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Herausgegeben von Rainer Butenschön, Daniela Dahn, Rolf Gössner,
Ulla Jelpke und Otto Köhler

Begründet 1997 von Eckart Spoo

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Rei­ner Becker, Lei­ter des Demo­kra­tie­zen­trums an der Uni­ver­si­tät Mar­burg und Exper­te für Rechts­ter­ro­ris­mus. – »Wir haben es mit einer ganz neu­en Dimen­si­on der Ent­hem­mung zu tun«, haben Sie mit Blick auf die Ermor­dung des Kas­se­ler Regie­rungs­prä­si­den­ten Wal­ter Lübcke und die jüng­sten Mord­dro­hun­gen gegen etli­che wei­te­re Kom­mu­nal­po­li­ti­ker, dar­un­ter die Köl­ner Ober­bür­ger­mei­ste­rin Hen­ri­et­te Reker, dia­gno­sti­ziert. Selbst­ver­ständ­lich gibt es allen Grund, über die­se Ent­wick­lung alar­miert zu sein. Aber war­um herrscht ein so dröh­nen­des Schwei­gen, wenn weni­ger pro­mi­nen­te Mit­men­schen bedroht wer­den – bei­spiels­wei­se die Bewoh­ner der Köl­ner Keup­stra­ße? Zwei Tage vor den Gedenk­fei­er­lich­kei­ten zum 15. Jah­res­tag des NSU-Nagel­bom­ben­an­schlags auf ihre Stra­ße erhiel­ten Anwoh­ner mit Haken­kreu­zen gar­nier­te Droh­brie­fe von einer »Atom­waf­fen­di­vi­si­on Deutsch­land«. Dar­in hieß es: »Mos­lems in Deutsch­land! […] Ihr seid das will­fäh­ri­ge Werk­zeug der Juden, um Deutsch­land und Euro­pa zu zer­stö­ren. Des­halb ist jeder ein­zel­ne von Euch ein legi­ti­mes Ziel.« Kei­ne neue Dimen­si­on? Kein The­ma für die Abend­nach­rich­ten? Für Exper­ten schon Alltag?

Joa­chim Gauck, Tole­ranz­er­wei­te­rer. – Sie for­dern »erwei­ter­te Tole­ranz in Rich­tung rechts« und von der CDU, für einen »bestimm­ten Typus des Kon­ser­va­ti­ven« – »Men­schen, für die Sicher­heit und gesell­schaft­li­che Kon­for­mi­tät wich­ti­ger sind als Frei­heit, Offen­heit und Plu­ra­li­tät« – wie­der zu einer Hei­mat zu wer­den wie zu Zei­ten von Franz Josef Strauß und Alfred Dreg­ger. Schau an! Dass Sie sich ein­mal für Lieb­ha­ber gesell­schaft­li­cher Kon­for­mi­tät ein­set­zen wür­den, war vor drei­ßig Jah­ren nicht abzu­se­hen. Auf die Rich­tung kommt es eben an.

Lean­der Sukov, Vize­prä­si­dent des deut­schen PEN-Zen­trums. – Nach der Behaup­tung der US-Regie­rung, Iran habe zwei Öltan­ker im Golf von Oman ange­grif­fen, stell­ten Sie fest: »Ton­kin liegt jetzt im Mitt­le­ren Osten.« Sie erin­ner­ten damit an den soge­nann­ten Ton­kin-Zwi­schen­fall: Anfang August 1964 behaup­te­te die US-Regie­rung wider bes­se­res Wis­sen, nord­viet­na­me­si­sche Schnell­boo­te hät­ten ohne Anlass zwei ame­ri­ka­ni­sche Kriegs­schif­fe im Golf von Ton­kin mit Tor­pe­dos beschos­sen. Die­se Lüge – der angeb­li­che Beschuss war von den USA selbst insze­niert wor­den – dien­te als Vor­wand für das Ein­grei­fen der US Army in den Kolo­ni­al­krieg Frank­reichs gegen die Völ­ker Indo­chi­nas, ins­be­son­de­re gegen Viet­nam, und als Recht­fer­ti­gung aller Kriegs­hand­lun­gen, mit denen in den dar­auf fol­gen­den Jah­ren ver­sucht wur­de, Viet­nam »in die Stein­zeit zurück­zu­bom­ben« (so der US-Luft­waf­fen­ge­ne­ral Cur­tis LeMay). Es ist nur eine von zahl­rei­chen Lügen am Tor zum Krieg. Es ist gut, dar­an zu erin­nern. Donald Trump soll­te auch nicht ver­ges­sen, dass die US-Trup­pen 1975 mit Schimpf und Schan­de aus Viet­nam ver­jagt wurden.

Gün­ter Amendt (1939 – 2011), füh­ren­der 68er und Autor von »Sex­front« und »Das Sex-Buch«. – Sie beka­men viel Ärger mit Ihren Schrif­ten; sie wur­den wegen Por­no­gra­phie vor­über­ge­hend beschlag­nahmt. Nun hat der Evan­ge­li­sche Kir­chen­tag in Dort­mund Ihre teil­wei­se Reha­bi­li­tie­rung gebracht. Es stand im offi­zi­el­len Pro­gramm das Ange­bot »Vul­ven malen«. Rund 30 Frau­en mach­ten mit. Män­ner twit­ter­ten: Und wann fin­det der Work­shop im Phal­lus­ma­len statt? Amendt hat­te zu einem Bild von einem Mäd­chen und einem Jun­gen deren Dia­log zitiert: »Mach kein Getö­se, zeig dei­ne Möse.« Und »Mach kei­nen Tanz, zeig dei­nen Schwanz.« Letz­te­res wird dann wohl auf dem näch­sten Kir­chen­tag statt­fin­den. Ganz öku­me­nisch mit Bischö­fen aus bei­den Kir­chen als Modelle?