Das Immobilienimperium von René Benko steckt, seitdem die Zinsen steigen, in immensen Schwierigkeiten. Allein in Hamburg stehen mehrere Baustellen, darunter der Prestigebau, der 200 Meter hohe Elbtower, sowie eine Einkaufspassage am Gänsemarkt, still. Aus dem Nichts hatte der Österreicher René Benko ein Großkonzern aufgebaut und sich mit dem Kauf von Karstadt und dem Zusammenschluss mit Galeria Kaufhof auch noch zum Herrn der Kaufhäuser im Land gemacht.
René Benko ist Österreicher und wurde als Sohn eines Gemeindebediensteten und einer Erzieherin am 20. Mai 1977 in Innsbruck geboren. Im Alter von 17 Jahren lernte er in einem Unternehmen eines mit ihm befreundeten Baumeisters die Immobilienbranche kennen. Er verließ die Schule, da er wegen zu vieler Fehlzeiten keine Chance hatte, zum Abitur zugelassen zu werden. Recherchen zufolge durchlief Benko daraufhin die Schulungen des Finanzdienstleisters AWD – heute Swiss Life Select Deutschland – mit Firmensitz in Hannover. Das ist ein »Finanzberater«, der – gegen Provision, versteht sich – Versicherungen, Kapitalanlagen und Immobilen-Finanzierungen vermittelt.
Die Finanzzeitschrift Forbes, mit Sitz in Jersey City, US-Bundesstaat New Jersey, schätzte 2021 Benkos Vermögen auf 5,6 Milliarden Dollar; das machte ihn zum drittreichsten Österreicher. Dabei war sein Vermögen bei der Übernahme von Karstadt 2014 vom österreichischen Wirtschaftsmagazin Trend erst mit 850 Millionen Euro beziffert worden.
Nach seinem Aufstieg vom Schulabbrecher zum Milliardär mit immer mehr Großbaustellen in Europa droht jetzt der große Fall. Zahlreiche prominente Investoren haben sich an Benkos Unternehmensgruppe »Signa« beteiligt, und die üben jetzt Druck auf ihn aus. So wurde der 3. November 2023 für Benko zum Schwarzen Freitag, weil er sich aus seinem eigenen Konzern zurückziehen musste. Der Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hat als Berater die Unternehmensgruppe Signa durchleuchtet. Nach dem Willen der Geldgeber soll Gleiwitz die Stimmrechte Benkos übernehmen und das gesamte Unternehmen neu ordnen und aufstellen. Den Investoren ist bekannt, dass eine Sanierung außerhalb einer Insolvenz in Eigenregie sehr schwierig ist.
Die Signa-Gruppe hat ihren Sitz in Innsbruck und ist nur schwer zu durchschauen. Zum Unternehmen zählen nicht nur Immobilien, sondern auch Handelsunternehmen und Medien. So ist der Konzern auch an der österreichischen Tageszeitung Kurier mit 24,22 Prozent beteiligt und hält an der österreichischen Bildzeitung mit Namen Krone 24,5 Prozent.
Mit seiner sozialen Intelligenz konnte der Tiroler Benko Finanziers an sich binden. Den Rest taten die Schlüssel seines Ferraris, die er bei Besprechungen gekonnt auf dem Tisch drapierte. Er hat auch die Fähigkeit, komplexe Sachverhalte in einfacher Sprache zu vermitteln. Seine Einladungen zum Törggelen – ein Südtiroler Mittagsessen – waren häufig eine Zusammenkunft der Wiener Gesellschaft. Auch zur Politik knüpfte er zahlreiche Fäden.
Der sonst so öffentlichkeitsscheue Benko hielt selbst zum ehemaligen SPÖ-Kanzler Alfred Gusenbauer sowie zum jüngsten Bundeskanzler der Österreichischen Volkspartei, Sebastian Kurz, Kontakt. Keine Berührungsängste gab es zu Heinz-Christian Strache von der braungefärbten Freiheitlichen Partei Österreich, die einmal vom Kärtner Landeshauptmann Jörg Haider zur Blüte geführt wurde, bevor der in seinem PKW, stark alkoholisiert, bei einem Verkehrsunfall ums Leben kam. So waren auch Politiker der drei österreichischen Parteien hilfreich bei Benkos Aufstieg zum Macher in der Immobilienbranche.
