Länder mit einer Nationalökonomie, deren Überschüsse über einen Binnenmarkt hinaus ihnen gestatten, sich auf dem Weltmarkt um Nachfrage zu bemühen; mit nach Konkurrenzverlauf der großen Wirtschaftsmächte variierendem Erfolg. Dazu zählen z. B. »Ölstaaten« (deren »Erpressungs-gewalt« ja auch schon Deutschland mit autofreien Wochenenden Grenzen gesetzt hat). Sie können sich Kapitalanlagen (zu Deutsch »Investments«) im Ausland und Importe billiger Arbeitskräfte leisten; allerdings eben auch nur so lange, wie ihre Quellen hinreichend preiswert für Nachfrager sprudeln, die für sich etwas aus dem rohen Stoff machen können. Ein Anhalten des Booms ermöglicht es den Lieferländern, sich zur Absicherung ihrer ökonomischen Potenz bestmöglich mit Waffen auszustatten und mit diesen ihre notwendig unbescheidenen, grenzüberschreitenden Geltungsansprüche, z. B. als ernstzunehmende Regionalmacht, zu »plausibilisieren«. Was daraus wird, hängt allerdings vom Placet der Regeln- und Werte-Definierenden ab. Kurzum: heute kann »man« am Weltmarkt nicht nicht teilnehmen und hat Ansprüche an ihn so zu bemessen, dass sie seine empfindliche Balance nicht gefährden, über die der IWF und die EZB wachen.
Die »Gründler« der weltkapitalistischen Nahrungskette werden gestellt von Staaten bzw. Landstrichen, deren Zustand sich von Kolonialzeiten dadurch unterscheidet, dass sich eine ortsansässige eingeborene Herrschaft kooperativ mit zahlungswilligen »Investoren« um deren »berechtigtes Interesse« am Abtransport von Ressourcen kümmert, mit denen die autochthonen Hungerleider ohnehin nichts anfangen können. Letztere sind zwar auf Geld verpflichtet, kommen aber zu keinem, da sie nicht einmal Geschäftspotential, sondern bloß überzählig, aus dem Weg zu räumen und »notfalls« anderswo, in Wüsteneien, Lagern oder Ruanda, zu entsorgen sind. In Demographie rassistisch Bewanderte ernennen sie zu Zündern einer sich als »Bevölkerungsexplosion« entladenden »Zeitbombe«. Statt sich vernünftig zu zügeln, überließen sich »Nichtkaukasier« kurzsichtig ihrem Fortpflanzungstrieb. Da diesen andererseits z. B. noch gebrauchte »Biodeutsche« unverantwortlich vernachlässigten, dräue im Land der Nützlichen auch noch ein ausgewachsenes »Methusalem-Komplott«. Dennoch bleiben wir weltoffen: Seit langer Zeit leisten wir karitativ-staatlich »Hilfe zur Selbsthilfe«, mit »Angeln zum selber Fischen«. Aber darauf, dass die Angelrute nicht falsch ausschlägt – wir sind gewarnt –, müssen wir natürlich schon ein Auge haben.
In allen Fällen der erwähnten Staatssorten, bei bewährten Handels- und Bündnispartnern bzw. Angelanleitungen gelehrig Befolgenden, ist das Ausmaß ihrer Souveränität ein konzessioniertes. Vieles mag irreversibel sein, aber die Betriebserlaubnisse, die »wir« erteilen, sind widerrufbar, »notfalls« auch per Putsch und Sprengung. Irgendwie beruhigt diese Freiheit schon – wenn auch nur uns.