Es gibt Neues von der Esther Bejarano-Schule Hamburg zu berichten: Im Heft 23/2023 hatte ich einen Artikel über die Feier zur Umbenennung der Stadtteilschule Hamburg-Bahrenfeld in Esther Bejarano-Schule veröffentlicht, auf der u. a. Rolf Becker und Karl-Heinz Dellwo Reden hielten.
Monate später nun erfuhr Mitte März die Hamburger Öffentlichkeit durch das Hamburger Abendblatt von diesen Auftritten. Um Rolf Becker ging es nicht. Im Mittelpunkt stand das ehemalige RAF-Mitglied Karl-Heinz Dellwo. Das Abendblatt erklärte die späte Thematisierung von Dellwos Ansprache mit einem allgemeinen und einem spezifischen Grund: Der allgemeine sei, dass mit der Verhaftung des RAF-Mitglieds Daniela Klette bei einigen Eltern im Nachhinein eine stärkere Sensibilisierung stattgefunden habe. Spezifisch wurde das gut einminütige YouTube-Video von der Einweihungsfeier genannt; dort seien u.a. sowohl ein Schulaufsichtsbeamter, der ebenfalls eine Rede hielt, als auch Dellwo zu sehen gewesen. Nun hätten sich »besorgte Eltern« zu Wort gemeldet. Besonders wird eine Mutter erwähnt, »die anonym bleiben möchte«.
Den Abendblatt-Artikel nahm die AfD-Fraktion am 9.4. zum Anlass einer »schriftlichen kleinen Anfrage« an den Hamburger Senat (»Ehemaliger RAF-Terrorist hält Laudatio an Hamburger Stadtteilschule«). Sie bestand aus 17 Einzelfragen, zu denen der Senat schon in der Einleitung seiner Antwort eindeutig Stellung nahm. Darin spielte eine wichtige Rolle die Tatsache, dass die Einladung Dellwos auf Wunsch der Familie Bejarano erfolgt war, die darum gebeten hatte, ihn »als sehr guten Freund von Esther Bejarano […] sprechen zu lassen.«
Ob der Schulleitung »der terroristische und kriminelle Hintergrund« Dellwos bekannt gewesen sei, ob es eine mögliche Indoktrination im Sinne »kommunistische® und linke® Gemeinsamkeiten« gab, ob man Dellwo vorher oder nach seinem Auftritt im Unterricht politisch eingeordnet habe oder jedenfalls die »verfassungsfeindlichen Ideologie des Kommunismus« behandelt habe, wollte die AfD wissen, offenbar in tiefer Sorge um den inneren Zustand der Jugend und die Gestaltung des Unterrichts. Der Senat antwortete mit einem Auszug den Lehrplänen für die Klassen 5 bis 13 und stellte im Übrigen fest: »In seiner Laudatio hat Herr Dellwo ausschließlich über sein Verhältnis zu Esther Bejarano gesprochen und ihren Einsatz für Demokratie und Verständigung.«
Viel Lärm um Nichts, weil »besorgte Eltern« zur Zeitung gehen.
Auf der Veranstaltung zur Namensgebung der Esther Bejarano Schule war übrigens auch Werner Stolpe, der die Schule 27 Jahre lang geleitet hatte. Er schrieb dem Abendblatt einen Leserbrief, in dem es heißt: »Die gegenwärtige Zeit ist gekennzeichnet von Unzufriedenheit und Besserwisserei. Was veranlasst einige Eltern zu den Vorwürfen? Eine Schule funktioniert nur, wenn Eltern und Schule zusammenarbeiten. Hier hätten Eltern den Weg zur Schule (Schulleitung, Elternrat und Schulaufsicht) statt zur Presse suchen sollen, und dann auch noch anonym. Anzumerken ist noch: Einem Straftäter, der 20 Jahre Haft verbüßt und der RAF abgeschworen hat, sollte ein Weg zurück in die Gesellschaft gegeben werden.«