Heute sind die Banken und Investoren aufgrund der intransparenten Struktur von Signa offenbar nicht mehr bereit, neue Mittel einzuschießen. Die Mitinvestoren haben jüngst das Vertrauen in Benko verloren, da sich die Krise im Signa-Imperium zugespitzt hatte. Schwierig wurde die Lage auch dadurch, weil die Europäische Zentralbank Signa ins Visier genommen hatte und Banken zu mehr Vorsicht anmahnte.
Die Signa-Probleme wurden in den letzten Wochen unübersehbar. Wegen nicht bezahlter Rechnungen sind die Arbeiten an verschiedenen Projekten inzwischen zum Stillstand gekommen: Die Arbeiten am Hamburger Elbtower ruhen, in Düsseldorf sind am Carsch-Haus, ein Standtort des KaDeWe-Imperiums, und in Stuttgart an der Königstraße die Arbeiten eingestellt; in Hamburg erfolgte eine Unterbrechung der Arbeit an der Gänsemarkt-Passage, ehemals Axel-Cäsar-Springer-Passage.
Bereits im März dieses Jahres hatte Signa die Hälfte der Berliner KaDeWe-Immobilie an den thailändischen Geschäftspartner der Central Group verkauft, die die Warenhäuser betreibt. Der Hamburger Milliardär Klaus-Michael Kühne, der seinen Wohnsitz in der Schweiz hat, investierte bei der Immobilienfirma Signa Prime und hatte einen Bürokomplex mit dem Namen »Beam« übernommen, kurz darauf aber verkündet, dass er sich nicht an dem Hamburger Prestigeobjekt Elbtower beteiligen wolle. Dabei hatte für das »Hohe-Haus-Projekt«, als Abschluss der neuen Hafencity, Olaf Scholz (SPD) den umtriebigen Renè Benko in seinen letzten Amtsgeschäften als I. Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg selbst ausgewählt. Es hat den Anschein, dass es nach den Cum-Ex-Geschäften der Warburg-Bank unter seinem Inhaber Christian Olearius einen zweiten Fall Scholz geben wird.
Zu Beginn der 45. Woche wurde bekannt, dass die Signa-Gruppe des Tiroler Immobilien-Tycoons einen weiteren Einschlag hinnehmen muss. Kurz vor Beginn der Hochbauarbeiten am Berliner Immobilienprojekt Mynd/Alex hat die Fondgesellschaft Commerz Real dem Projektentwickler Signa Real Estate die Kündigung geschickt. Signa verliert damit einen wichtigen Auftrag. Die Commerz Real ist über den offenen Immobilienfond Hausinvest auch Mitgesellschafter beim Elbtower; und mit jedem Tag ohne Baufortschritt erhöhen sich dort die Finanzierungsschwierigkeiten, sagen Insider der Immobilienbranche.
In der Niedrigzinsphase hatte Benko zahlreiche Privatinvestoren gewonnen und immer mehr Gebäude gebaut oder erworben. Heute machen der Signa-Gruppe die gestiegenen Zinsen zu schaffen, und da sind auch noch die ungelösten Probleme der Kaufhauskette Karstadt, Galeria Kaufhof: 750 Millionen Euro, von der Bundesregierung als erste Hilfe während der Pandemie zur Abwehr der Insolvenz gewährt, müssen noch zurückgezahlt werden. Nur, woher soll Benko das Geld in dieser Lage nehmen? Es wundert nicht, dass die Investoren Benko bereits drängen, sein Immobilienreich sanieren zu lassen. Diese wie jede andere Lösung kostet Arbeitsplätze.
Inzwischen hat der Gründer der Immobilienfirma Signa, René Benko, nach Tagen der Ungewissheit, den Vorsitz des Beirats an den Sanierungsexperten Arndt Geiwitz abgetreten. In den Medien vom Rundfunk, dem Standard aus Österreich, der NZZ aus der Schweiz, der FAZ und der Süddeutschen Zeitung wird Benko mit den Worten zitiert: »Dies ist in der derzeitigen Situation die beste Lösung für das Unternehmen, seine Partner, Investoren sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.« So soll das Vertrauen wiederhergestellt werden. Ob das gelingt, ist fraglich. Noch ist nicht bekannt, wie viele Arbeitsplätze der Schlussstrich in der finanziellen Affäre bei der Benko-Gruppe kosten wird. Gerettet sind zunächst einmal die Partner und Inverstoren, wie immer. Völlig unklar ist noch, was René Benko dieser Schlussstrich kostet und ob überhaupt weitergebaut werden kann.