Rudolf Augstein – Spiegel-Gründer. An Sie fühlen wir uns derzeit erinnert. Während es im Grundgesetz heißt: »Der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf« (GG Artikel 87a), korrigierten Sie diesen Satz: »Die neue deutsche Armee wurde nicht gegründet, um den Bonner Staat zu schützen, sondern der neue Staat wurde gegründet, um eine Armee gegen die Sowjets ins Feld zu stellen.« (Augstein in »Bilanz der Bundesrepublik«, Köln 1961) Im Gegensatz zum Grundgesetz wird die Bundeswehr seit Jahren zum Angriff eingesetzt. Im Gegensatz zum Grundgesetz deutet die neue Verteidigungsministerin die Verfassung so um, als hieße es à la Augstein: Die Bundeswehr unterhält zu ihrer Verteidigung einen Staat. Die Bundeswehr als Selbstzweck. Militaristisches Preußentum kehrt zurück. Da will die Ministerin die Soldaten »behüten«, wo diese doch angeblich das Land behüten sollen. Geredet wird von einer »Fürsorgepflicht für unsere Soldaten« und nicht von der Fürsorge des Staates für die Bevölkerung. Die Bundeswehr habe »höchste Priorität«. Dass höchste Priorität der Frieden haben muss, davon hören wir nichts. Statt Abrüstung spricht man und handelt man nur noch für Aufrüstung.
Volker Herres, diensteifrig. – Als Programmdirektor der ARD waren Sie verantwortlich für die Programmänderung des Ersten Deutschen Fernsehens am 15. August: Statt des Politmagazins »Kontraste« wurde als Sondersendung in ganzer Länge der Große Zapfenstreich für die Ex-Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen live übertragen – mit allen Peinlichkeiten, die das militaristische Ritual (»aus der Zeit der Landsknechte«, wie ein gewisser Oberstleutnant Homann erläuterte) zu bieten hat. Zusammen mit Gratis-Bahnfahrten für Soldaten in Uniform und öffentlichen Gelöbnissen am 12. November (»Geburtstag der Bundeswehr«) in allen Bundesländern sowie vor dem Reichstag in Berlin gehören öffentliche Zapfenstreiche zu dem Programm, mit dem die CDU-Vorsitzende und neue Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer »die Sichtbarkeit der Bundeswehr in unserem Land, in unserer Gesellschaft erhöhen« möchte. So hat sie es in ihrer Regierungserklärung nach ihrer Vereidigung am 24. Juli verkündet. Wir machen uns Sorgen: Neben Fußballübertragungen bleibt im Programm der ARD eh schon kaum Platz für genießbares Anderes – wie soll das erst werden, wenn Sie den AKK-Sichtbarkeitserhöhungsfestspielen auch künftig prominente Sendeplätze freiräumen?
Deutsche Welle, ausnahmsweise regierungskritisch. – Dass sich Premier Boris Johnson nun lieber an einer militärischen »Mission« seines Bruders im Geistlosen, US-Präsident Donald Trump, im Persischen Golf beteiligt, als das Zustandekommen eines von London selbst vorgeschlagenen europäischen Unternehmens abzuwarten, sei auch der zögerlichen Haltung Berlins zuzuschreiben, behaupten Sie. Das wiederum stehe im Widerspruch zu der Erklärung, Deutschland wolle in der Geopolitik »mehr Verantwortung« übernehmen. Endlich zeigen Sie mal auf, dass Sie unter »mehr Verantwortung« lediglich »mehr Kriegswilligkeit« verstehen, also den Gipfel amoralischer Verantwortungslosigkeit. Dass viele Medien wesentlich dazu beitragen, dass Krieg ermöglicht wird, mussten Sie allerdings nicht mehr nachweisen, es ist längst bekannt.
Johannes Beermann, Bundesbank-Vorstand. – In Deutschland ist wieder mehr Falschgeld im Umlauf: Im ersten Halbjahr 2019 seien 27.679 falsche Euro-Banknoten im Nennwert von 1,6 Millionen Euro aus dem Verkehr gezogen worden, teilten Sie in Frankfurt mit. Bei Fälschern am beliebtesten sei mit großem Abstand der 50-Euro-Schein. Nun denn: Der falsche Fuffziger ist dafür bei der Kundschaft am unbeliebtesten. In Reichstagsgebäude sind überdurchschnittlich viele in Umlauf. Sie lassen sich allerdings nicht so leicht aus dem Verkehr ziehen.