Durch medial verbreitete Feindbilder werden Stigmatisierung, Ausgrenzung, Sanktionen, Schikanen, Gewalt und Willkür gefördert – nach innen wie nach außen. Die Rolle, die die ARD-Tagesschau dabei spielt, spießt mit Ironie und Sarkasmus das Autorenkollektiv Maren Müller, Friedhelm Klinkhammer und Volker Bräutigam in seinem Buch »Zwischen Feindbild und Wetterbericht« auf – auch welche Methoden und Mechanismen der kritisierten Nachrichtensendung dabei eine Rolle spielen.
Wissen muss man, das heute ein wesentlicher Teil der modernen Kriegsführung auf die menschliche Psyche abzielt, primär Einstellungen verändert, nicht nur in Bezug auf geplante Interventionen gegen andere Völker, sondern auch, um neue Feindbilder zu generieren, die dem herrschenden System von Nutzen sind. Die Massenpropaganda arbeitet dabei mit simplen, aber kategorisch vorgetragenen Behauptungen. Durch penetrante Wiederholung der Inhalte und unter Zuhilfenahme passender Schlüsselwörter wie Diktator, Schlächter, Machthaber, Irrer, Regime und so weiter bilden sich eine entsprechende Stimmung und ein Effekt der psychologischen Ansteckung. Verstärkt wird der Prozess durch das Bestreben vieler Menschen, sich der Masse anzuschließen – ein Mitläufereffekt.
Es ist das alte Herrschaftsinstrument Presse, das aus der Nähe zu elitären und parteipolitischen Interessen Profit schlägt oder gar Teil davon ist. Medien bereiten Mächten den Boden, die zum Beispiel darauf angewiesen sind, die öffentliche Meinung auf die »Notwendigkeit« von Sanktionen bis hin zu Kriegseinsätzen einzuschwören.
Eine gezielte Propaganda mittels handfester Lügen war immer die Grundlage völkerrechtswidriger Kriege: gegen Vietnam, Jugoslawien, den Irak, Libyen oder Syrien. Zu jedem einzelnen Fall gibt es eine Legende, die von Spin-Doktoren oder Politikern erdacht und von Massenmedien eilfertig verbreitet wurde. Einige längst widerlegte Kriegslügen haben sich bis heute »dank« serviler Medien im kollektiven Gedächtnis eingebrannt, andere, zu offensichtliche, haben die Glaubwürdigkeit von Politik und Medien weiter beschädigt.
Unvergessen ist der »Tonkin-Zwischenfall«, der den Vorwand für die Ausweitung des Vietnamkriegs sowie die Luftangriffe und Flächenbombardements der USA gegen die Demokratische Republik Vietnam lieferte. Das gedemütigte US-Militär und die Eliten des Finanzkapitals kamen nach dem verlorenen Krieg zu dem Schluss, dass er vor allem durch die Berichterstattung in den Medien verloren wurde. Seitdem wird jeder Krieg von einer ausgeklügelten Medienstrategie begleitet.
Erinnern wir uns an den Einmarsch der Iraker in Kuwait und die sogenannten Brutkastenlüge. Erdacht von einer PR-Agentur und tränenreich vorgespielt von einer Jugendlichen, die vor dem informellen Menschenrechtskomitee des US-Kongresses behauptete, irakische Soldaten hätten bei der Invasion Kuwaits im August 1990 Frühgeborene getötet, indem sie diese aus ihren Brutkästen gerissen hätten. Nach dem Ende des Krieges wurde bekannt, dass besagte Jugendliche die 15-jährige Tochter des kuwaitischen Botschafters in den USA war. Die PR-Agentur Hill & Knowlton hatte sich den Vorfall ausgedacht, um die US-amerikanische Öffentlichkeit von der Notwendigkeit eines Krieges gegen den Irak zu überzeugen. Die Brutkastenlüge wurde seinerzeit von den meisten Massenmedien weiterverbreitet, leider auch von Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International. So wurde die öffentliche Meinung in den USA zugunsten des ersten US-Krieges gegen den Irak gedreht.
Ein anderes Beispiel für Manipulation waren die angeblichen Belege über irakische Massenvernichtungswaffen, die US-Außenminister Colin Powell 2003 dem UN-Sicherheitsrat mittels eines in die Höhe gehaltenen kleinen Reagenzglases verkaufte. Jahre später, aber zu spät für zigtausende getötete Iraker wurde die Powell-Lüge als »Schandfleck« in seiner Karriere bezeichnet.
Ein lesenswerter Band, in dem die Autoren im Dschungel der Manipulationen aufräumen, die auch täglich um acht gesendet werden.
Maren Müller/Volker Bräutigam/Friedhelm Klinkhammer: »Zwischen Feindbild und Wetterbericht – Tagesschau & Co. – Auftrag und Realität«, PapyRossa, 253 Seiten, 19,80 €